Die Stadt der schwarzen Schwestern
meinte sie hoffnungsvoll. «Wenn ein flämischer Landedelmann, dessen Familie loyal zu König Philipp steht, ihm bestätigt, dass die schwarzen Schwestern eines natürlichen Todes gestorben sind, wäre das womöglich die Lösung unserer Probleme.» Aufgeregt trat sie von einem Bein aufs andere. «Ich habe unser Reglement nicht in allen Einzelheiten im Kopf, aber könnte es nicht sein, dass eine Krankheit uns nicht verpflichtet, Margarethe von Parma zu entschädigen?»
Don Luis hob zweifelnd die Schultern. «Ihr selbst habt doch gesagt, es sei unmöglich, dass alle sieben Nonnen am selben Tag an einer Krankheit gestorben sind. Durch einen Unfall vielleicht. Aber sie sind nicht in voller Fahrt gegen einen Baum gerast oder aus dem Wagen in eine Schlucht gestürzt, sondern haben mit ihrer Begleitung das Herrenhaus betreten. Welchen Unfall sollen sie dort erlitten haben? Sind sie von der Treppe gefallen, oder würzten sie ihren Wein versehentlich mit Schierling und Stechapfel? Wenn wir das schon für absurd halten, glaubt Ihr, Farnese lässt sich mit dieser Auskunft zufriedenstellen? Auf die Aussage eines alten Kauzes, der jenseits der Bannmeile seines Dörfchens unbekannt ist? Niemals.»
«Ich suche nach einem Ausweg!»
«Das tue ich auch, aber auf diese Weise werden wir ihn nicht finden.» Er berührte Griets Wange und lächelte ihr aufmunternd zu. «Ob wir wollen oder nicht, wir müssen uns im Haus dieses Herrn van Aubrement umschauen, wenn wir herausfinden wollen, was nach Ankunft der Frauen geschehen ist und wer die Kerle waren, die sie hier überraschten.»
Um zum Herrenhaus zu gehen, war es bereits zu spät, daher beschlossen Griet und Don Luis, zum Gasthaus zurückzukehren, um ein wenig zu schlafen. Völlig übermüdet sanken sie auf ihre Lager und machten die Augen erst wieder auf, als sie am nächsten Morgen aus der Wirtsstube Lärm hörten.
«Ich nehme an, Ihr wollt Eure Reise fortsetzen», wurde Griet von der Wirtin begrüßt, die hinter dem Schanktisch stand und hölzerne Näpfe mit heißem Haferbrei füllte. «Habt Ihr den Weg zum Herrenhaus gefunden?»
«Es war schon spät, wir wollten niemanden stören», sagte Griet vorsichtig. Sie nahm einen Napf in Empfang und setzte sich an einen Tisch, um auf Don Luis zu warten, der zum Stall gegangen war. Während sie ihren Löffel in den zähen Brei tauchte, fügte sie hinzu: «Später werden wir den Herrn aber aufsuchen müssen.»
Die Frau zuckte mit den Achseln. Ihrer Miene war anzusehen, dass sie Griets Neugier nicht guthieß, aber als Wirtin war sie daran gewöhnt, den Gästen ihren Willen zu lassen und sich nicht in deren Belange einzumischen.
«Diese Frau hat dem Dorf nie etwas anderes als Unheil gebracht», murmelte sie plötzlich.
Griet blickte überrascht auf. «Meint Ihr die Verwandte Eures Grundherrn? Die Oberin der schwarzen Schwestern?»
«Ich will natürlich nichts gegen die Ordensgemeinschaft sagen. Die Frauen sind fleißig wie die Beginen und so barmherzig, dass der heilige Rochus seine Freude an ihnen hätte. Überall, wo sie sich niederlassen, bauen sie Spitäler und legen Gärten für Heilpflanzen und Kräuter an.» Sie kratzte den Topf aus und schob sich selbst einen Löffel Brei in den Mund.
«Diese Bernhild scheint aber nicht so recht in dieses Bild zu passen. Was war an ihr bloß so merkwürdig?»
Die Wirtin nickte. «Sie war schon als Kind ungestüm und wild. Nicht wirklich bösartig, aber eitel und launenhaft. Sie pflegte nachts mit wehenden Kleidern über die Felder zu reiten. Als ihre Familie beschloss, sie einem Orden anzuvertrauen, atmete die gesamte Grundherrschaft auf. Die Leute glaubten, sie würde dort beten und arbeiten lernen. Nun, das ist viele Jahre her. Tatsächlich hörte man im Dorf nicht mehr viel von ihr und ihren Frauen. Nur dass ihr Konvent Oudenaarde verließ, nachdem die Bilderstürmer ihre Häuser angegriffen hatten. Wohin sie gingen, wussten wir nicht. Doch als sie vor einigen Tagen hierherkam, ahnte ich, dass Unheil ihr auf dem Fuß folgte. Und mein Gefühl trog mich nicht.» Die Wirtin bekreuzigte sich und senkte dann den Blick, um mit ihrer Arbeit fortzufahren. «Nun sind sie tot und begraben. Mögen sie in Frieden ruhen!»
«Amen», kam es vom Eingang. «Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen.» Don Luis stand dort, ein paar Decken über dem Arm. Sein Gesicht war gerötet von der Rasur, seine blonden Haare waren noch feucht und standen ihm in widerspenstigen Büscheln vom Kopf ab. Zu Griets
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