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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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eingehen. Und er sollte verflucht sein, wenn er auch nur einen Augenblick Zeit verschwendete.
    Ungeachtet ihres noch immer währenden Zornausbruchs stand er auf und trat ihr in den Weg. «Frau Jolánda?»
«Was?» Mit blitzenden Augen blieb sie vor ihm stehen. «Ihr solltet Euch nun beruhigen, finde ich.»
    «So, findet Ihr? Wenn mein Schwiegersohn meine Tochter behandelt wie ein Stück Dreck, soll ich ruhig dabei zusehen?»
    «Mutter, lass gut sein», warf nun auch Marysa ein. «Du kennst ihn doch. Und wir wissen beide, dass er Musik verabscheut. Es war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas passieren musste.»
    «Du nimmst ihn doch wohl nicht in Schutz?»
    Marysa seufzte. «Nein, das tue ich ganz sicher nicht. Aber ich kann ihn nicht ändern, ganz gleich, was ich sage oder über ihn denke.»
    Jolánda starrte ihre Tochter entrüstet an, doch als sie den Ausdruck in Marysas Augen erkannte, fiel mit einem Mal alle Wut von ihr ab. Sie setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm. «Ach, Marysa, mein liebes Kind.»
    Obwohl Marysa die Umarmung nicht erwiderte, wiegte Jolánda sie leicht hin und her. «Die Laute hat dein Vater dir geschenkt. Reinold hätte sie dir nicht fortnehmen dürfen.»
    Marysa schob ihre Mutter ein Stück von sich. «Er hat es aber getan, und ich habe es nicht geschafft, ihn davon abzuhalten. Lass mich jetzt bitte eine Weile allein.»
    Jolánda nickte zögernd und stand wieder auf. «Wir könnten eine andere Laute besorgen oder versuchen, deine wiederzubekommen.»
    «Nein. Nein, Mutter, das möchte ich nicht.» Marysa erhob sich ebenfalls und ging zur Stubentür. «Verzeiht, Meister Goldschläger, dass Ihr in diese Angelegenheit hineingeraten seid.» Sie lächelte schwach. «Entschuldigt mich bitte.»
    Als die Tür hinter ihr zuklappte, schlug Jolánda die Hände vors Gesicht. Sie weinte jedoch nicht, sondern rieb sich nur müde die Augen. «Sie hätte ihn nicht heiraten dürfen. Wenn die Lage nicht so schwierig gewesen wäre … Ihr Vater hätte es nicht gutgeheißen, aber es blieb ihr ja keine andere Wahl. Sie hat sich sehr verändert im vergangenen Jahr. Früher war sie …»
    «Mehr wie Ihr?» Bardolf lächelte.
    «Aber jetzt …»
    «Sie hat versucht, ihn zurückzuhalten.»
    Jolánda nickte langsam. «Zum ersten Mal. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie erleichtert ich darüber bin.» Beschämt ließ sie die Hände wieder sinken. «Es tut mir leid, Meister Goldschläger. Ihr müsst ja annehmen, unsere Familie sei nicht ganz bei Trost.» Sie stand auf und ging ebenfalls zur Tür. «Sicherlich möchtet Ihr nun gehen.»
    Bardolf lächelte über den plötzlichen Umschwung ihrer Stimmung und ihre offensichtliche Verlegenheit. Ja, er war sich ganz sicher. Entweder er würde sie für sich gewinnen oder für immer Junggeselle bleiben.
    «Ihr hattet mich vorgewarnt, wenn Ihr Euch erinnert», sagte er und ging einen Schritt auf sie zu. «Und gehen möchte ich äußerst ungern, wenngleich mich die Arbeit in meine Werkstatt zurückruft.»
    Jolánda blickte überrascht zu ihm auf, als sie seinen veränderten Tonfall bemerkte.
    «Falls Ihr mich dennoch fortschickt, werde ich dies zwar sehr bedauern, mich jedoch umgehend Eurem Wunsch fügen.»
    Der sehnsüchtige Ausdruck, mit dem er ihren Blick auffing und festhielt, ließ ihr Herz schneller schlagen. «Ich sagte nicht, dass Ihr gehen müsst. Ich meine … Ich möchte nicht …» Ihre Zunge schien plötzlich wie verknotet zu sein. Noch niemals hatte ein Mann diese Wirkung auf sie ausgeübt. Während sie noch fieberhaft überlegte, was sie als Nächstes sagen oder tun sollte, hatte er bereits seine Hände auf ihre Schultern gelegt und sie sanft zu sich herangezogen.
    «Ich bin wirklich froh, dass Ihr mich nicht fortschickt. Dann hätte ich nämlich eine Ausrede finden müssen, die mich daran hindert, Euch zu verlassen.»
    Ihr stockte der Atem unter seinem intensiven Blick, und noch immer versagte ihre Zunge ihr den Dienst.
    «Ihr habt wunderschöne Augen, Frau Jolánda.» Er lächelte, und obwohl er das Gefühl hatte, die Muskeln in seinen Beinen würden sich nach und nach auflösen, fühlte er sich doch von der Art, wie sie seinen Blick erwiderte, ermutigt. «Sie spiegeln Eure Seele wider», fuhr er fort. «Und Euer Temperament.»
    Nun stahl sich doch ein Lächeln auf ihre Lippen, und der Knoten in ihrer Zunge löste sich. «Ein böses Temperament, sagen die Leute.»
    «Aufregend würde ich es nennen.» Er lächelte zurück. «So schlimm war es nun auch

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