Die Stadt der schwarzen Schwestern
kümmern.»
Beelken nickte schniefend. Sie schaute zur Tür hinüber, hoffte aus tiefstem Herzen, dass sie aufgehen und Griets Vater hereinkommen würde. Aber der Herr war mit Basse an der Hand zur Kirche gegangen, was bedeutete, dass er in einem Wirtshaus saß und würfelte. Remeus ließ sich seit Griets Abreise kaum noch blicken. Beelken war allein im Haus.
Adam Osterlamm stieß einen triumphierenden Schrei aus. Er hatte auf dem Wandbord über der Herdstelle den Schlüssel zu Griets Kontor im Haupthaus gefunden. «Jetzt hole ich mir den Ring meines Vaters zurück, den dieses Weib meiner dämlichen Schwester abgeschwatzt hat.»
«Das dürft Ihr nicht, Herr», wagte Beelken aufzubegehren, wurde aber sogleich still, als Adam sie wütend anfunkelte. Flink hob sie den Arm, um ihr Gesicht zu schützen, weil sie glaubte, er würde sie schlagen. Doch er rührte sie nicht an. Beelken nahm ihren ganzen Mut zusammen, dabei dachte sie an das Kind in ihrem Leib. Die Schwangerschaft, die sie durchstand, war eine unheimliche Angelegenheit. Nie zuvor in ihrem Leben hatten so viele Gefühle in ihrem Innern miteinander gerungen. War sie vor einem Moment noch kleinlaut und verzagt gewesen, so spürte sie plötzlich beim Gedanken daran, die Männer könnten ihrem Kind etwas zuleide tun, eine Kraft, die ihr beinahe widerwillig Worte in den Mund legte, die den Brüdern Einhalt gebieten sollten.
«Verschwindet aus diesem Haus», rief sie aufgelöst. «Ich werde Herrn van den Dijcke sagen, wie Ihr Euch hier aufgeführt habt. Wollt Ihr, dass er zum Statthalter geht und Euch wegen Diebstahls anzeigt?»
«Wie war das, du Hurenstück?», knurrte Adam. Seine Faust schloss sich um den Schlüssel. «Hast du den Verstand verloren? Du wagst es, einem Patrizier zu drohen?»
Beelken stampfte mit dem Fuß auf. Unter Tränen stieß sie hervor: «Ihr seid kein Patrizier mehr, sondern der Sohn eines Hochverräters. Das weiß jeder. Ich mag nur eine Dienstmagd sein, aber wenn Ihr mir etwas antut, wird der Statthalter Euch hängen lassen.» Sie rang um Atem. «Glaubt Ihr, ich wüsste nicht, dass Ihr hier schon einmal eingebrochen seid? Ihr habt unsere Katze getötet und meine Herrin fast zu Tode erschreckt. Legt den Schlüssel zurück, bevor Ihr geht. Dann werde ich vergessen, dass Ihr hier alles auf den Kopf gestellt habt.»
«Wir machen uns doch nur Sorgen um deine Herrin», sagte Coen. Immer noch lächelte er. «Dieser Spanier, dem sie in die Ardennen gefolgt ist, meint es nicht ehrlich mit ihr. Er ist ein Teufel!»
Beelken erschrak. «Ein Teufel? Don Luis? Was meint Ihr damit, Herr?»
«Nun, ich will damit nur sagen, dass Griet ihm nicht trauen darf. Er spielt ein falsches Spiel mit ihr. Deshalb müssen wir sie finden, um sie rechtzeitig vor ihm zu warnen.»
«Ausgerechnet Ihr? Aber Ihr hasst Griet doch.»
Adam lachte grimmig. «Kluges Mädchen. Mir ist es egal, was deine Herrin mit dem Spanier treibt. Aber der Weinhändler de Lijs macht sich Sorgen. Wir tun ihm nur einen Gefallen.»
Beelkens Kopf wurde schwer; ein Schwindelgefühl breitete sich in ihr aus. Sie mochte die beiden Brüder nicht, fand sie abstoßend und gefährlich. Coen sogar noch mehr als Adam, denn der zeigte seine Abneigung wenigstens deutlich und verstellte sich nicht. Coen ging mit List und Tücke vor, nutzte ihre Schwäche geschickt aus, damit ihm genau das gelang, was Beelken am meisten fürchtete: die Saat des Zweifels zu säen.
Coen nahm seinem Bruder den Schlüssel aus der Hand und legte ihn zurück auf das Regal, zwischen die Milchkrüge. «Das hat Zeit. Wir werden Vaters Ring schon zurückbekommen. Das Mädchen wird uns dabei helfen. Sie wird uns alles sagen, was sie über die Reise ihrer Herrin weiß.» Er trat nahe an Beelken heran, die bleich geworden war. «Als Gegenleistung bin ich gerne bereit, dein kleines, bittersüßes Geheimnis zu bewahren.»
«Mein … Geheimnis», krächzte Beelken entsetzt. «Ihr wisst …»
«Ganz recht, ich weiß Bescheid über dich und das Kind in deinem Leib. Falls die Wahrheit über deinen spanischen Soldaten im Ort die Runde macht, bleibt dir nur noch der Weg in die Schelde oder als Dirne auf die Landstraße. Also gehorche gefälligst. Sobald du einen Brief von deiner Herrin bekommst, wirst du ihn Remeus oder mir persönlich aushändigen.»
Die beiden Männer verließen ohne jedes weitere Wort das Torhaus. Als eine Weile später Sinter mit Basse zurückkehrte, stand Beelken noch am selben Fleck vor der Herdstelle.
Das
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