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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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dem Pilger ausgeliefert hat, wird er sich in d’Anastros Auftrag in den Norden aufmachen, um nun seinen Teil der Abmachung zu erfüllen.»
    «Dann muss der Prinz von Oranien unbedingt gewarnt werden», rief Balthasar aufgeregt. «Ohne seine Hilfe wird Brüssel fallen, das hat mir meine Mutter gesagt, und sie muss es wissen. Sie hat den Prinzen schon mit eigenen Augen gesehen, und er war so freundlich zu ihr, dass sie meine jüngere Schwester nach ihm benannt hat!»
    Don Luis klopfte Balthasar auf die Schulter. «Wenn wir verhindern wollen, dass der Statthalter in Oudenaarde unschuldige Menschen umbringen lässt, müssen wir erst einmal den Mörder der schwarzen Schwestern zur Strecke bringen, verstehst du? Außerdem wäre es Hochverrat, wenn wir dem Oranier eine Nachricht zukommen ließen. Vergiss nicht, dass ich Spanier bin. Ich genoss sogar einmal das Vertrauen des Statthalters. Seiner Mutter diene ich noch heute.»
    «Ihr seid doch ebenso Flame.»
    Don Luis lächelte, als er den treuherzigen Blick des kleinen Königs auffing, schüttelte aber entschlossen den Kopf. «Ich habe König Philipp Treue gelobt, diesen Schwur werde ich nicht brechen. Das gebietet mir meine Ehre. Ich hoffe, dass uns das nicht zu Feinden macht.»
    «Vielleicht genügt es, wenn wir einen Weg finden, den Plan des Mannes zu vereiteln», warf Griet ein. Das Problem, das es zu lösen galt, erinnerte sie an die gespannten Fäden eines Webstuhls. So, wie das Weberschiffchen alle Garnfäden miteinander verband, musste auch hier jede noch so kleine Einzelheit berücksichtigt werden. Der Pilger war ein Gegner, der nicht unterschätzt werden durfte. Auch sein Handlanger wusste oder ahnte zumindest, dass er einem gefährlichen Herrn diente. Er würde sich allerdings erst nach dem Erfolg seiner Mission um den Oranier kümmern, das verschaffte ihnen etwas Zeit.
    «Wir sollten versuchen, ihn aus seinem Versteck zu locken, auch wenn er unter dem Schutz dieses d’Anastro steht. Vergesst nicht, er hat Meister Dorotheus’ Laden angezündet und in Kauf genommen, dass er in den Flammen umkommt.»
    «In ganz Brüssel wird nach dem Brandstifter gefahndet», pflichtete Don Luis bei. «Wenn wir ihn schnappen, werde ich schon aus ihm herausholen, wer der Mistkerl ist, der ihm in Oudenaarde den Auftrag gegeben hat.» Er schluckte, als ihm klar wurde, was das für ihn und seinen eigenen Auftrag bedeutete. «Vielleicht brauchen wir Cäcilia dann gar nicht mehr, um ihn zu überführen, und können sie mit ihrem Buch in Ruhe gehen lassen.»
    Griet begriff, welcher Ausweg aus der Misere sich ihnen bot. Die Aussage Cäcilias, wie es zur Ermordung ihrer Mitschwestern in Elsegem gekommen war, mochte wichtig sein, ganz sicher wog für Alessandro Farnese jedoch ein Geständnis des Täters schwerer. Bernhild war tot; sie konnte nicht mehr aussagen. Dorotheus hatte den Pilger vor Jahren einmal kurz gesehen, als dieser den Reisebericht bei ihm kaufte, aber genügte das? Mit Sicherheit nicht. Die Augen des Buchhändlers waren viel zu schlecht, um nach so langer Zeit jemanden wiederzuerkennen. Es blieben also Jan Daten, der im Kurfürstentum der Pfalz war, und der Brandstifter. Sie waren die einzigen Zeugen, die sagen konnten, wer der einstige Pilger war, der sich heute in Oudenaarde verbarg. Gelang es ihnen, den Brandstifter dingfest zu machen, konnten sie sich den Weg in die ferne Kurpfalz sparen.
    In den nächsten beiden Stunden erdachte und verwarf Don Luis einen Schlachtplan nach dem anderen. Aber er kam nicht weiter, und so überließ sich Griet ihren eigenen Gedanken. Als sie schon erschöpft die Augen schließen wollte, fiel ihr auf, was sie vergessen hatte.
    «Großer Gott», stieß sie hervor. Don Luis und Dorotheus drehten sich fragend nach ihr um.
    «Was habt Ihr, Griet?»
    «Wie konnte ich nur übersehen, dass es noch einen weiteren Zeugen gibt? Eine Person, die den Pilger kennt, die aber völlig arglos ist, weil sie die Zusammenhänge nicht begreifen kann.» Sie schlug die Hände vors Gesicht.
    «Wer?»
    «Unsere Magd Beelken!»
    «Beelken», wiederholte Don Luis. Es klang nicht so, als hätte er eine Ahnung, wovon sie sprach. «Wieso soll ausgerechnet sie die Identität des Pilgers kennen?»
    Die Erkenntnis, dass die tödliche Gefahr nun auch nach ihrer eigenen Familie griff, traf Griet hart. Es ging nicht mehr um das Schicksal von Oudenaarde oder ihren Handel mit Sicherheitsdokumenten. Und sie selbst war viele Meilen von zu Hause entfernt und konnte niemanden

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