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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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es dann aber, weil sie merkte, dass es ihr nicht gelingen mochte.
    Christophorus wirkte überrascht. «Was hat diesen Sinneswandel bewirkt?»
    Marysa zuckte mit den Schultern. «Wenn man wochenlang in dieser Zelle eingesperrt ist und die einzige Ansprache des Tages der Wachtmann ist, der einem frisches Wasser und Gerstenbrei bringt, beginnt man sich über jede noch so kleine Abwechslung zu freuen. Gewöhnt Euch also nicht daran.»
    Christophorus nickte. «Es hätte mich auch gewundert, wenn Ihr Eure Meinung über mich geändert hättet. Aber gut, schließen wir einen Waffenstillstand.»
    «Gibt es etwas Neues?»
    Er schüttelte den Kopf. «Jedenfalls nichts zu Euren Gunsten. Ich habe nachgeforscht, woher dieser falsche Theophilus kommt. Er behauptet, er sei aus Lyon herübergekommen. Spricht übrigens nur Latein. Und er führt einen gesiegelten Geleitbrief des Erzbischofs von Lyon mit sich.»
    Marysa verzog enttäuscht die Mundwinkel. «Dann ist er womöglich doch der echte Theophilus.»
    «Nein, denn es gibt mindestens einen Zeugen für die Beerdigung des echten Theophilus», widersprach er. «Den Totengräber. Leider ist er nicht auffindbar. Und abgesehen davon kann man auch Siegel fälschen.» Er dachte mit Ingrimm an das Päckchen, das er im Konvent unter seiner Matratze verbarg und welches unter anderem einen Abguss des Siegels ebenjenes Erzbischofs von Lyon, Philippe III. de Thurey, enthielt.
    «Und was soll nun geschehen?» Mutlos lehnte Marysa sich gegen die kalte Steinwand und verschränkte die Arme vor der Brust.
    «Wir forschen weiter», erklärte Christophorus. «Mir kam da so ein Gedanke. Als ich Euren Gemahl in dieser Seitengasse der Kreme fand, ist er kurz aus seiner Ohnmacht erwacht. Er versuchte, mir etwas zu sagen. Es klang wie der Pfaffe . Ich dachte zunächst, er verlangt nach einem Priester. Aber könnte es nicht auch sein, dass er mir einen Hinweis geben wollte, wer ihn niedergestochen hat?»
    «Der Pfaffe?» Marysa runzelte die Stirn. «Er nannte die Kanoniker immer Dompfaffen. Aber auch Vater Ignatius war für ihn nur der Pfaffe.»
    «Ein durchaus üblicher Ausdruck für einen Geistlichen», bestätigte Christophorus. «Ich dachte auch zunächst an Vater Ignatius. Er war, wenn ich mich nicht irre, am Tag des Unglücks nicht auffindbar. Und niemand wusste, wo er sich aufhielt.»
    «Ja, aber er kam doch wieder», entgegnete Marysa. «Es heißt, er sei mit dem Medicus in Kornelimünster zu einem Krankenbesuch gewesen.»
    «Magister Bertholff bestätigt das. Ich sprach vorgestern mit ihm.» Christophorus ging zum Fenster und warf einen Blick nach draußen. «Kennt Ihr sonst noch einen Geistlichen, den Ihr, abgesehen von dem Domherrn Scheiffart, mit dieser ganzen Sache in Verbindung bringen würdet?»
    «Nein.» Marysa schüttelte den Kopf. «Natürlich kenne ich noch einige Geistliche, schon aus der Zeit, als mein Vater noch mit Reliquien handelte. Damals kamen immer wieder Mönche oder Priester zu uns. Manche reisten von weit her an, um mit ihm Geschäfte zu machen. Auch Scheiffart kam manchmal her und einige andere aus dem Marienstift. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass einer von ihnen Reinold umgebracht hat. Oder Klas.»
    «Richtig, Klas», griff Christophorus den Faden auf. «Wenn wir wüssten, was er wusste, wären wir der Lösung ein gutes Stück näher.»
    «Wir wissen es aber nicht», fuhr Marysa ihn an, atmete jedoch tief durch, um sich zu beruhigen. «Ich werde verrückt hier drin.»
    «Nein, werdet Ihr nicht», widersprach Christophorus. «Ihr haltet Euch erstaunlich tapfer.»
    «Ein Kompliment?» Marysa sah ihn argwöhnisch an.
    Christophorus lächelte schwach. «Gott bewahre! Eine Feststellung. Setzt unseren Waffenstillstand nicht wegen Haarspaltereien aufs Spiel.» Er verließ seinen Platz am Fenster und ging zur Tür. «Euch fällt also zu dem Pfaffen nichts ein?»
    «Nicht das Geringste.»
    «Dann denkt noch einmal darüber nach.» Er pochte gegen die Tür. «Ich werde vor Prozessbeginn nicht mehr herkommen dürfen.»
    Auf dem Gang kamen die Schritte des Wachtmannes näher. Marysa ging zu ihrer Matratze und setzte sich. «Bruder Christophorus?»
    «Hm?» Er sah sie aufmerksam an.
    «Glaubt Ihr, ich komme hier noch einmal heraus?»
    «Ja.» Der Riegel fuhr quietschend zur Seite. «Auf die eine oder andere Weise.»
    «Ich soll Euch vertrauen?»
    «Auf die eine oder andere Weise.»

39. Kapitel
    D as habt Ihr sehr gut gemacht, Meister Goldschläger. Euer Vater wäre gewiss sehr

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