Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt am Ende der Zeit

Die Stadt am Ende der Zeit

Titel: Die Stadt am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
schrecklichen Tod erleidet ?«
    »Letzteres.« Jebrassy, der einen Kloß im Hals hatte, musste schlucken.
    »Eigentlich hätte das schon längst passieren müssen«, erklärte Polybiblios. »Der Typhon hat es versäumt, grundlegende Regeln aufzustellen. Er existiert nur als betrügerischer Schatten, der die Bauteile des Kosmos nach Belieben ausplündert. Sobald er die letzte Information unserer Welt absorbiert hat, wird sie möglicherweise von einem Augenblick zum anderen – klick! – aufhören zu bestehen. Alles wird sich zu einem Nichts auflösen. Falls wir versagen … Nun ja, es gibt keinen Ausdruck für das, was das Nichts tun oder lassen kann.«
    Sie gingen jetzt schneller und legten dabei eine Strecke zurück, die Jebrassy mehrere Kilometer lang vorkam. Polybiblios bahnte sich den Weg durch den dichten Wirrwarr der kompakten und inzwischen erweiterten Nekropolis, und sie folgten ihm. Jebrassy hatte Mühe zu erkennen, wo er hintrat, denn bei
jedem Schritt schien sich der Boden seinen Stiefeln entgegenzuwölben. Bald darauf befanden sie sich in Sichtweite eines großen Kuppelbaus, der aus zahlreichen verzerrten architektonischen Strukturen bestand. Jebrassy kam es so vor, als hätte hier jemand mehrere Brücken aufeinandergestapelt, sie herumgedreht, danach fallen lassen, zertrümmert und aufgrund eines nachträglichen Einfalls an langen, moosbedeckten Strängen aufgehängt.
    »Sieht Nataraja auch so aus?«, fragte er.
    »Ist nicht bekannt. Dieses Gebäude stand hier schon vor der Zerstörung unseres Turms. Wurde aus irgendeiner fernen Galaxie hierherbefördert, wenn ich mich recht erinnere … Hier gibt es viele solcher Bauten, zum Beispiel auch da drüben.« Er deutete hinüber. »Vielleicht soll das neugierige Marschierer anlocken. Der Typhon …« Polybiblios inspizierte seine Hände, die zitterten. »Dieser Körper reagiert mit Abscheu darauf. Wie interessant! Ich wusste gar nicht, dass ich zu solchen Empfindungen noch fähig bin.«
    Polybiblios führte sie einen weiteren mit dunkler Kruste überzogenen Pfad entlang, der sich durch die Ruinen schlängelte.
    »Natürlich werden die Eidola in oder auch außerhalb der Kalpa ohne die Realitätsgeneratoren nicht weiter existieren können. Aber die Nachgezüchteten der alten Art und die meisten Instandsetzer haben vielleicht trotzdem Überlebenschancen. «
    Ghentun verstand, was er damit andeutete. »Könnte es dann weitere Marschteilnehmer geben?«, fragte er.
    »Kann man nicht wissen.« Polybiblios schüttelte den Kopf. Jebrassy zuckte bei diesen Worten zusammen: Er hatte die Redewendung schon früher gehört …
    Nachdem sie viele weitere Kilometer zurückgelegt hatten – jedenfalls kam es ihnen so vor –, fragte Ghentun das Epitom, ob es wisse, wo sie sich befanden.
    »An den äußeren Grenzen der Nekropolis. Alles ist hier dichter zusammengedrängt, zusammengeschrumpft, zusammengezogen. Wir kommen schneller vorwärts, als wir eigentlich sollten. Und bald …?« Polybiblios näherte sich Jebrassy und musterte ihn. »Worauf werden wir bald stoßen?«
    »Du verhältst dich wie ein Lehrer«, erwiderte Jebrassy. »Ständig fragst du einen ab.«
    »Auf die Häuser«, sprang Ghentun für ihn ein. »Bei der letzten Zählung waren es zehn, und sie stehen mitten in der stärksten Bahn unseres Leitstrahls.«
    »Und was liegt dahinter?«
    »Das Tal der Toten Götter. Über das, was hinter diesem Tal liegt, kann man nur spekulieren.«
    »Glaubt nur nicht, ihr könntet alle Vorsicht aufgeben, nur weil ich jetzt bei euch bin«, bemerkte Polybiblios. »Hier draußen haben wir viele wunderbare Männer und Frauen verloren, obwohl sie über uraltes Wissen und Erfahrung verfügten. Etliche Marschierer, aber auch andere. Instandsetzer, Pilger. Während wir in der Kalpa abgewartet haben, fielen viele dem Chaos zu Opfer.«
    »Du hast Dinge in die Vergangenheit geschickt«, sagte Jebrassy. »Und jetzt kehren sie zurück.«
    » Auftauchen ist vielleicht das bessere Wort dafür. Sie tauchen jetzt wieder auf, wie irgendetwas, das aus den Tiefen eines Ozeans emporsteigt.«
    »Ich weiß nicht, was ein Ozean ist.« Jebrassy senkte den Kopf, als schmerze ihn der Schädel. »Von oben nach unten gekehrte
Felsen … Eis und Berge am Himmel. Dort ziehen die Träumer hin. Ist das ein Ozean?«
    »Nein«, murmelte Polybiblios, klang aber unsicher. »Was du meinst, sind zusammenstürzende Welten. All das ist ein verzweifeltes Spiel. Und wie oft schon sind wir in diesem wunderbaren Sumpf

Weitere Kostenlose Bücher