Die Staatsanwältin - Thriller
könnte.«
Masterson runzelte die Augenbrauen. Noch mehr Cracker, diesmal gefolgt von einem Schluck Red Bull. »Und Sie könnten besser damit leben, keine Beweise für eine Anklage gegen Caleb Tate zu haben?«
Ich zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht.«
Masterson rieb sich das Gesicht und kratzte sich am Hinterkopf. Er war solche Entscheidungen gewöhnt, aber das machte sie nicht leichter.
»Glauben Sie, Sie bekommen Rivera dazu, zwei Jahre ins Gefängnis zu gehen und trotzdem auszusagen?«
»Das bezweifle ich. Er glaubt, er hat uns in der Hand. Dafür wird er Straffreiheit wollen.«
»Es wäre schon nett, Tate festzunageln, oder?«
»Der Gedanke ist mir auch schon durch den Kopf gegangen.«
»Wollen Sie ein paar Cracker?«
»Nein danke. Nicht im Moment.«
Masterson stand auf, um sich zu strecken, und hielt sich fest, während das Wohnmobil die Straße entlangraste. Dann setzte er sich wieder. »Genau deshalb zahlt man mir die große Kohle.«
Er zog ein Diktiergerät heraus und diktierte ein Memo an seine Assistentin, während ich zuhörte. Das Memo übertrug den Fall Rafael Rivera von mir an ihn. Eine Kopie ging an Regina Granger, die die Verteilung der Fallakten beaufsichtigte. Er senkte sein Diktiergerät.
»Sie arbeiten sowieso zu hart. Ich habe beschlossen, Sie haben vielleicht einen Fall zu viel.«
Ich wusste nicht recht, wo das hinführen sollte, also wusste ich nicht,ob ich ihm danken oder protestieren sollte. Aber ich konnte an seinem Gesicht ablesen, dass er seine Entscheidung getroffen hatte. Das hatte ich an meinem Chef immer bewundert. Ich grübelte endlos über Dinge, analysierte erst eine Seite, dann die andere. Masterson dagegen hörte sich zwei, drei Minuten einer Erklärung an, kam zum Punkt und traf eine Entscheidung.
»Nur damit Sie es wissen: Ich werde einen Deal mit Rivera machen. Sie besorgen mir seine Aussage auf Video und prüfen nochmals, ob es auch sicher kein Leck gab, was das Morphin angeht. Die nächste Grand Jury tritt am Montag zusammen. Ich habe einen Wahlkampf zu führen und eine Behörde im kontrollierten Chaos. Meinen Sie, Sie kriegen die Jury dazu, die Anklage gegen Tate zuzulassen?«
Ich richtete mich auf. Wir wussten beide, dass man in Milton County die Grand Jury sogar dazu bekam, den Weihnachtsmann wegen Hausfriedensbruch anzuklagen. Die Verteidigung durfte den Raum der Jury nicht einmal betreten. Eigentlich hätten wir Tate auch ohne Riveras Aussage anklagen können. Aber man tritt nicht vor die Grand Jury, wenn man nicht vollkommen sicher ist.
Trotz meiner Freude über die bevorstehende Anklage gegen Tate wollte eine leise Stimme in mir protestieren. Wenn ich genug Theater machte, würde Masterson es sich vielleicht noch einmal anders überlegen und keinen Deal mit Rivera machen. Was, wenn Rivera jemanden umbrachte, während er eigentlich hinter Gittern sein sollte?
Aber ich hielt den Mund. Ich wollte Caleb Tate so dringend festnageln, dass ich den Triumph deutlich vor mir sah. Und ich sagte mir, dass ich ja nicht diejenige war, die den Deal mit Rivera machen würde. Mein Vorgesetzter hatte mir die Entscheidung aus den Händen genommen.
»Ich dachte schon, Sie fragen nie«, sagte ich.
»Gut. Wir halten eine Pressekonferenz ab, sobald wir die Anklage haben. Sagen Sie Ihrem Freund L. A., er soll die Verhaftung für die Presse inszenieren. Sorgen Sie dafür, dass jeder Sender in Atlanta sie überträgt.«
Es war eindeutig – Masterson machte das Spaß. Er würde einen guten Generalstaatsanwalt abgeben. Er mochte nichts lieber als einen großen Kampf mit jemandem, den er für wirklich böse hielt.
»Ich wünschte, Ihr Vater könnte das sehen«, sagte er.
Er musste meine Gedanken gelesen haben. Und das war das andere, das ich an Masterson schätzte: Er wirkte groß und schroff und gleichgültig. Aber Bemerkungen wie diese zeigten seine wahre Natur. Und was das anging, erinnerte er mich an meinen Dad.
»Ich auch«, erwiderte ich.
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30
Ich hatte fünf Tage Zeit, um mich auf den Auftritt vor der Grand Jury vorzubereiten. Ich musste die Trauer über den Tod meines Vaters beiseiteschieben und mich auf den Fall Tate stürzen. Tagsüber arbeitete ich mit meinen Zeugen. Die Abende verbrachte ich in meiner Kommandozentrale zu Hause, wo sich die Dokumente und Beweisstücke stapelten und irgendwann in die Küche und schließlich auch ins Wohnzimmer überquollen. Justice bettelte mich an, mit ihm Frisbee spielen zu gehen, aber ich ließ
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