Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
Bibliothek standen drei Sessel nahe dem Fenster und ein großer blanker Tisch, auf dem Schreibfedern und ein Tintenfass bereitstanden. An der Wand hinter dem Tisch befand sich ein Regal, in dem Schriftrollen aus Tierhäuten und Pergament aufbewahrt wurden.
Philip ließ diese Pracht auf sich wirken. Sicherlich war die Bibliothek in Wilhelmus umfangreicher, doch diese Bücher hier warteten alle nur auf ihn.
Die Bücher, mit denen er anfangen musste, standen in der zweiten Reihe von links. Wenn er sie gelesen hatte, würde er sich alle anderen Geschichtsbücher vornehmen, wie er es Theophil versprochen hatte. In der Schublade des Schreibtisches entdeckte er einen Stapel Pergament. Es war nicht hochwertig, aber sehr brauchbar, um etwas darauf zu vermerken. Philip ging an den Regalen entlang und ließ seine Finger über die Buchrücken gleiten. Am Fenster blieb er stehen, schaute in den Innenhof hinunter, ehe er sich abwandte und wahllos ein Buch aus der Regalreihe zog.
Als er sich nach Stunden aus den Fesseln der Buchstaben befreite und aufsah, wusste er für einen Moment nicht, wo er war. Nichts erinnerte an den Dachboden, auf dem er normalerweise Bücher studierte. Bücher die Theophil ihm mitgegeben hatte. Er schlug das Buch zu und überließ sich seinen Gedanken und Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit. An flirrenden Staub in spärlichem Sonnenlicht das durch die Dachluke drang. An das Geräusch seiner Mutter in der Küche. Den Lärm seiner Brüder im Haus. An das Leben in Waldorias Straßen und den Duft von Feuer und Essen, der durch die Ritzen im Mauerwerk drang.
Sein Magen knurrte laut. So laut, dass er das leise Anklopfen fast nicht hörte. Ein blasses Mädchen streckte den Kopf zur Tür herein und sagte ihm, dass das Mittagessen aufgetragen sei.
Die ganze erste Woche verbrachte Philip seine Zeit von morgens bis abends in der Bibliothek, er versank in den Büchern und ließ sich nur zu den Mahlzeiten im Haus sehen. Er las Berichte von Zeitzeugen. Er las die Steuerbücher jener Zeit, aus denen er die Anzahl der Bauernhöfe in der Säbelau erfuhr. Er las von dem Leben bei Hofe in Corona. Manchmal verlor er dabei den Zweck seiner Studien aus den Augen. Er stellte fest, dass Recht und Gerechtigkeit oft nicht miteinander verflochten waren. Er las von Missgunst und Eitelkeit, Neid und Intrigen. Er fand heraus, dass König Philmor es nicht selten anderen überließ, sich um das zu kümmern, wozu er keine Lust hatte. Hinter seinem Rücken bereicherten sich einige Grafen in seinem Namen.
Der reine Wahnsinn musste ihn geritten haben, als er den Sohn des Kaisers aus Mendeor nicht empfing. Das dieser danach in einen Hinterhalt geriet und ermordet wurde, war der Auslöser für den Krieg. Philip fand nichts, was darauf hindeutete, dass Philmor irgendetwas mit der Ermordung zu tun gehabt haben könnte, aber das war in Anbetracht des Unglücks, das dadurch über Ardelan hereinbrach, auch nicht relevant. Dass die ersten Kriegsjahre schlecht für Ardelan verliefen, war nicht zuletzt Philmors Schuld. Entweder war er unfähig das Ausmaß der Bedrohung zu erkennen, oder größenwahnsinnig.
Am zehnten Tag seiner Recherchen fand Philip endlich etwas, was zumindest im Ansatz als ein Verrat von Willibald gedeutet werden konnte. Als oberster Heerführer hatte er einen umfassenden Überblick über die im Felde liegenden Truppen. Obwohl in den Bergen um Corona immer wieder Spähtruppen gesichtet wurden – was aus unterschiedlichen Berichten hervorging – hatte er nichts gegen sie unternommen. Angeblich um dem ältesten Sohn des Königs – der auch Philmor hieß – den Rücken frei zu halten, bereitete er einen Ausfall vor, bei dem mehr als siebenhundertfünfzig erfahrene Krieger aus der Stadt abgezogen wurden. Corona blieb dadurch verteidigungslos. Womit keiner gerechnet hatte, war, dass König Philmor selbst bei diesem Ausfall mitreiten wollte. Im letzten Moment änderte Willibald die Verteidigungsstrategie. Er teilte die Truppe und ritt mit fast vierhundert Kriegern den beschwerlichen Weg über die Berge, um den Gegner in die Zange zu nehmen. Doch er kam zu spät. Philmor und dessen zweiter Sohn Petersus mussten mit einem viel zu kleinen Heer die Schlacht alleine schlagen. Willibalds Verstärkung kam erst, als der König und seine Söhne tot waren. Zeitgleich wurde Corona gestürmt und niedergebrannt.
Philip notierte den Namen des Buches und die Seitenzahlen auf dem ersten Pergament.
Nette Verwandtschaft , dachte er und
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