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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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die schrägen Strahlen des Sonnenuntergangs einfingen – und in den Augen des Wucherers glomm ein gieriges Funkeln auf. Doch der Klang seiner Stimme blieb kühl und ungerührt.
    »Mit gutem Willen kann ich Euch hundertfünfzig Djal darauf leihen. Smaragde sind schwer verkäuflich. Und falls Ihr nicht zurückkehrt, um die Steine auszulösen und mir mein Geld zurückzuzahlen, könnte ich Grund haben, meine Großzügigkeit zu bereuen. Doch will ich das Risiko auf mich nehmen.«
    »Das Darlehen, um das ich Euch ersuche, deckt kaum den zehnten Teil des Wertes dieser Steine«, hielt der Fremde dagegen. »Leiht mir zweihundertfünfzig Djal … Es gibt auch noch andere Geldverleiher in Commoriom, wie ich mir habe sagen lassen.«
    »Zweihundert Djal ist das Äußerste, was ich anbieten kann. In der Tat, die Steine sind nicht ohne Wert. Doch mögt Ihr sie gestohlen haben. Kann ich das wissen? Es ist nicht meine Art, zudringliche Fragen zu stellen.«
    »Nehmt sie«, erwiderte daraufhin der Fremde hastig. Er strich die Silbermünzen ein, die Avoosl Wuthoqquan ihm in die Hand zählte, und erhob keinen weiteren Einwand.
    Der Wucherer blickte dem Davoneilenden mit einem höhnischen Grinsen auf den Lippen nach und zog seine eigenen Schlüsse. Er hegte kaum noch Zweifel, dass die Edelsteine Diebesgut waren, doch fühlte er sich durch diesen Umstand in keiner Weise belastet oder beunruhigt. Gleichgültig, wem sie einst gehört oder welche Wege sie genommen hatten, sie bedeuteten eine willkommene und wertvolle Bereicherung für die Schatztruhen von Avoosl Wuthoqquan. Selbst der kleinere der beiden Smaragde wäre mit dreihundert Djal lächerlich billig entgolten gewesen. Dennoch hegte der Wucherer überhaupt keine Befürchtung, dass der Fremde jemals wiederkehren und die edlen Stücke zurückfordern könnte … Nein; der Kerl war schlicht und einfach ein Dieb und als solcher heilfroh darüber gewesen, sich der Beweise für sein Vergehen entledigt zu haben. Was den rechtmäßigen Eigentümer der Edelsteine betraf – dies war schwerlich ein Gesichtspunkt, der den Wucherer kümmerte oder mit Neugier erfüllte. Die Smaragde gehörten nun ihm, vermöge jener Summe Silbergeldes, die von ihm selbst ebenso wie von dem Fremden stillschweigend nicht als schlichter Kredit, sondern als Kaufpreis verstanden worden war.
    Der Sonnenuntergang, dessen Abglanz das Zimmer durchglühte, verdämmerte rasch, und braunes Zwielicht trübte allmählich die Gold- und Silberstickereien der Vorhänge und das farbige Augenpaar der Smaragde. Avoosl Wuthoqquan entzündete das Licht unter dem kunstvoll durchbrochenen Lampenschirm. Dann schloss er eine kleine bronzene Kassette auf und ergoss daraus eine funkelnde Flut aus Juwelen auf den Tisch neben die beiden Steine. Da lagen Topase aus Mhu Thulan, blass und klar wie Eis, und herrliche Turmalinkristalle aus Tscho Vulpanomi, ebenso kalte, lauernd blickende Saphire aus dem Norden, arktische Karneole gleich Tropfen aus gefrorenem Blut und Diamanten, in deren Mitte weiße Sterne eingefangen waren. Ohne zu blinzeln, starrten rote Rubine aus dem blitzenden Haufen hervor, Chrysoberylle glühten wie Katzenaugen, Granate und Spinelle verstärkten den Lampenschein mit ihrem düsteren Feuer inmitten des ruhelosen Farbenspiels von Opalen. Auch Smaragde waren dabei, doch war keiner davon so groß und makellos wie jene beiden, die Avoosl Wuthoqquan an diesem Abend in seinen Besitz gebracht hatte.
    Avoosl Wuthoqquan ordnete die Edelsteine zu schimmernden Ketten und Kreisen, wie er es bereits so viele Male zuvor getan hatte. Die Smaragde der Sammlung reihte er jedoch gesondert auf und setzte an ihre Spitze seine beiden Neuerwerbungen gleich Hauptleuten, die eine Marschkolonne anführen. Er war hoch erfreut über das heute getätigte Geschäft, hoch zufrieden mit seinen überfließenden Schatullen. Er betrachtete die Edelsteine mit einer habgierigen Liebe, mit einem knauserigen Wohlgefallen. Man hätte seine Augen für kleine Perlen aus Jaspis halten können, eingelassen in sein lederhäutiges Gesicht wie in dem nachgedunkelten Pergamenteinband eines alten Buches voller schädlicher Zauberformeln. Geld und Edelsteine – diese Dinge ganz allein, dachte der Wucherer bei sich, blieben unwandelbar und beständig in einer Welt unentwegter Veränderung und Flüchtigkeit.
    An diesem Punkt erlitten seine Betrachtungen eine Unterbrechung, bewirkt durch einen höchst unerhörten Vorgang. Plötzlich und ohne Vorwarnung – denn Avoosl

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