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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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näher.
    «Schnipsel von Fingernägeln», erklärte diese und ließ nun auch ihre Mutter einen Blick auf den Beutelinhalt werfen.
    «So viele?», wunderte diese sich. «Wie kann das sein?»
    Marysa stieß verächtlich die Luft aus. «Nichts leichter als das, Mutter. Bedenk doch, Schnipsel von Fingernägeln kann man endlos sammeln, denn sie wachsen immer wieder nach.»
    «Woher habt ihr dies?», fragte Christophorus den Goldschmied, woraufhin Bardolf ihm kurz von dem Vorfall in der Großkölnstraße berichtete. «Als ich aufstand, fand ich den Beutel. Da ich darauf lag, haben ihn die Männer wohl übersehen. Und wenn dieser Pilger, von dem Ihr spracht, die Knochensplitter ebenfalls dort gefunden hat, müssen sie sie in der Eile übersehen haben.»
    «Würdet Ihr die Männer wiedererkennen?»
    «Nein.» Bedauernd schüttelte Bardolf den Kopf. «Es war dunkel, und die beiden trugen Kapuzen. Der, der mich niedergeschlagen hat, ist eher klein und schmächtig. Deshalb hätte ich auch niemals mit einem Angriff gerechnet. Aber mehr kann ich leider nicht dazu sagen.»
    «Schade.» Enttäuscht wandte sich Christophorus wieder an Marysa. «Es scheint also tatsächlich jemanden zu geben, der in großem Umfang mit falschen Reliquien handelt. Wie kommt es, dass bisher noch niemand darauf aufmerksam geworden ist?»
    «Vermutlich, weil derzeit Aachen von Pilgern geradezu belagert wird. Und es kommen noch mehr, Bruder Christophorus. Während der Kirmestage werden Zehntausende die Stadt bevölkern. Unter ihnen gibt es auch unzählige Reliquienhändler.» Marysa verzog das Gesicht. «Zwar haben die Kaufleute von Aachen stets Vorrang, doch während der Kirmes ist es auch allen auswärtigen Händlern jedweden Gewerbes erlaubt, ihre Waren hier zu verkaufen. Anders könnte die Stadt auch gar nicht die Versorgung der vielen Menschen gewährleisten. Aber Ihr müsst zugeben, dass es schlicht unmöglich ist, während des Jahrmarkts den Überblick zu bewahren. Ich denke, das werden die Fälscher für sich ausnutzen.»
    «Und was wollt Ihr nun tun?», fragte Christophorus.
    Marysa sah ihn überrascht an. «Sollte ich denn etwas tun?»
    «Wollt Ihr Euch gegen die unlautere Konkurrenz nicht zur Wehr setzen?»
    Marysa schüttelte den Kopf. «Ihr wisst doch, dass wir nicht mehr im Reliquienhandel tätig sind. Mein Gemahl ist gestern wieder aus der Haft entlassen worden. Ich denke, wir sollten die Sache nun ruhen lassen.»
    «Und was ist mit dem Mord an Klas?»
    Marysa biss sich auf die Unterlippe. Das hatte sie sich auch schon gefragt. Durfte man den Mord an dem Gesellen ungestraft lassen? Aber gab es überhaupt eine Möglichkeit, den Mörder jetzt noch zu finden? Und war es nicht besser, sich herauszuhalten und zu ihrem ruhigen Leben zurückzukehren?
    «Die Schöffen werden sich darum kümmern», sagte sie schließlich lahm. «Habt Dank für die Mühen, die Ihr auf Euch genommen habt, Bruder Christophorus. Aber ich glaube, wir werden Eure Hilfe nun nicht mehr benötigen.»
    Christophorus war überrascht. So eindeutig hatte man ihm schon lange nicht mehr ins Gesicht gesagt, dass er unerwünscht sei. Und es ärgerte ihn, dass er sich darüber ärgerte.
    Mit einem steifen Lächeln verneigte er sich. «Dann verabschiede ich mich nun und wünsche Euch alles Gute, Frau Marysa. Und Euch, Frau Jolánda, natürlich ebenso. Gestattet, dass ich Euch vor meiner Abreise nach der Kirmes noch einmal aufsuche. Ihr wisst, dass ich Aldo versprochen habe, mich zu vergewissern, dass es Euch wohl ergeht. Ich möchte mein Wort nicht brechen.»
    «Gewiss. Ihr seid jederzeit willkommen», sagte Jolánda freundlich und kam damit einer wesentlich abweisenderen Antwort ihrer Tochter zuvor.
    Marysa warf ihrer Mutter einen ärgerlichen Seitenblick zu, nickte jedoch. «Um dem Letzten Willen meines geliebten Bruders Genüge zu tun, dürft Ihr uns selbstverständlich besuchen», sagte sie. «Doch wie Ihr ja nun wisst, fehlt es uns an nichts, sodass Ihr ohne Gewissensbisse Eurer Wege ziehen dürft.»
    «Nun denn. Darf ich dies an mich nehmen?», fragte er Bardolf und deutete auf den Beutel mit den Fingernägeln.
    Bardolf nickte. «Sicher. Ich wüsste nicht, was ich damit anfangen sollte.»
    Christophorus verneigte sich noch einmal und ging dann mit energischen Schritten davon.
    Marysa setzte sich zurück auf die Bank in der Laube, griff nach ihrer Laute und klimperte ein wenig darauf herum.
    «Es scheint, als wäret Ihr dem Dominikaner nicht eben wohlgesinnt», sagte Bardolf

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