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Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Titel: Die Stachelbeerstraeucher von Saigon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Zimmerschied
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dass vor vierzig Jahren einmal ein Pfarrer an ihm vorbeigegangen ist.
    Damals jedenfalls haben sie geschwiegen.
    Da war der Rundfunkrat noch mehr eine Glaubenskongregation, welche die meiste Zeit damit verbrachte, die starken Redakteure zu kontrollieren.
    Und da hörte ich ihn zum ersten Mal, diesen Satz.
    Und da sah ich sie zum ersten Mal, diese Geste.
    Wegen mir gerne, aber …
    So lautete der Satz.
    Und ihm folgten eine schmerzliche Miene und ein nach oben deutender Finger.
    Und ich begriff:
    Antiklerikalismus und bayerisches Fernsehen, das schließt sich aus.
    So wie es keinen weiblichen Papst gibt oder keine islamistischen Saubauern im Rottal.
    Aber vielleicht gibt es ja noch ein zweites Thema?
    Und mir fiel ein Brief der Friedhofsverwaltung in die Hände und mir wurde klar, dass es noch etwas Schlimmeres gibt als alle Hexenverbrennungen zusammen.
    Friedhofsverwaltung.
    Nein, nicht der Tod, der Beamte.
    Die Korrektur der Schöpfung am freien Willen.
    Und wer war in den Achtzigerjahren der Beamte schlechthin?
    Die deutsche Ikone des dekorierten Mittelmaßes?
    Es war Derrick, das rolexgewordene Gesetz.
    Und die reineckergewordene Sprache, die uns Dialoge voll retardierender Sinnsuche schenkte, als wären sie einem Volkshochschulkurs » Thomas Bernhard für Anfänger « entsprungen.
    Der Inspektor
    » Wo war der Riesenscampi gestern um acht?! «
    » Haben Sie nicht verstanden?
    Man hat Sie gefragt, wo der Riesenscampi war, gestern um acht. «
    » So sag doch, wo er war.
    Du hörst doch, die Herren wollen von dir wissen, wo der
    Riesenscampi gestern um acht war. «
    » Um acht?
    Wieso frägt man mich das?
    Warum ausgerechnet mich?
    Der Riesenscampi. Um acht.
    Wieso will man das von mir wissen?!«
    » Wo war der Riesenscampi gestern um acht?! «
    Hamburg.
    Eine der vielen exklusiven Passagen, voll von teuren Geschäften und eleganten Menschen, die sich gegenseitig hummeressend ihre Erfolgsbilanzen erzählen.
    Bei einem Herrenausstatter steht vor einem großen deutschen Verkäufer ein kleiner, dicker Mann und lässt sich beraten.
    Fasziniert hört er zu.
    Er trägt bereits ein passendes Sakko mit darauf abgestimmter Krawatte, und nur eine unpassende Hose durchbricht den Eleganzversuch des kleinen Mannes.
    Der kleine Mann geht die Alsterpromenade entlang.
    Er versucht, mit dem Tempo, der Haltung, den Gesten und dem Schrittrhythmus der eleganten Herren mitzuhalten.
    Rentner überholen ihn.
    Er steigert seine Bemühungen.
    Die Schuhbänder gehen auf, er stolpert und reißt einen Hanseaten zu Boden.
    Frustriert setzt er sich auf eine Bank.
    Verdrießlich beobachtet er den Herrenstrom.
    Ein nervöses Zucken der Lippen und Nasenpartie, verbunden mit einem völlig unherrenhaften Grunzen, beendet seinen Eleganzversuch.
    Drei Flugstunden später steht er im kalten Licht eines Behördenganges, mit streng zurückgekämmtem Haar und einem um Unbestechlichkeit bemühten Augenpaar, und lässt die drei Polizisten, die ihm ein Einstandslied singen, verstummen.
    Denn dieser Mann ist niemand anderer als Stephan Zitzelsberger, der neue Kriminalinspektor des Landkreises Freyung-Grafenau.
    Der völlig überfettete Assistent lässt die Willkommenswurstplatte sinken, als der Inspektor, fern aller banalen Antrittsrituale, nach den anliegenden Fällen frägt.
    Es gebe keine Fälle, meint der Assistent.
    Die unglaubliche Ehrgeizlosigkeit der Antwort entreißt dem Inspektor ein stärkeres Grunzen.
    »Sie wollen doch nicht allen Ernstes behaupten, dass das Böse in
    Freyung-Grafenau schläft?!«
    Während der Assistent, eine Camembertschnitte verzehrend, die Harmlosigkeit des Ortes und die damit, seiner Meinung nach, angenehme Arbeitssituation der Polizei erklärt, geht der Inspektor nervös auf und ab.
    Er beobachtet einen alten Mann, der auf der Straße steht und immer wieder auf die Uhr schaut.
    » Holen Sie den Mann herauf! «
    Der alte Mann erzählt immer unglaublichere Geschichten.
    Und als er dann noch behauptet, er würde jeden Tag nur deshalb hier stehen, weil um diese Zeit in der benachbarten Imbissbude Riesenscampi gebraten würden, deren Geruch er nicht vertrage,
    steht für den Inspektor fest:
    Falschaussage oder Geruchsbelästigung oder beides oder, was am wahrscheinlichsten ist, ein von langer Hand vorbereiteter Anschlag auf die Polizeistation.
    Und als im Zimmer des Alten noch Vögel, Hunde, Katzen, Kleinkinder und zwei Senegalesen vorgefunden werden – Menschenhandel!
    Und er ermittelt weiter.
    Rastlos.
    Denn Stephan

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