Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt am Ende der Zeit

Die Stadt am Ende der Zeit

Titel: Die Stadt am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
des Ausbildungslagers am Hochwasserkanal, noch eine gewisse Bedeutung.
    Inzwischen hatten sie gelernt, den Blick auf den dunklen grauen Horizont zu richten und nicht höher hinauf, wenn es nicht unbedingt sein musste.
    »Früher hatte die Kalpa sieben Bione, und auf der Erde gab es zwölf Städte«, teilte Pahtun ihnen mit. Seine Stimme drang deutlich in ihre Helme. Während er vor ihnen über den harten, von Spalten und Rissen durchzogenen Boden stapfte, wirbelten seine Stiefel Wölkchen des feinen Staubs auf, der sich zu winzigen Dünen aufgetürmt hatte. Der Staub lag wie feine Asche über den uralten Fundamenten; vielleicht war es sogar Asche. »Die Realitätsgeneratoren haben viele Millionen Jahre für den Schutz aller Bione gesorgt. Dann kam der Krieg, und das Chaos machte Beute. Jetzt gibt es nur noch drei Bione und bald vielleicht nur noch eines oder zwei. Kann sein, dass ihr den Rest dieser Geschichte in euren Büchern findet, junge Freunde. Wie die Aschuren, Devas und Eidola miteinander kämpften und die Städte ihrer göttergleichen Dummheit geopfert wurden.«
    »Was sind Götter ?«, fragte Khren. Nico, Shewel und Denbord gingen links von Tiadba, Khren und Machts rechts. Wie immer zuckelte Perf mit Frinna und Herza hinterher.
    Niemand beantwortete seine Frage. »Dachte ja nur, ein Hochgewachsener könnte es wissen«, murmelte Khren.
    Tiadba spürte weder Hunger noch Schmerzen und litt kaum unter den Anstrengungen des langen Marsches über den uralten ausgelaugten Boden. Inzwischen verspürte sie auch kaum noch Sorgen oder sonstige Gefühle, bis auf die Neugier, die sie nie verließ. Wäre Jebrassy hier, würde ihn die gleiche Neugier vorwärtstreiben, das wusste sie. Auch er hatte unbedingt sehen wollen, was jenseits der Grenze des Realen lag. Früher einmal
hatten sie angenommen, ihre einzige Aussicht auf Freiheit müsse wohl jenseits der Kalpa liegen, nur dort könnten sie sich dem Würgegriff von Geschichte und Tradition entziehen. Doch die Bücher, ihr Ausbilder und schon der Himmel über ihnen erzählten eine andere Geschichte. Wieder einmal wurden sie nur benutzt, waren lediglich Werkzeuge, Mittel zum Zweck, wie sie schon immer vermutet hatten. Allerdings schien Pahtun etwas an ihrem Wohlbefinden zu liegen. Jetzt, da ihre Ausbildung fast abgeschlossen war, trat er nicht mehr so schroff auf wie früher und gab ihnen geduldig letzte Anweisungen. Es nervte Tiadba, dass er sich dabei so oft wiederholte, doch wenn sie ihre Marschgefährten ansah, verstand sie, dass es nötig war. Besonders wegen Herza und Frinna, die niemals von sich aus Fragen stellten. Ihnen musste man diese Dinge aus gutem Grund wieder und wieder erzählen. Wie sollten sie im Chaos jemals überleben?
    »Die Zwischenzone ist äußerst kompliziert«, erklärte Pahtun zum hundertsten Mal. »Nicht umsonst nennt man sie die Zone der Lügen , schließlich muss man hier jederzeit mit Übergriffen des Chaos rechnen. Ihr müsst sie schnell durchqueren. Denn falls das Chaos das Gebiet angreift, in dem ihr euch gerade befindet, wird der Kampf zwischen den Generatoren der Stadt und dem Chaos heftige Strudel von Zeit- und Raumfragmenten erzeugen, die tödlich, aber nahezu unsichtbar sind. Falls ihr in einen solchen Strudel geratet, werdet ihr die Grenze des Realen niemals erreichen. Eure Schutzanzüge werden sich in diesem Gebiet nicht vollständig aktivieren. Hört ihnen zu: Sie werden euch warnen, sobald ihr mit einem Übergriff und dessen Folgen rechnen müsst, und euch auch mitteilen, ob das Chaos eure Wahrnehmungen und eure Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt.«
    Die Verständigung untereinander klappte wunderbar: Was sie sagten, drang unmittelbar in die Ohren der anderen Gruppenmitglieder. Doch es fiel ihnen schwer, sich an die Kommunikation mit den Schutzanzügen zu gewöhnen, die nur selten hörbare Wörter gebrauchten. Meistens vermittelten sie alles über die Gedanken. Tiadba war sich nicht klar darüber, was sie von dieser Raffinesse halten sollte. Gut möglich, dass diese Art der Kommunikation sich jenseits der Tore und der Grenze des Realen als nützlich erweisen würde. Allerdings hatten Pahtun und seine Helfer der Gruppe zu bedenken gegeben, dass auch die Anzüge nicht alles wissen konnten.
    »Ihr dürft eure Instinkte nicht unterschätzen«, sagte Pahtun. »Ihr seid Beobachter , erzeugt aus uralter Materie, und Beobachter sind anderen überlegen, selbst da draußen im Chaos. Der Typhon beneidet euch um eure Sinne. Die erste

Weitere Kostenlose Bücher