Die Stadt der Heiligen (German Edition)
Eheschließung besiegelten. Ich hätte es weitaus schlimmer treffen können. Unsere Ehe war vielleicht nicht von leidenschaftlicher Liebe geprägt, wie man sie sich als junges Mädchen gerne erträumt, aber durch Freundschaft und gegenseitigen Respekt. Und das ist doch mindestens ebenso gut, nicht wahr?»
Bardolf blickte sich in der gemütlichen und mit teuren gepolsterten Sitzmöbeln ausgestatteten Stube um. «Da mögt Ihr recht haben, Frau Jolánda. Doch nun sollte ich mich wirklich auf den Heimweg machen.»
«Ja, das solltet Ihr wohl. Eure Gemahlin wird sicherlich schon in Sorge um Euch sein. Grüßt sie bitte von mir.» Jolánda begleitete ihn noch bis zur Tür. «Auch wenn die Umstände nicht sehr angenehm waren, habe ich mich doch gefreut, Eure Bekanntschaft zu machen, Meister Goldschläger.»
«Diese Freude ist ganz auf meiner Seite, Frau Jolánda», antwortete Bardolf und bewunderte insgeheim noch einmal die offene Herzlichkeit, mit der sie ihn in ihrem Haus aufgenommen, verarztet und bewirtet hatte. Das Licht der kleinen Öllampe, die sie in der Hand hielt, ließ ihre Augen katzenhaft aufleuchten und brachte eine Saite in ihm zum Klingen, die er bislang noch gar nicht gekannt hatte. «Wenngleich die einzige Person, die mich erwartet, mein alter Hausknecht Wernher ist. Er hat es sich zur Gewohnheit gemacht, aufzubleiben, bis ich heimkehre, wenn ich abends noch in Geschäften ausgehe. Weib und Kinder waren mir bislang leider verwehrt, denn erst, seit ich Vaters Werkstatt übernommen habe, bin ich Meister und habe damit ein Auskommen, das es mir ermöglichen würde, eine Familie zu gründen.» Etwas verlegen hielt er inne, dann wechselte er rasch das Thema: «Ich möchte Euch noch einmal danken und Euch versichern, dass Ihr Euch, solltet Ihr einmal Hilfe benötigen, immer an mich wenden dürft.»
«Das ist sehr freundlich von Euch.» Jolánda nickte ihm zu und bemühte sich um eine gleichmütige Miene, obgleich ihr Herz mit einem Male deutlich schneller schlug. Rasch und bevor sie der Mut verließ, setzte sie hinzu: «Allerdings hoffe ich, dass unsere Bekanntschaft sich nicht nur in unerfreulichen Ereignissen fortsetzt, Meister Goldschläger. Denn davon haben wir weiß Gott derzeit genug.»
«Habt Ihr Probleme?» Bardolf, der sich bereits zum Gehen gewandt hatte, drehte sich noch einmal um.
Jolánda hob die Schultern. «Es sollte sich doch bereits herumgesprochen haben, dass der Gemahl meiner Tochter in der Acht festgesetzt wurde. Zu Unrecht, wie ich betonen möchte.»
Vor Überraschung wäre Bardolf beinahe der Mund offen stehengeblieben. «Meister Markwardt ist Euer Schwiegersohn?» Er schüttelte den Kopf. «Verzeiht, ich bin ja noch nicht lange wieder hier und … nun ja, ich hatte nicht erwartet, dass Ihr bereits eine verheiratete Tochter habt.»
Jolándas Lippen verzogen sich trotz des unerfreulichen Themas zu einem amüsierten Lächeln. «Marysa wird im Dezember neunzehn Jahre alt. Seit etwas über einem halben Jahr ist sie mit Reinold Markwardt verheiratet. Sie … aber das ist eine andere Geschichte.»
Bardolf bemühte sich, diese Information zu verdauen. «In diesem Fall stehe ich Euch natürlich erst recht zur Verfügung. Es würde mich außerordentlich freuen, Euch beistehen zu dürfen. Ich habe natürlich von Meister Markwardts Verhaftung gehört, da ich heute einer Sitzung des Stadtrats beiwohnen durfte», setzte er erklärend hinzu. «Er wird des Handels mit gefälschten Reliquien beschuldigt?»
Jolánda nickte düster. «Und des Mordes an seinem Gesellen Klas.»
«Das ist schlimm. Vielleicht wäre es gut, wenn ich Euch morgen im Laufe des Vormittags noch einmal aufsuche. Natürlich nur, wenn es Euch recht ist. Dann können wir darüber sprechen.»
Jolánda schüttelte bedauernd den Kopf. «Das ist leider nicht möglich. Morgen wird Klas beerdigt, und ich muss selbstverständlich meiner Tochter zur Seite stehen.»
Bardolf nickte verständnisvoll. «Dann übermorgen?»
13. Kapitel
M it einem dumpfen Klacken stellte Marysa den Eimer voll Seifenlauge in Klas’ Kammer ab. «Fita, du ziehst das Bett ab. Imela, du bringst die Wäsche umgehend zu Lise, der Wäscherin. Die Matratze tragen wir nachher gemeinsam hinunter in den Hof und werfen sie auf den Misthaufen.» Sie tauchte einen Putzlumpen in den Eimer und machte sich daran, die kleine Wäschetruhe innen und außen zu reinigen. Die beiden Mägde befolgten ihre Anweisungen, und nachdem sie die Matratze, auf der der Geselle aufgebahrt
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