Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
vorsichtig und ließ sich, nachdem auch Jolánda sich wieder gesetzt hatte, auf einem der Schemel nieder.
    Marysa zuckte nur mit den Schultern. «Ich traue ihm nicht. Auch wenn er ein Diener Gottes ist … Er hat mir in der kurzen Zeit unserer Bekanntschaft zu viele verschiedene Gesichter gezeigt. Er ist mir einfach suspekt, und ich wäre froh, ihm nicht mehr begegnen zu müssen.»
    «Bruder Christophorus handelt mit Ablassbriefen», fügte Jolánda milde lächelnd an. «Meine Tochter hält nicht viel davon.»
    «Mutter!» Erschrocken blickte Marysa auf.
    Bardolf nickte ernst. «Mir geht es ähnlich. Obwohl mir die Tatsache, dass er zudem ein Inquisitor sein soll, wesentlich unangenehmer ist. Diese Männer verstehen meist keinerlei Spaß. Deshalb wundere ich mich, wie offen er eben zu uns sprach. Ganz und gar ungewöhnlich für einen Mann seines Schlages, will ich meinen.»
    «Genau das denke ich auch», bestätigte Marysa. «Doch nun sollten wir uns angenehmeren Dingen zuwenden.» Um endgültig von dem Thema abzulenken, stimmte sie eine fröhliche ungarische Weise an, in die ihre Mutter nach wenigen Versen mit einfiel.
    Doch kaum hatten sie das Lied beendet, als es von der Hintertür des Hauses her laut polterte. Reinold kam in den Hof. Offenbar war er gerade aufgestanden, denn er trug über seiner Bruch nur eine Schecke, jedoch kein Hemd oder Wams. Verdrießlich strich er sich die zerzausten Haare glatt, die ihn zusammen mit dem seit Tagen unrasierten Bart nicht gerade ansehnlich aussehen ließen.
    «Was soll das? Wer jault denn da so gotterbärmlich? Marysa, bist du das? Hör sofort auf damit! Dieses Klimperding muss aus dem Haus! Das ist ja zum Verrücktwerden.»
    Marysa sprang erschrocken auf, als Reinold ihr die Laute grob aus der Hand riss und damit zum Tor ging.
    «Meister Reinold, was tut Ihr denn da?», protestierte sie und rannte hinter ihm her. «Gebt mir meine Laute zurück!»
***
    Christophorus hatte die Arme in den Ärmeln seiner Kutte verschränkt, sodass man seine geballten Fäuste nicht sehen konnte. Er ärgerte sich maßlos über die kühle und beinahe arrogante Art, mit der Marysa ihn ihres Hofes verwiesen hatte. Bislang hatte er sich eingebildet, eine besonders einnehmende Natur zu besitzen, mit deren Hilfe er sich jeden Menschen wohlgesinnt machen konnte. Doch bei dieser Frau biss er immer wieder auf Granit. Fast kam es ihm vor, als ahne sie sein Geheimnis.
    Nein, das war Unsinn. Aldo war der einzige Mensch, der es je herausgefunden hatte. Hätte er seiner Schwester in seinem Abschiedsbrief davon erzählt, was ihm Christophorus freigestellt hatte, dann würde sie sich anders verhalten, ihn womöglich besser verstehen. Oder aber, so argwöhnte er mittlerweile, sie würde ihn noch mehr verabscheuen, als sie es so schon tat. Nein, sie wusste nichts davon; Aldo hatte das Geheimnis mit ins Grab genommen, und das würde Christophorus ebenfalls tun.
    Aber sie war auf eine Art misstrauisch, die es ihm unmöglich machte, zu ihr durchzudringen. Aber – wollte er das überhaupt? Um sein Versprechen zu erfüllen, musste er schließlich nicht Freundschaft mit ihr schließen. Und wenn sie keinen Wert darauf legte, dass der Mord an dem Gesellen Klas aufgeklärt wurde, war das nicht seine Sache.
    Er war noch nicht weit vom Haus entfernt, als er meinte, erneut Lautenklänge zu vernehmen. Unvermittelt blieb er stehen und lauschte. Dabei musste er mehrmals Bauern mit Handkarren oder kleineren Fuhrwerken Platz machen, die sich über den staubigen Büchel schoben.
    Plötzlich vernahm er einen entsetzten Aufschrei und beobachtete, wie Reinold Markwardt, nur dürftig bekleidet und mit verkniffener Miene, auf die Gasse trat. In der Hand hielt er Marysas Laute. Marysa folgte ihm auf dem Fuße und versuchte, das Instrument wieder an sich zu bringen. «Hört auf, Meister Reinold!», rief sie sichtlich aufgebracht. «Gebt sie mir zurück; sie gehört Euch nicht!»
    Christophorus wich hinter den Stamm einer großen Eiche zurück und beobachtete die Szene.
    Ohne auf Marysas Protest zu achten, sprach Reinold wahllos einige Passanten an und drückte schließlich einem jungen Mann, wohl einem Handwerksgesellen, das Instrument in die Hand. Dann drehte er sich um und stapfte ohne ein Wort wieder zurück zum Hoftor. Marysa zerrte er dabei unsanft hinter sich her.
    Sie riss sich jedoch los und wollte den jungen Mann aufhalten. Reinold packte sie erneut und schüttelte sie heftig. «Geh zurück ins Haus, Weib!», brüllte er,

Weitere Kostenlose Bücher