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Die Stadt der gefallenen Engel

Die Stadt der gefallenen Engel

Titel: Die Stadt der gefallenen Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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beobachtet.«
    »Gut, so sollte es sein. Sie wird sich fragen, wer du bist und warum du ihr folgst. Wir müssen ihr Misstrauen wecken, damit sie auch alles andere hinterfragt, was um sie herum geschieht.«
    »Soll ich mich ihr weiter nähern?«
    »Nein, Gabriel hat uns befohlen zu warten.«
    »Ich denke, wir müssen handeln.«
    »Genau das denke ich auch«, sagte Arias leise. »Und bald werden wir das auch tun.«

17.
    Nach fast einer Stunde verließ Lara den Laden wieder. Entgegen ihrer Erwartung hatte sie genau den Lederrock gefunden, den sie sich vorgestellt hatte. Dazu hatte sie ein schwarzes langärmliges Oberteil mit einem Muster aus dunkelgrauen Tribals gekauft. Aber das Beste waren die schwarzen Lederstiefel; zusammen mit dem Rock und dem Shirt sah sie schlichtweg atemberaubend aus.
    Damian wird beeindruckt sein, wenn ich die Sachen heute Abend anziehe, dachte Lara glücklich. Mit weit ausholenden Schritten und baumelnder Tüte in der Hand ging sie die Straße entlang. Die Wolkendecke war etwas aufgerissen und warme Sonnenstrahlen fielen auf ihr Gesicht. Genau so hatte Lara sich Berlin vorgestellt – einzigartig, aufregend und einfach unglaublich cool. Kurz erschien Bens Gesicht vor ihren Augen, doch sie schob den Gedanken an ihn einfach beiseite und schlenderte gut gelaunt die Straße entlang.
    Als sie ein paar Minuten lang gelaufen war, musste sie sich kurz orientieren, dann bog sie nach links ab und stieß nach nur wenigen Metern auf einen winzigen, fast schon versteckt liegenden Buchladen. »Fischer 8t Sohn« prangte in verblassenden Buchstaben über dem Eingang. Gleich daneben ragte ein Wasserspeier, der wie eine Mischung aus Drache, Hund und Affe aussah, aus der Mauer. Den Mund mit den gefletschten Zähnen aufgerissen, die Zunge heraushängend, auf dem Rücken fledermausartige Flügel, hockte er einem Wächter gleich über dem Eingang.
    Neben der alten Holztür mit eingesetzter Glasscheibe stand ein Aufsteller mit verbilligten Büchern, die allesamt so aussahen, als stammten sie aus einer Haushaltsauflösung. Lara betrachtete die Auslage in der Fensterscheibe und stellte fest, dass immerhin die neuesten Bestseller vorhanden waren. Da sie keine große Lust darauf verspürte, noch lange nach einem anderen Laden zu suchen, drückte sie die abgegriffene Messingklinke herunter und trat in eine andere Welt ein.
     
    Der Gegensatz zu der Boutique, die sie gerade besucht hatte, hätte größer nicht sein können. Dort hatte trotz der düsteren Atmosphäre Ordnung geherrscht, hier regierte das blanke Chaos. Bücher, wohin man auch sah. Am Boden zu Türmen aufgestapelt oder in alte Holzregale eingeordnet, scheinbar ohne System. Tische bogen sich unter der Last unzähliger Werke und selbst die Verkaufstheke war durch die vielen Bücher, die darauf lagen, kaum auszumachen. In dem kleinen Raum herrschte Enge und der Atem von Jahrhunderten. Der Geruch von Papier und vergangener Zeit lag in der Luft. Es war kein unangenehmer Geruch, aber er war fremd und intensiv.
    Noch nie hatte Lara einen derart antiquierten Buchladen gesehen. Die Geschäfte, die sie sonst aufsuchte, blitzten vor Sterilität und die Bücher standen säuberlich sortiert in den Regalen oder lagen in ordentlichen Stapeln auf kleinen Tischen. Lara fühlte sich in der Zeit versetzt. Vielleicht ins späte neunzehnte Jahrhundert, als die Frauen noch Hauben und die Männer Gehröcke und Schuhe mit Manschetten trugen. ’
    »Was kann ich für Sie tun, Fräulein?«, fragte eine krächzende Stimme, die perfekt zum Ambiente passte.
    Lara brauchte einen Moment, bis sie den Mann hinter der Verkaufstheke entdeckte. Er war nicht besonders groß und wurde von den aufgestapelten Büchern verdeckt.
    Als er aus seinem Versteck hervorkam, blitzten kluge Augen Lara aus einem runzeligen Gesicht an. Ein fast kahler Schädel, der nur von einem weißen Haarkranz rund um die Ohren gesäumt war, glänzte im Licht des Kronleuchters, der von der Decke hing und dämmriges Licht verbreitete. Der Alte trug eine Brille mit runden Gläsern, die er auf die Nasenspitze geschoben hatte. Über ihren Rand hinweg sah er Lara neugierig an.
    »Ich suche ein Buch«, erklärte Lara und wusste im gleichen Moment, wie dämlich das klang. Natürlich suchte sie ein Buch, warum sonst betrat man einen Buchladen?
    »Aha«, meinte der Alte amüsiert. »Und welches?«
    »Das weiß ich nicht. Es soll ein Geschenk für meinen Großvater sein, er hat übermorgen Geburtstag.«
    »Und was liest der Herr

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