Die Stadt der gefallenen Engel
aus dem ein monströser Buckel wuchs, quiekte ängstlich auf und warf sich vor Asiszaar in den Staub. Zwei weitere Dämonen taten es ihm nach. Dann knieten schließlich alle vor ihm nieder. Asiszaar zählte fast zwei Dutzend von ihnen. Auch wenn manche schwach oder kränklich aussahen, ließ sich der dunkle Engel nicht täuschen, Sie waren Jäger. Gefährlich und unberechenbar. Besonders die riesigen Golem mit ihren muskelbepackten Körpern sahen beeindruckend aus, aber auch die Feuerdämonen verströmten tödliche Energie.
»Wo ist der Verräter?«
Niemand antwortete ihm. Asiszaar ging zu dem winzigen Dämon, der sich ihm als erster unterworfen hatte. Seine Faust packte das Wesen und hob es hoch. Dünne Arme und Beine zappelten. Das Zwergengesicht war angstverzerrt.
»Ich weiß es nicht, Herr! Er ging und kam nicht wieder. Wir haben auf ihn gewartet, aber wir glauben, dass ihn die Engel erwischt haben.«
Asiszaar sah den Zwerg nachdenklich an. Diese Möglichkeit hatte er gar nicht in Betracht gezogen. Vielleicht war der Verräter inzwischen tot, dennoch …
»Und das Mädchen? Weiß jemand, wo das Mädchen ist?«, donnerte seine Stimme durch den Raum.
Ein Dämon in menschlicher Gestalt trat vor. Er trug abgerissene Kleidung. Unter seinem Arm hielt er einen Instrumentenkoffer. Sein Haar war noch feucht vom Regen und seine Kleidung dampfte in der Hitze des Feuers.
»Ich bin gerade zurückgekehrt. Ich habe das Mädchen gesehen.«
»Wo hast du sie gesehen?«
Der Dämon erklärte es ihm.
»War sie allein?«
»Ja, Herr.«
Asiszaar grinste zufrieden. Seine Beute war nicht weit von hier. Und sie war allein.
Nicht mehr lange und er konnte seine Aufgabe zu Ende bringen.
66.
Lara stolperte die Treppe zur U-Bahn-Station hinunter. Ein eiskalter Wind pfiff durch den Schacht und ließ sie zittern. Hilflos schlang sie ihre Arme um den Körper und setzte sich auf eine Bank. Der Bahnsteig war menschenleer. Wie ausgestorben lag alles vor ihr. Weiter hinten gähnte das schwarze Loch des Tunnels, durch den die Bahnen ein- und ausfuhren.
Lara merkte nicht, wie ihr Kinn auf die Brust sank und sie zu weinen begann. Der Schmerz in ihrem Inneren brannte wie Feuer. Es war, als wäre ihre Seele verwundet.
Und es gab keine Hoffnung mehr.
Sie wiegte ihren Oberkörper vor und zurück. Immer wieder. Flüsterte sinnlose Worte.
Ein Zug fuhr in die Station ein und erinnerte Lara an ihr Vorhaben.
Ein paar Leute stiegen aus. Hasteten an ihr vorüber, ohne sie zu beachten. Niemand warf ihr auch nur einen Blick zu. Niemanden interessierte ein zitterndes, durchnässtes Mädchen, dem heiße Tränen übers Gesicht liefen.
Als der Zug die Station wieder verließ, erhob sich Lara und ging ein Stück den Bahnsteig entlang, bis sie direkt vor dem Tunneleingang stand.
Ja, hier war es gut. Hier war es richtig.
Sie schloss die Augen und breitete die Arme aus.
Der nächste Zug würde bald kommen.
Und mit ihm das Vergessen.
Der Regen peitschte Damian ins Gesicht, während Blitze durch die Nacht zuckten und der Donner über die Erde rollte. Er rannte. Schneller, als ein Mensch jemals würde laufen können, rannte er mit mörderischem Tempo durch die Dunkelheit.
In seinem Geist kreiste nur ein Gedanke.
Bitte lass mich nicht zu spät kommen.
Und dann betete er zu Gott, den er verraten hatte.
Herr, bitte lass nicht zu, dass Lara etwas geschieht. Gib mir die Kraft, rechtzeitig bei ihr zu sein.
Und so rannte er durch die Nacht. Allein und verzweifelt.
Schließlich erreichte er den von Gabriel genannten Ort. Keuchend blieb er stehen und blickte sich um. Von Lara war nichts zu sehen. Wo war sie?
Da trat ein Mann aus dem Schatten eines Hauseingangs. Es war ein Engel. Ohne auf den Regen zu achten, kam er auf Damian zu und blieb vor ihm stehen.
»Gabriel sagte mir, dass du kommst. Das Mädchen ist dort hinuntergegangen«, sagte er und deutete auf die Treppe, die zu einer U-Bahn-Station führte.
»Geht es ihr gut?«, fragte er.
»Nein, ich spüre Traurigkeit und Verzweiflung und etwas anderes, das ich noch nie zuvor gefühlt habe – etwas Fremdes, etwas Mächtiges.«
Damian nickte dem Engel dankbar zu, wandte sich um und rannte zur U-Bahn-Station. Das Schild mit der digitalen Fahrplananzeige gab an, dass die nächste U-Bahn jeden Augenblick in die Station einfahren würde.
Asiszaar und die dämonischen Jäger erreichten das Restaurant kurz nach Damian, der es, ohne es zu beachten, links liegen ließ und weiterrannte. Asiszaar
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