Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
“ fragte Phine.
„Vor langer Zeit lernte ich diesen Ort zu bewahren, doch bevor ich mit ihm vertraut war, verließ ich ihn wieder. Ich bin nicht ganz sicher … Wir können die Kraft dieser Orte verknüpfen …“ Sie schloss ihr Auge und überlegte kurz, dann sprach sie weiter. „Wiederhole meine Worte. Kres´te, dam Mi´na ata. Kres´te.“ Wachse, gib mir deine Hand. Wachse.
„Kres´te, dam Mi´na ata. Kres´te.“ Phine hörte sich selbst zu und fragte sich spöttisch, ob Feodor sie für vollkommen verrückt hielt. Ein Ruck ging durch den See. Wellen brachen sich an seinem Ufer, aber das Bild von der Warte blieb unverändert scharf. Phine spürte ein Kribbeln in den Fingern. Ihr Herz klopfte aufgeregt. Lume´tai rekelte sich und ein Engelslächeln huschte über ihr Gesicht. Waldo´ria beruhigte sich und das Wasser glich einem Spiegel. Erol´de lächelte nun auch und ihr entstelltes Gesicht, das Phine so einen Schrecken eingejagt hatte, wurde weich und ließ einen Teil ihrer ehemaligen Schönheit erstrahlen.
„Wir haben es geschafft.“
„Es sieht so aus“, bestätigte Phine.
„Dann müssen wir jetzt gemeinsam den Spiegel Latar’ria rufen. Sprich mir wieder nach.
Suro´re a méa, en es´te Pal´dor, arate Ogli´ne. Arate Latar´ria.“ Schwester Quell mein, der in Pal´dor liegt, zeige dich Spiegel. Zeig dich Latar´ria.
Phine wiederholte und Erol´de fiel in ihren letzten Satz mit ein. „Arate Latar´ria.“
Lume´tai greinte im Schlaf. Ihr Gesicht zog sich zusammen und sie warf ihren Kopf auf die andere Seite. Sie zog die Beinchen an und schob sie dann mit einem Ruck nach unten. Ihre Arme ruderten in der Luft. Dann fand sie ihren Daumen und schob ihn in den Mund. Zweimal schmatzte sie laut, dann entspannten sich ihre Züge und sie nuckelte zufrieden.
„Schau“, flüsterte Feodor und starrte gebannt in den See.
Kleine Lichtpunkte waren zu sehen, und wenn man genau hinsah, dann erkannte man im dunklen Teich eine Spiegelung. Aber Waldo´ria spiegelte nicht die Weide und die paar Büsche, die um sie herum standen, sondern einen Wald in dessen Astgewirr, wie an einem klaren Nachthimmel die Sterne, Lichtlein glühten. Leise Stimmen sangen unbekannte Lieder und dann sah Phine auch die Schatten der Gestalten, die am Ufer von Latar´ria auf Ala´na warteten. Ein tiefes Seufzen ging durchs Wasser. Wellenkreise breiteten sich erst klein und sacht, dann aber immer intensiver und kräftiger zum Ufer hin aus.
Phine zitterte am ganzen Körper. Feodor legte ihr sanft den Arm um die Schultern, aber sie konnte nicht aufhören zu zittern. Ganz leise, wie ein Windhauch in den Zweigen, hörte sie Ala´nas Stimme. „Ich danke euch.“
Doch fast im gleichen Augenblick kreischte eine andere Stimme. Phine hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu, bis ihr klar wurde, dass sie diese Töne nicht mit ihren Ohren wahrnahm.
„Zeig dich!“, brüllte die Stimme. „Ich werde dich vernichten.“ Zwei schwarze, kalte Augen erschienen im See.
Phine konnte sich in ihrem Grauen nicht abwenden.
„Weck sie, sofort“, rief sie verzweifelt.
Feodor hob Lume´tai aus ihrem Wägelchen und hielt sie Aufrecht vor sich. Ihr kleiner Körper bäumte sich auf, Feodor rüttelte sie leicht.
„Jetzt weiß ich, wo du bist“, zischte die Stimme.
Mit einem krächzenden Schrei erwachte Lume´tai. Das Bild verschwand, aber Waldo´ria warf aufgewühlten Schlamm ans Ufer.
Josephine weinte. Lume´tai weinte. Feodor nahm beide in seine Arme und wiegte sie wie ein Baum seine Äste. Als Phine sich wieder unter Kontrolle hatte, legte er ihr Lume´tai in den Arm. „Wir müssen zurück.“
Schweigend gingen sie über die Wiese. Schweigend folgten sie dem Pfad an der Mauer entlang. Schweigend betraten sie das Haus. Lume´tai starrte sie mit großen Augen an. Feodor schob Phine und das Kind in die Geborgenheit des Sessels und verschwand im Schuppen. Kurze Zeit später hörte Phine, wie er das Haus verließ. Sie sah Lume´tai an. „Wir haben es geschafft“, sagte sie. „Ala´na ist wieder in Sicherheit, aber wir müssen fliehen. Wenn er uns findet, wird er uns töten.“
Lume´tai strampelte mit den Beinchen.
Phine atmete hörbar aus. Ihr Herz lag schwer in der Brust, aber sie lächelte das Kind an. „Wir werden auf dich aufpassen“, versprach sie. „Noch hat er uns nicht und so leicht, wie er glaubt, wird er uns nicht finden.“
Als sie Lume´tai in ihre Wiege legte, um Vorbereitungen für die Flucht zu treffen, merkte sie, wie
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