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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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weiterziehen, das nahm er sich fest vor.
    Vielleicht würde er alle zwei oder drei Jahre einmal in Aachen vorbeischauen und nach dem Rechten sehen. Oder gar nur alle sieben Jahre mit dem Strom der Heiltums-Pilger hierherreisen. Damit wäre seinem Gelöbnis Aldo gegenüber Genüge getan. Schließlich bestand seitens des ihm bislang noch unbekannten Vetters keinerlei Bedrängnis mehr, und sowohl Marysa als auch ihre Mutter waren wohl versorgt und würden künftig kaum seiner Hilfe bedürfen. Mit diesem Gedanken schaffte es Christophorus endlich, sich zu entspannen und ein wenig Schlaf zu finden.
***
    «Ihr hättet wirklich die Nacht im Haus Eurer Tochter verbringen sollen», befand Tibor, der, sich wachsam nach allen Seiten umsehend, neben seiner Herrin hereilte. «Die Straßen sind um diese Zeit nicht mehr sicher. Und seht nur, wie viele Pilger überall an den Gassenrändern ihr Nachtlager aufgeschlagen haben.»
    «Nun stell dich nicht an», antwortete Jolánda erheitert. «Die Pilger sind hier, um die Heiltümer zu sehen, nicht um eine arme Witwe zu überfallen.»
    «Also arm seid Ihr ja wohl gewiss nicht», widersprach Tibor. «Ihr habt … Hoppla!»
    Jolánda war plötzlich mitten auf dem Marktplatz stehen geblieben, und Tibor hätte sie beinahe angerempelt.
    «Was ist denn, Herrin?»
    Jolánda blickte angestrengt zu der Stelle, an der die Großkölnstraße in den Marktplatz einmündete. «Schau mal, Tibor. Dort liegt doch jemand.»
    Tibor blickte nun ebenfalls in die Richtung und zuckte mit den Schultern. «Noch ein Pilger, der keinen Platz mehr in den Herbergen gefunden hat. Oder ein Saufbold», fügte er grimmig hinzu. «Lasst uns weitergehen.»
    Doch Jolánda steuerte bereits auf den offenbar bewusstlosen Mann zu. «Das sieht mir nicht nach einem Saufbold aus, der gestürzt ist», sagte sie. «Und die Pilger legen sich nicht mitten auf die Straße … Ach herrje!» Einen Moment lang starrte sie auf den Fremden hinab, dann ging sie neben ihm in die Knie. «Tibor, leuchte mir mit der Fackel! Der Mann ist verletzt! Siehst du, er blutet aus einer Kopfwunde.»
    Tibor trat näher und hielt die Fackel so, dass Jolánda besser sehen konnte, dann stieß er einen leisen Pfiff aus.
    «Sieht aus, als wäre er überfallen worden, Herrin.»
    Jolánda nickte und tastete über das Gesicht und den Hals des bewusstlosen Mannes. «Gottlob, er lebt noch!» Sie blickte zu Tibor auf. «Wir müssen ihn von hier fortbringen und seine Wunde versorgen. Vielleicht braucht er einen Arzt.»
    Tibor beugte sich über den Mann. «Er ist ohnmächtig, Herrin. Wie sollen wir ihn denn transportieren? Wir müssen nach dem Nachtwächter Ausschau halten.»
    «Bis der hier vorbeikommt, kann es lange dauern», widersprach Jolánda und blickte erneut besorgt auf den Mann hinab. Er war, soweit sie erkennen konnte, sehr groß und kräftig. Sein dichtes dunkelblondes und an den Schläfen schon leicht ergrautes Haar lockte sich bis auf seinen Kragen und war am Hinterkopf blutverschmiert. Seine Kleidung sah aus wie die eines wohlhabenden Kaufmanns oder Handwerkers, was sie in der Annahme bestärkte, dass er wohl einem Raubüberfall zum Opfer gefallen war. Sie rüttelte ihn leicht an der Schulter.
    «Herr? Herr, wacht auf! Wir möchten Euch helfen, aber Ihr müsst aufwachen, damit wir Euch fortbringen können», redete sie leise, aber eindringlich auf ihn ein.
    Bardolf spürte den harten Boden unter sich und hörte Stimmen in der Nähe, dann rüttelte ihn jemand, was seinem geschundenen Kopf nicht eben guttat. Er stöhnte leise und versuchte die Augen zu öffnen.
    «Er wacht auf!», hörte er eine angenehme, jedoch besorgt klingende Frauenstimme mit ungarischem Akzent sagen. «Herr, macht die Augen auf und sagt uns, dass Ihr aufstehen könnt!»
    Bardolf stöhnte erneut, als er wieder an den Schultern gerüttelt wurde, dann schaffte er es, die Augenlider aufzuschlagen. Das Erste, was er sah, war ein Engel.
    «Gott und allen Heiligen sei Dank!» Jolánda strahlte ihn an. «Könnt Ihr aufstehen, Herr? Wir helfen Euch.»
    Bardolf starrte sie einen Moment lang sprachlos an. Der Engel, denn nur ein solcher konnte dieses wunderbare grünäugige Wesen sein, erhob sich und reichte ihm eine Hand. Die Flammen der Fackel, die der schwarzhaarige ältere Knecht neben ihr trug, erhellten ihr herzförmiges, sanftes Gesicht auf geradezu magische Weise und ließen ihr rotbraun schimmerndes Haar, das sie in einer hübschen Haarnetzhaube gebändigt hatte, aufleuchten.
    Er

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