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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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durcheinandergeredet und -gelacht. Während er den Bratensaft auf seinem Teller mit einem Stück Brot auftunkte, drangen lateinische Sprachfetzen an sein Ohr.
    Er hielt inne. Diese merkwürdig heisere Stimme hatte er doch schon einmal irgendwo gehört! Johann Scheiffart sagte ebenfalls etwas auf Latein, dann vernahm Bardolf wieder diese heisere Stimme. Sie gehörte dem fremden Augustinermönch. Doch wo hatte er ihn schon einmal getroffen?
    Hinter sich vernahm er schnelle Schritte und dann die atemlose Stimme von Vater Ignatius: «Verzeihung, tut mir leid! Ich bin zu spät. Verzeihung.» Der Pfarrer hastete zu einem freien Platz zur Linken von Johann Scheiffart und ließ sich auf die Bank plumpsen. «Ich danke Euch für die Einladung zu dieser Feier, Herr van Kettenyss. Leider bin ich von den Pilgermassen aufgehalten worden», hörte Bardolf ihn zu den Domherren sagen. Und dann: «Wie ich sehe, habt Ihr die zwei Wochen in der Heiltumskammer unbeschadet überstanden, Herr Scheiffart.»
    Scheiffart lachte. «Es ist eine hohe Ehre, über die heiligen Reliquien zu wachen, Vater Ignatius. Ich bin sehr stolz darauf.»
    «Das dürft Ihr auch sein. Und wer ist der werte Augustinerbruder in unserem Kreise?» Ignatius beugte sich vor, um den Mönch in Augenschein zu nehmen. Verblüfft hob er die Brauen. «Nanu, Ropert, du bist es? Was für eine Überraschung! Hast du inzwischen doch deine Profess abgelegt? Das wusste ich ja gar nicht!»
    Auf den umliegenden Plätzen verstummten die Gespräche plötzlich. Alle Blicke richteten sich auf Vater Ignatius, der sich verwundert umsah. «Habe ich etwas Falsches gesagt?»
    «Da liegt wohl eine Verwechslung vor, Vater Ignatius», sagte Johann Scheiffart. «Dies ist Bruder Theophilus, ein Pilgerbruder, der aus Lyon zu uns gekommen ist.»
    «Aber nein!» Vater Ignatius schüttelte den Kopf. «Ich kenne doch Ropert! Er ist der Sohn eines Nachbarn meiner Eltern in Kornelimünster und lebt seit vielen Jahren als Laienbruder bei den dortigen Augustinern.» Er sah den Mönch auffordernd an. «Sag doch was, Ropert! Du kennst mich doch!»
    Doch der Angesprochene schwieg. Bardolf konnte von seinem Platz aus sehen, dass der Mönch nervös wurde. Und plötzlich fiel ihm auch wieder ein, wo er dessen Stimme schon einmal gehört hatte. Mit einem Ruck stand er auf, ging zu ihm hin und zerrte ihn an den Schultern von der Bank.
    «He, he, was ist denn nun los?», protestierte van Kettenyss. «Meister Goldschläger, was ist in Euch gefahren?»
    Bardolf starrte in das Gesicht des Augustiners. «Sagt etwas!»
    Der Mann wehrte sich jedoch und wollte sich ihm entwinden. Inzwischen war es im gesamten Saal mucksmäuschenstill.
    «Sprecht!», fuhr Bardolf ihn erneut an. Der Mönch sah ihm ins Gesicht und erstarrte, da er ihn offenbar ebenfalls erkannte.
    «Ihr seid der Mann mit dem Fuhrwerk in der Großkölnstraße!», rief Bardolf aufgebracht. «Ihr habt die Kisten mit den falschen Reliquien transportiert. Ihr und dieser … der Mann, der mich niedergeschlagen hat. Wo steckt er? Redet, bevor ich Euch den Hals umdrehe!»
    «Ich … äh …» Der Augustiner blickte sich hilfesuchend um.
    «Was soll das alles? Wovon redet Ihr?», wollte nun der Bürgermeister wissen, der nicht weit entfernt gesessen hatte und bei dem kleinen Tumult sofort aufgesprungen war.
    Bardolf schüttelte den Mönch noch einmal. «Dieser Mann hat vor etwas mehr als zwei Wochen nachts in der Großkölnstraße Kisten voller falscher Reliquien von einem Fuhrwerk abgeladen. Als ich dazukam, schlug mich der zweite Mann nieder und raubte mir die Geldbörse.»
    «Seid Ihr sicher, dass er dabei war?», fragte der Bürgermeister zweifelnd. «Wenn es Nacht war und dunkel …»
    «Seine Stimme», sagte Bardolf. «Ich habe seine Stimme erkannt.» Er stieß den Mönch noch einmal an. «Los, sagt etwas, damit alle hören, was ich meine!»
    Bruder Christophorus stand nun ebenfalls von seinem Platz auf und kam näher. Interessiert blickte er zwischen dem Augustiner und den Kanonikern hin und her. «Ropert ist also dein richtiger Name?», fragte er mit schneidender Stimme.
    Der Augustiner antwortete noch immer nicht.
    Christophorus machte Bardolf ein Zeichen, den Mann loszulassen, jedoch nur, um ihn im nächsten Moment selbst heftig am Kragen zu packen. «Wer bist du? Wo kommst du her? Und warum gibst du dich für jemand anderen aus?»
    Der Augustiner blickte Christophorus einen Moment lang fest in die Augen, dann schien er einen Entschluss gefasst zu haben

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