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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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froh stimmt, liegt doch wohl auf der Hand.“

42
    Der Flurfunk in der Staatskanzlei funktionierte tadellos. Mit ihrem Status änderte sich der Umgang gegenüber Britta König schlagartig. Sie war jetzt wer, entschied über Beförderungen und attraktive Auslandsreisen. Man lästerte nicht mehr über sie, man buhlte um ihre Gunst. Jahrelang war sie von ihrem Vorgesetzten schikaniert und von den Kollegen ignoriert worden. Jetzt ignorierte sie niemand mehr und es lag in ihrer Hand, andere zu schikanieren. Der Mord hatte sich für sie ausgezahlt. Völlig neue Perspektiven taten sich auf. Das Gefühl von Macht war fast so gut wie Sex. Nein, korrigierte sie sich in Gedanken, es war besser. Sie verdrängte die Erinnerung an die letzte Nacht. Die Affäre mit Gregor musste so schnell wie möglich ein Ende finden.
    In ihre Gedanken hinein klopfte es. Ehe sie reagieren konnte, wurde die Tür weit aufgerissen. Das strahlende Lächeln, das Siegbert Meyer üblicherweise zur Schau trug, wirkte heute verkrampft. Sie nahm seine Glückwünsche zur Beförderung und die Schachtel Pralinen entgegen. Dickfellig wie immer, nahm er unaufgefordert ihr gegenüber am Schreibtisch Platz. Während er sie mit den neusten Gerüchten zu den Mordfällen beglückte, beäugte er die Pralinenschachtel.
    Britta König öffnete sie und schob sie in seine Richtung. Er machte sich über die Pralinen her. Genüsslich kauend redete er auf sie ein. Die Theorie vom Beamtenkiller sei beängstigend. In Wagners Haut möchte er nicht stecken. Neben dem seit Wochen erkrankten Leiter der Abteilung für Internationales sei er der einzige verbliebene Abteilungsleiter. „Wer weiß, ob er der Nächste ist?“ Eine Antwort erwartete er nicht, sondern fügte höhnisch grinsend hinzu: „Ach, ich vergaß. Morgen ernennt das Kabinett Sie ja ebenfalls zur Abteilungsleiterin. Dann sind Sie ja auch gefährdet. Dabei, werte Frau Kollegin, ganz unter uns, gab es Stimmen im Hause, die Sie verdächtigt haben. Ich natürlich nicht, aber Gesine Terberg und einige andere haben sich den Mund über Sie zerrissen. Schäbig, schäbig, kann ich nur sagen. Alles hinter Ihrem Rücken!“
    Lauernd wartete er auf ihre Reaktion. Als die Empörung ausblieb, fuhr er fort: „Ausgerechnet die Terberg spielt sich auf. Eine Stalkerin, die unserem Regierungssprecher das Leben schwer gemacht hat. Es gab Zeiten, wo er nur noch den Hintereingang benutzte und auf Zehenspitzen über den Flur ging, damit sie ihn nicht abfangen konnte. Wenn Sie mich fragen, die Alte ist meschugge. Dieser merkwürdige Blick, so leer, und wie sie einen anschaut. Wenn ich Personalchef wäre, hätte ich längst …“
    Mitten hinein in Meyers Offenbarungen platzte Verena Hauser. Heute wurde sie von einem Kollegen begleitet, den sie als Kriminalrat Stollmann vorstellte. Meyer, der wie angenagelt sitzen blieb, wurde hinauskomplimentiert. Im Hinausgehen nahm er sich noch eine Praline. Die mitgebrachte Schachtel war nur noch halb voll.
    Verena nahm seinen Platz ein, Stollmann rückte einen weiteren Stuhl heran. Seine Aufmerksamkeit galt weniger den beiden Frauen im Raum als der Pralinenschachtel. „Nehmen Sie ruhig“, forderte Britta König ihn auf. Mit seinem Strickpullover, Marke Eigenfertigung, der ausgebeulten Cordhose und den ungekämmten Haaren sah er verboten aus.
    Verena eröffnete das Gespräch. „Ich warte immer noch auf Ihren versprochenen Anruf, Frau König. Sie wollten mir den Namen des Mannes sagen, mit dem Sie am Tatabend zusammen waren. Auch würde ich gerne wissen, wo Sie Sonntagabend zwischen 20 und 22 Uhr waren.“
    Die Ministerialrätin gab sich gewohnt schnippisch. „Ach das! Mein Bekannter möchte nicht, dass ich seinen Namen der Polizei nenne. Ich erwähnte bereits, dass er verheiratet ist. Außerdem dürfte sich nach dem zweiten Mord die Situation grundlegend geändert haben. Welchen Grund sollte ich haben, Herrn Niemann zu erschießen? Ich hatte keinen Streit mit ihm. Wir sind gut miteinander ausgekommen.“
    „Da haben wir etwas anderes gehört, Frau König“, widersprach Verena.
    Die Ministerialbeamtin reagierte ungehalten. Es fiel ihr erkennbar schwer, sich zu beherrschen. „Dummes Geschwätz. In diesem Haus wird zu viel geredet. Wenn ich Abteilungsleiterin bin, wird sich das ändern. Die Leute werden fürs Arbeiten bezahlt, nicht fürs Tratschen.“
    „Für die Steuerzahler sicherlich beruhigend, zu wissen. Uns interessiert in erster Linie, wie Sie den Sonntagabend verbracht haben. Und der

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