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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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eigene Bett.
    Fenrich, der Architekt, tankte an der Hotelbar Bettschwere; als er Clarissas schrille Stimme hörte, fuhr er erschrocken hoch und stellte erleichtert fest, daß er eingenickt war. Bruno, Danys Rechercheur, zog mit einer Gruppe Matratzengladiatoren auf Streifzug über die Reeperbahn von Bangkok, und Larry, der Dynamitbote aus New York, schlief traumlos wie ein Kind.
    Mit dem Schlaf hatte Dany Callway kein Glück. Die Dreißigjährige wälzte sich in ihrem Hotelbett von einer Seite auf die andere, gepeinigt von Jagdfieber und Alpträumen. Sie schaltete den Fernseher ein, verfolgte ein paar Minuten lang ein blutrünstiges Schauerdrama, wie die Thai es lieben, sofern es am Schluß zu einem Happy-End führt. Sie versuchte, in einem Buch zu lesen und hörte schließlich im Radio Nachrichten in englischer Sprache.
    Dany nahm dann einen neuerlichen Schlafanlauf – zwecklos. Die Journalistin, häufig Strapazen ausgesetzt, konnte sich sonst in wenigen Stunden wie eine Batterie wieder aufladen, aber jetzt, durch Zufall wie Scharfsinn in die Operation ›Flashlight‹ geraten, machte sie sich klar, daß ihr Wissen tödlich werden konnte. Dany war zu sehr Journalistin, um die Untergrundaktion zu vergessen; sie kannte aber auch die Spielregeln der unsichtbaren Front, und wenn sie an das Risiko dachte, das ihr und ihren beiden Helfern drohte, wurde ihr abwechselnd heiß und kalt.
    Sie sah auf die Uhr: Im Wald von Langley, US-Staat Virginia, wäre jetzt bald Lunch-time und in Pullach für die Tagesschicht Dienstschluß. Im CIA Headquarter verließ der Vize Thomas E. Gregory sein Office nicht, und in der BND-Zentrale fuhr der Regierungsdirektor Pallmann nicht nach Hause. Beide warteten gespannt auf Meldungen, die noch gar nicht eintreffen konnten. Beide mußten ihre Unruhe vor ihren nicht in die Operation ›Flashlight‹ eingeweihten Mitarbeitern verbergen.
    Wenn sie fehlschlug, waren die Spitzenmänner zweier befreundeter Nachrichtendienste erledigt. Niemand würde ihnen nachsehen, daß sie in gemeinsamer Absprache hinter dem Rücken ihrer eigenen Leute, ohne Wissen ihrer Residenturen in Bangkok und ohne offizielle Einschaltung des thailändischen Geheimdienstes einen sorgfältig vorbereiteten Coup eingefädelt hatten. Aber es blieb ihnen keine andere Wahl, wenn sie die Laus im eigenen Pelz knacken wollten. Natürlich sah der große Gregory den Feind in Pullach, während sein Mitstreiter Pallmann davon überzeugt war, daß der Maulwurf sich bei den Amerikanern eingenistet habe. In Pullach wie in Langley erging Weisung, Südostasienmeldungen künftig nicht mehr an den Partner weiterzugeben. Es war eine durchaus verständliche und heimlich öfter angewandte Methode. Niemand ahnte in den Zentralen der beiden Geheimdienste, daß die Nachrichtensperre dieses Mal – zwischen Gregory und Pallmann abgesprochen – ein Teil des Operationsplanes war.
    Dany ging nach unten. Sie sah Fenrich, zögerte einen Moment und setzte sich dann zu ihm an die Bar. »Keine Lust auf Pat Pong, Doktor Kimble?« fragte sie, während er ihr auf den Hocker half.
    »Ich bin Individualist«, erwiderte der Architekt.
    »Sie Feinschmecker!« konterte sie. »Zur Belohnung lade ich Sie zu einem Drink ein.«
    »Nein«, lehnte Fenrich ab. »Ich offeriere ihn, nicht Sie, Dany.«
    »Angenommen«, erwiderte sie. »Mit Dank.«
    Er saß neben ihr, und er betrachtete sie. Dany hatte den Eindruck, daß er sie zum ersten Mal voll ansah. »Sie sind wirklich eine attraktive Frau«, sagte er. »Aber das wissen Sie ja selbst wohl am besten.«
    »Ich bin bescheidener«, antwortete sie. »Aber ich finde es bemerkenswert, daß Sie so etwas sehen und sagen, da Sie doch meinem Geschlecht den Rücken gekehrt haben.«
    »Ein Architekt, der den Blick für die Schönheit verloren hat, sollte in Pension gehen«, versetzte Ferry. »Sie müssen das richtig sehen, Dany: Ich bin von Berufs wegen gewohnt, schöne Bauwerke zu bestaunen, ohne sie zu begehren.«
    »Ihre Komplimente werden immer besser«, entgegnete sie. »Das letzte Mal war ich noch eine Intelligenzbestie.«
    »So hatte ich es nicht gemeint«, erwiderte Fenrich. »Aber Sie haben mich so erschreckt.«
    »Tut mir leid.«
    »Und zwar weil Sie natürlich recht hatten. Clarissa braucht ja nur die Passagierliste aller gestern Abend gestarteten Flugzeuge durchzusehen …« Er unterbrach sich. »Dürfen die Gesellschaften eigentlich die Namen so ohne weiteres nennen?«
    »Sicher, wenn die Fragesteller einen vernünftigen

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