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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Name des Mannes, der ihr Alibi für die Tatzeit im Mordfall Heise bestätigen kann“, fasste Verena nach.
    „Sonntagabend war ich zu Hause. Und ehe Sie weiterfragen: Ich war allein und habe Weihnachtskekse gebacken. Sie können die alte Schabracke von nebenan fragen. Die passt doch auf wie ein Schießhund, wird also bestätigen können, dass ich nicht weggefahren bin. Mein Auto parke ich meistens in der Parkbucht vor ihrem Küchenfenster. Da sie den lieben langen Tag in ihrer Wohnung herumhängt und aus dem Fenster glotzt, bekommt sie mit, wenn ich wegfahre.“
    „Sie hätten die Straßenbahn nehmen können“, gab Stollmann zu bedenken.
    „Habe ich aber nicht, wohin auch bei dem lausigen Wetter? Schneeglätte, Kälte und um vier Uhr dunkel, da vergeht jedem halbwegs normalen Menschen die Lust auf Sonntagsausflüge.“
    „Wir werden das überprüfen“, sagte Verena und machte sich eine Notiz.
    „Wenn Sie nichts Besseres zu tun haben.“ Schon wieder dieser herablassende Ton. Verena schob eine Frage nach. „Und Ihr Liebhaber war nicht bei Ihnen?“
    Britta König reagierte patzig. „Er war zu Hause bei seiner Familie, die Sonntage sind ihm heilig. Finden Sie es nicht albern, ständig auf meinem Alibi herumzuhacken? Ich frage Sie noch einmal: Welchen Grund sollte ich haben, Niemann zu erschießen? Zugegeben, er war ein Weichei, immer auf Kompromisse aus, niemals bereit, für eine Sache zu kämpfen. Vermutlich war er nicht besonders erfreut über meine Beförderung. Das eint ihn aber mit vielen. Wenn ich all diese Personen erschießen wollte, wäre die Staatskanzlei personell ausgeblutet. Außerdem habe ich Freitag erfahren, dass ich Heises Nachfolgerin werde. Die bevorstehende Beförderung hat mich in Hochstimmung versetzt, ich war sehr gut drauf am Wochenende. Mir war nicht danach zumute, Leute umzubringen. Oder glauben Sie, ich habe mein Glück ausgetobt, indem ich Niemann erschossen habe?“
    Der überhebliche Sarkasmus ärgerte Verena. „Sagen Sie uns einfach den Namen Ihres Lovers und Sie sind uns los.“
    „Von mir erfahren Sie den nicht. Sie haben nichts gegen mich in der Hand. Alles nur vage Vermutungen.“
    Verena wollte widersprechen, Stollmann kam ihr zuvor, er übernahm die Rolle des Ausgleichenden. „Sie arbeiten doch schon lange in der Staatskanzlei, können sich vielleicht an Vorfälle erinnern, die Anhaltspunkte zum Tatgeschehen geben.“
    Die Beamtin lächelte verhalten. „Das hört sich schon besser an. Leider muss ich Sie enttäuschen. Ich habe nicht viel Kontakt zu den Kollegen, ich konzentriere mich auf meine Arbeit. Das unterscheidet mich von vielen anderen Referatsleitern im Hause, allen voran der wandelnden Nachrichtenbörse Siegbert Meyer. Er wird Ihnen mehr sagen können.“
    Verena hatte genug von der arroganten Ministerialbeamtin. Sie erhob sich. „Wegen Ihres Liebhabers hören Sie von uns. Und melden Sie sich bei Frau Schramm in meinem Büro. Wir brauchen Ihre DNA.“
    „Also verdächtigen Sie mich noch immer? Das ist lächerlich.“
    „Überlassen Sie es mir, wie ich die Ermittlungen führe. Ich rede Ihnen ja auch nicht in Ihre Arbeit rein“, beendete Verena die Vernehmung.
    Wieder allein mit Stolli brach es aus ihr heraus: „Was ist das nur für ein beschissener Fall. Zwei Morde, ein Täter und verstockte Beamte, die nichts sagen wollen oder uns frech anlügen.“
    Stollmann hatte einen Vorschlag parat: „Vielleicht ist es an der Zeit, mit dem Ministerpräsidenten selbst zu sprechen.“

43
    Das Leben hatte es nicht gut gemeint mit Irene Heise. Ihre Kindheitserinnerungen waren von ständigen Streitereien ihrer Eltern geprägt. Meistens ging es um Geld. Als ihr Vater arbeitslos wurde, ging ihre Mutter putzen. Fortan ließ sie keine Gelegenheit aus, ihn einen Versager zu nennen. Ihr Vater reagierte mit nächtelangen Alkoholgelagen mit seinen Skatfreunden. Bis heute konnte Irene sich keinen Reim darauf machen, was ihre Eltern überhaupt zusammengehalten hat. Liebe war es nicht. Gefühle hatten im Leben ihrer Eltern keinen Platz, selbst für ihr einziges Kind nicht. Zuneigung, Mitgefühl, Fürsorge – in Irenes Kindheit gab es dafür keinen Raum. Beide Eltern starben früh, ihr Vater an Leberzirrhose, ihre Mutter kurz darauf an Krebs.
    Als sie Alexander kennenlernte, glaubte sie, das große Los gezogen zu haben. Anders als sie stammte er aus gutbürgerlichen Verhältnissen. Mit juristischem Prädikatsexamen und Anstellung im Landesdienst konnte er ihr all das bieten, was

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