Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
Grund angeben. Und Sie haben nicht nur Ihre ständige Begleiterin, sondern auch Ihre Firma zurückgelassen, Doktor Kimble.«
    »Schlimm«, erwiderte er und grinste. »Fürchtet ihr den bösen Wolf?«
    »Wenn er aber kommt …«
    »Malen Sie Clarissa nicht an die Wand!« entgegnete Ferry.
    Dany mochte seine Selbstironie. Sie hoben beide das Glas, prosteten sich zu. Sie hatten tatenlosen Gefallen aneinander gefunden. Einen Moment lang verglich die Journalistin Ferry mit Frank: Sie waren beide ungewöhnliche Männer und doch grundverschieden. Man konnte sie nicht gegeneinander abwägen – dafür besaß jeder von ihnen zuviel Persönlichkeit.
    »Macht schneller, Spezeln!« trieb nur dreihundert Meter weiter Anderl, der Lotterlotse, seine Gefolgsleute an. »Sonst schließen sie uns im Takara- Baddie Tür noch vor der Nase zu.«
    Amors Abenteurer pflügten sich weiter durch das Gedränge, vorbei an Garküchen, deren Duft von Benzinwolken überlagert wurde, quer durch die Angebote der Schlepper. Die Luft war wie warmes Spülwasser; sie legte sich auf den Brustkasten und machte das Atmen schwer. Das Hemd klebte schweißnaß auf der Haut, Neonlichter blinzelten nervös, huschten über die zerfressenen Fassaden verlebter Häuser, und eine Musikbox plärrte ›Feelings‹ in die brodelnde Nacht: ›Gefühle‹.
    Brennhuber und Konsorten hatten das Ziel erreicht. Sie stiegen die Treppe hoch, plazierten sich im Vorraum der Erwartung. Die Mädchen saßen hinter einer Glaswand nebeneinander aufgereiht wie exotische Vögel in einer Zoo-Voliere. Sie zwitscherten lustig miteinander, und einige der 100 oder 120 Geschöpfe – genaues Zählen war unmöglich, denn es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen – wirkten auch bunt gefiedert, ob sie nun einen winzigen Bikini oder ein pompöses Abendkleid, hautenge Minishorts oder ein selbstentworfenes Fantasiekostüm trugen. Wie die Kellner hatten auch sie sich eine Plakette mit einer Zahl angesteckt, und sie servierten die Bestellungen á la carte, freilich keine kleinen Appetithäppchen oder großen Menüs, sondern auf eineinhalb Stunden ausgedehnte Körper-zu-Körper-Massage im Catch-as-catch-can-Stil, wobei jeder Bahtschein zum Handgriff wurde.
    Die Nachtschwärmer aus dem Dusit Thani ließen sich mit der Auswahl Zeit, wiewohl sie drängte. Sie nahmen minutenlang mit den hübschen Masseusen Maß, ohne sich von ihren Händen kneten zu lassen. Die zierlichen Heilgehilfinnen wußten aus Erfahrung, daß die meisten Besucher nur Sehlöwen waren, die sich hier Appetit holten und dann auswärts aßen; aber sie verübelten es ihnen nicht. Der Umgang mit den Touristen war für sie auch ›sanuk‹, und das war für Thailänder genauso wichtig wie Essen, Trinken, Atmen und Schlafen. Sanuk ist Freude, Spaß, Vergnügen, und diese Farangs erwiesen sich ja auch wirklich als komisch und dabei oft viel netter und spendabler als die einheimische Klientel.
    Von Massagesalons dieser Art oder türkischen Bädern gibt es mindestens 2.000 in Bangkok, und die wenigsten von ihnen stehen im Dienst der Reinlichkeit. Und was den Namen anbelangt, haben die Thais einen Türken gebaut, denn die Tradition der Etablissements für Seifenschaum und Sinnlichkeit geht auf japanische Einflüsse während des Zweiten Weltkriegs zurück, als die wendigen Siamesen zuerst Verbündete, dann Besetzte und zuletzt Sieger über die Söhne Nippons gewesen waren.
    »Also, was is' nun, Xare?« fragte Anderl seinen Kumpan mit den Spendierhosen ungeduldig. »Willst jetzt, oder willst net?«
    »Ich möcht' scho'«, erwiderte Brennhuber, zwar ein vorsätzlicher Fremdgänger, doch kein wilder Draufgänger. »Aber immer, wenn ich mir eine ausg'sucht hab', is' sie scho' wieder weg.«
    »Dann nimmst halt zwei, damischer Kerl! Geld hast ja genug, und wennst dich nicht allein traust, alter Hallodri, dann komm' ich mit, und wir nehmen zusammen eine Doppelmassage.«
    Wiewohl einer der Kegler, vertraut mit dem erotischen Dienstleistungsbetrieb, bereits in ein sechsbändiges Nirwana eingezogen war, zögerte der Baustoffgrossist noch immer.
    »Ich weiß doch gar net, was ich mach'n muß.«
    »Hast jetzt schon so was g'hört?« entgegnete Anderl. »Die machen doch mit dir, was du willst, was du verlangst – solange du bei Kasse bist. Und die seifen dir auch bloß den Rücken ein, wenn'st net mehr haben willst. Zu zweit oder zu dritt, und sie lachen und zwitschern dabei, wenn sie dir deinen Ranzen aufpolieren.«
    »Gut, Anderl«, versetzte

Weitere Kostenlose Bücher