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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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besser jemandem geben, der sich mit derlei Dingen auskennt. Einem Priester oder Kanoniker vielleicht. Aber die gibt es hier nicht mehr.»
    Cäcilia war entsetzt. Nein, das kam nicht in Frage. Sie hatte bislang nur wenig Gelegenheit gehabt, mehr als flüchtige Blicke in die alte Schrift zu werfen. Doch inzwischen war sie davon überzeugt, dass das Werk andere Hüter brauchte als Priester und Bischöfe. Bernhild van Aubrement hatte ein paar Seiten des Buches aus der hebräischen Sprache ins Lateinische und Flämische übersetzt. Das Ergebnis mochte holprig geklungen haben, ihm fehlte gewiss jede stilistische Feinheit, und doch schufen die Worte, die Bernhild gewählt hatte, eine Atmosphäre, die faszinierender war als alles, was Cäcilia jemals gefühlt hatte. Dem Buch wohnte zweifellos eine Kraft inne, die mit nichts vergleichbar war, was sie kannte. Eine Kraft, die sie durchströmte, sobald sie Bernhilds Übersetzung las, und die sie sich nicht anders erklären konnte als mit einem Angebot des Himmels, der diesseitigen Welt eine Gabe zurückzubringen, die lange Zeit verschollen gewesen war. Weder der Heilige Vater in Rom noch der Großinquisitor von Brabant, ja nicht einmal die Verkünder der Reformation hätten dafür freilich Verständnis aufgebracht.
    «Du hast von Nonnen gesprochen, denen du geholfen hast, die Niederlande zu verlassen», sagte sie schließlich. «Bring mich dorthin, wohin du sie geführt hast. Mehr verlange ich gar nicht. Ich brauche einen Ort, wo ich zur Ruhe kommen kann. Und wo ich jemanden finde, der mir hilft, das ganze Buch zu übersetzen.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 23
    Als Griet im Morgengrauen erwachte, war Don Luis schon auf den Beinen. Er drängte sie, sich zu beeilen. «Ich weiß, wo wir den Mann finden können, der uns etwas über das Buch des Aufrechten sagen kann.» Griets Kopf war schwer wie Blei; um ihre Augen lagen Schatten. Sie hatte schlecht geschlafen. Zweimal hatten Albträume sie aufgeschreckt, in beiden hatte sie Basse gesehen, wie er an der Hand ihrer Mutter eine Straße hinunterging. Purer Unfug, die beiden waren sich niemals begegnet. Zu allem Überfluss begann ihr Arm wieder zu zucken. Sie brauchte lange, ehe sie sich so weit gefangen hatte, dass sie die kleine Stube verlassen konnte.
    In der Halle stand sie plötzlich einem dürren, ganz in Schwarz gekleideten Mann gegenüber, der sich ihr sichtlich gelangweilt als der neue Hausherr vorstellte. Graf Beerenberg schien nicht erfreut darüber, dass seine Wirtschafterin der Tochter des Mannes die Tür geöffnet hatte, dessen Besitz ihm durch eine Laune des Schicksals in die Hände gefallen war.
    «Falls Ihr glaubt, ich habe mich unrechtmäßig bereichert, solltet Ihr den Notar aufsuchen, der die Urkunden ausgestellt hat», brummte er verdrießlich. «Es hat alles seine Richtigkeit.»
    Das bezweifelte Griet nicht. Sie erklärte dem Grafen, dass sie nicht nach Brüssel gekommen sei, um das Haus zurückzufordern. Schließlich habe sie bis gestern gar nicht gewusst, dass ihr Vater sein Hab und Gut verloren hatte. Als Graf Beerenberg dies hörte, wurde er ein wenig zugänglicher. Er trug seiner Dienerin sogar auf, seinen Gästen ein Frühstück zuzubereiten. Er bot Griet zwar nicht an, während ihres Aufenthalts in Brüssel weiterhin im Haus zu wohnen, erlaubte ihr aber großmütig, sich unter den Sachen aus der Schlafkammer ein Erinnerungsstück auszusuchen.
    «Für mich besitzt der alte Plunder keinen Wert», erklärte er, wobei er die Arme vor der Brust verschränkte. «Euer Vater muss seine Kostbarkeiten zum Pfandleiher getragen haben.»
    «Wie leid mir das für Euch tut, Graf», sagte Don Luis, während er nach dem Brotkorb griff. «Da fällt Euch durch Fortunas Laune ein Patrizierhaus in den Schoß, und dann müsst Ihr entdecken, dass seine Schatzkammer leer ist.»
    «Ich wüsste nicht, was es da zu spotten gibt», brauste der dürre Mann auf. «Geschäft ist Geschäft. Vielleicht liegt der jungen Dame ja etwas an dem alten Haus ihrer Eltern. Ich würde es unter Umständen an sie zurückverkaufen.»
    Griet verließ die Tafel, ohne dem Grafen eine Antwort zu geben. Ein letztes Mal ließ sie ihre Blicke durch die Halle schweifen, die ihr auch bei Tageslicht so grau erschien wie ein raues Büßergewand. Nein, hier gab es nichts mehr, was sie hielt. Mit Isabelles Tod und Sinters Auszug hatten die Räume und Flure etwas Beklemmendes angenommen, das selbst ein ruppiger Mensch wie Graf Beerenberg zu spüren schien. Wen

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