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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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wieder nicht.»
    «Oh, das eben war noch gar nichts», antwortete sie. «Wenn ich wirklich wütend werde, werfe ich mit Gegenständen.»
    Bardolf lachte leise. «Das würde ich gerne einmal erleben.»
    Jolánda schüttelte den Kopf. «Nein, glaubt mir, das wollt Ihr nicht.»
    «Doch, das will ich.» Er zog sie ganz nah an sich. «Allerdings werde ich mich bemühen, nicht zu oft selbst das Ziel Eures Zornes zu werden. Schickt Ihr mich nun doch fort?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Nein, ich … Ihr macht mir den Hof?»
    «Das hatte ich im Sinn.» Als er die Überraschung in ihren Augen sah, strich er ihr sanft eine kleine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Haarnetz gestohlen hatte. «Ich weiß, dass Ihr viele Jahre glücklich verheiratet wart, ich hingegen habe bislang auf dem Gebiet der Ehe keine Erfahrungen sammeln dürfen …»
    «Oder müssen», fügte sie etwas atemlos hinzu.
    Er nickte mit einem ernsten Lächeln. «Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und möchte Euch, obwohl ich vor Eurem bösen Temperament gewarnt bin, um Eure Hand bitten.»
    Da sie ihm nun sehr nahe war, spürte er ihren Herzschlag an seiner Brust.
    «Wir kennen uns kaum, Meister Goldschläger», wandte sie ein.
    «Das lässt sich ändern, Frau Jolánda.» Nun umfasste er ihr Gesicht mit beiden Händen. «In einer angemessenen Verlobungszeit von, sagen wir, sechs Wochen wird es reichlich Gelegenheit geben, einander kennenzulernen.» Er näherte sich langsam ihrem Gesicht. «Um der Sache schon etwas vorzugreifen, möchte ich gerne hiermit beginnen.» Er senkte seine Lippen auf die ihren, verharrte einige Augenblicke und genoss den Aufruhr, den die zarte Berührung in seinem Inneren auslöste.
    Jolánda hatte das Gefühl, überall am Körper von einem Zittern erfasst zu werden, das sie taumeln ließ. Deshalb umfasste sie rasch Bardolfs Schultern und hielt sich daran fest. Und dann erwiderte sie seinen Kuss.
***
    Nein, sie würde ihre Laute nicht zurückfordern. Der erste Schreck über Reinolds Verhalten war vorüber, und sie wusste genau, dass es nur Unfrieden geben würde, wenn sie das Instrument noch einmal erwähnte. Andererseits kam es ihr falsch vor, den Frieden im Hause mit unterwürfiger Hinnahme seiner Launen zu bezahlen. Wie lange würde sie das noch aushalten?
    Reinold war kein gewalttätiger Mann, dennoch war er sehr wohl in der Lage, sie durch seine Geringschätzung und seine Art, sie wie ein Möbelstück zu behandeln, zu verletzen. Ob er sich dessen überhaupt bewusst war, konnte sie nicht mit Sicherheit sagen. Was sie jedoch ganz gewiss in sich spürte, war Zorn. Zorn auf Reinold, der ihr seinen Willen aufzwang, und Zorn über sich selbst, dass sie sich nicht schon längst dagegen gewehrt hatte.
***
    Nachtragend war Reinold nicht, deshalb war Marysa auch nicht überrascht, als er sie in dem kleinen Kontor hinter dem Lagerraum aufstöberte, in das sie sich zurückgezogen hatte, um sich zu beruhigen.
    «Marysa? Trägst du die letzten Posten in die Rechnungsbücher ein?» Reinold legte eine Wachstafel auf das kleine kastenartige Schreibpult. «Jetzt, wo Klas nicht mehr da ist, musst du das übernehmen, bis ich einen neuen Gesellen gefunden habe. Der große Schrein ist so gut wie fertig und kann in den nächsten Tagen abgeholt werden. Ach, und draußen steht ein Bursche und fragt nach einem Meister Goldschläger. Der soll hier sein. Weißt du, wen er meint?»
    Marysa stand rasch auf. «Ja. Meister Goldschläger ist ein Bekannter meiner Mutter und kam vorhin, um sich nach unserem Befinden zu erkundigen. Er sitzt mit Mutter in der Stube.»
    «Warum hast du mir nichts gesagt?» Reinold schüttelte tadelnd den Kopf. «Na, jedenfalls behauptet der Bursche, sein Herr werde dringend in seiner Werkstatt erwartet.»
    «Ich gehe und sage ihm Bescheid.» Rasch schob sich Marysa an ihrem Gemahl vorbei und ging den schmalen Korridor entlang zur Stube. Die Worte blieben ihr jedoch vor Überraschung im Halse stecken, als sie die Tür öffnete und ihre Mutter und den Goldschmied in einen innigen Kuss vertieft vorfand.
    «Ver … Verzeihung», stammelte sie.
    Obgleich Jolánda erschrocken zusammenzuckte, hielt Bardolf sie weiter fest, nachdem sich ihre Lippen voneinander gelöst hatten, und lächelte Marysa freundlich an. «Kein Grund, rot zu werden, meine Liebe», sagte er mit einem schalkhaften Zwinkern. «An diesen Anblick werdet Ihr Euch alsbald gewöhnen, das verspreche ich Euch.» Aus seinem Lächeln wurde ein breites Grinsen.

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