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Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Titel: Die Stachelbeerstraeucher von Saigon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Zimmerschied
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nahegekommen.
    Dann sieht man sie schon mit, die Männer in weißer Kleidung, die zugriffsbereit die Hände auf die Oberschenkel gelegt haben.
    Hipp und hopp
    und flipp und flopp
    mit und ohne Top
    und hopp oder tropp.
    Wir sind die Yuppies!
    Oder doch nur Teletubbies?
    Wir wollens klass! Man!
    Wir wollen Spaß! Man!
    Aber der Wahnsinn hat viele Gesichter und er ist ein Meister der Täuschung.
    Auf Einladung eines kulturengagierten Ärztekreises spiele ich öfter in einer psychiatrischen Anstalt.
    Das Publikum besteht aus einem ganz normalen Zahlpublikum, das sich in einem wunderschönen, anstaltseigenen Jugendstiltheater einfindet, und den sogenannten » leichten Fällen « .
    Diese sind optisch kaum von den » Normalen « zu unterscheiden, allenfalls akustisch, wenn an völlig unerwarteten Passagen ein schrilles, manisches Kichern einsetzt und nicht mehr enden will.
    Aber es gibt natürlich auch schwere Fälle.
    Ich war das erste Mal in dieser Anstalt und gerade damit beschäftigt, die Technik auf der Bühne zu installieren, die Garderobe herzurichten und mich immer wieder mal umzusehen, ob nicht doch von irgendwoher ein hagerer Mensch mit Frauenperücke und Messer aus den Kulissen springt.
    Ganz vorsichtig habe ich meine Requisiten platziert, hinter die Bilder an der Garderobenwand geschaut und die Zugangstüren kontrolliert.
    Alles schien in Ordnung.
    Doch plötzlich stand er vor mir auf der Bühne.
    Aus dem Nichts.
    Entsetzlich.
    Ein ausgemergeltes Gesicht, wirre Haare, stechende Blicke, die dioptrienverstärkt wie Tellerminen wirkten.
    Er betrachtete mich lange, seltsam lächelnd, betastete die Mikrophone, schien in die Kabel zu beißen.
    Ich habe mich ihm ganz vorsichtig genähert, ihn gebeten, diese sehr wertvollen technischen Teile doch bitte liegen zu lassen.
    Er antwortete, und es schien mir wieder, so die Erinnerung, ein Rap zu sein.
    Er derf des do
    und er muaß des do,
    er hod do de Ding,
    de Verantwortung,
    und er is da Ding,
    da dingdiriding,
    da Chefarzt seyba.
    Natürlich, sagte ich, irgendwie sind wir alle Chefärzte, aber jetzt solle er mich bitte meine Arbeit machen lassen.
    Er muaß des do
    und er derf des do,
    weils a Ordnung braucht,
    und überoi
    sitzns und wartns
    und behauptn,
    sie wadns,
    und dawei,
    dingdiriding,
    sanses go ned.
    Ich nickte ihm zu, Wesensverwandtschaft simulierend, und begab mich auf die Suche nach dem veranstaltenden Arzt.
    Ich fand ihn, ging mit ihm ins Theater zurück, zeigte ihm den seltsamen Mann auf der Bühne und bat ihn, auf den offensichtlich Verwirrten einzuwirken und ihn von der Bühne zu holen.
    Er mache möglicherweise die Technik kaputt und behaupte darüber hinaus auch noch, der Chefarzt zu sein.
    Der Arzt schaute mich nun ebenfalls mit einem eigenartigen Lächeln an, zuckte hoffnungsarm mit den Schultern und meinte, er könne das schon machen.
    Es gebe dabei nur ein Problem.
    Dieser Mann ist tatsächlich der Chefarzt.
    Dies war der Moment, von dem an ich mir endgültig keine Zuweisungen und Einteilungen in » normal « und » Fall « mehr vorzunehmen wagte.
    Ein Moment, der auch meinen Techniker zu beeindrucken schien.
    Als der sich nämlich etwas später am Anstaltskiosk ein Cornetto, also ein verpacktes Waffeltüteneis mit Nussstückchen kaufte, war, nachdem er die Verpackung entfernt hatte, die Waffeltüte leer, das Eis fehlte.
    Ein Produktionsfehler, der vorkommen kann.
    Mein Techniker überlegte lange und entschied sich nach einiger Zeit dafür, von einer Reklamation abzusehen.
    Hipp und hopp
    und bip und bop
    und Oma abzock
    und Gameboy verhock.
    Wir sind die Kiddies!
    Oder doch nur Grafitties?
    Wir wollens krass! Man!
    Wir wollen Spaß! Man!

Und das Glück ist eine Zwölf
    Es gibt eine neue Maßeinheit für Glück.
    Ein Amerikaner hat sich vor Kurzem mit einer Nagelpistole zwölf Stahlnägel in den Kopf geschossen, ohne dass bleibende Schäden entstanden sind.
    Das ist das Glück.
    Ein Zwölfer.
    Die unantastbare Leere, unverwundbar, hirnlos, befreit.
    Ein Zwölfer, das ist wie Abitur, nur ohne Hirn.
    Anstelle des Hirns ist bereits der Chip.
    In modischen Farben und in verschiedensten Formatierungen.
    Ein Achmadinechip für die Islamisten, eine Benichip für die Katholen.
    Wobei der Papst selbst ein Siebener ist.
    In Kreuzform genagelt.
    Fünf Nägel in Linie von der Nasenwurzel an über den ganzen Schädel verteilt, um das Hirn in Gut und Böse zu teilen, rechts und links dann noch je einen, den längsten Nagel direkt ins Logikzentrum.
    Damit

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