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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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immer gewillt, unsere Pflicht zu erfüllen und die hilflosen Stadtbewohner so gut wir konnten zu verteidigen. Ich prahle nicht mit dem dazu nötigen Todesmut: Wir waren einfache Männer und wir waren nur bereit zu tun, was die Situation unverkennbar von uns forderte.
    Wir umkreisten das Ungeheuer und wären ihm auch sofort mit unseren Stoßäxten und Dreizacken zu Leibe gerückt. Doch stießen wir dabei auf ein erhebliches Hindernis: Die Kreatur und ihre Beute waren so stark ineinander verkeilt und verschlungen, und das groteske Ensemble wand sich so ungestüm und stieß derart wild um sich, dass wir keinen Gebrauch von unseren Waffen machen konnten, ohne ernstlich Gefahr zu laufen, unsere Mitbürger aufzuspießen oder sonst wie zu verletzen. Schließlich jedoch ebbte das Gewoge und Gestrampel ab, denn die inwendigen festen und flüssigen Körperbestandteile der beiden Männer waren verzehrt und der grässliche Klumpen aus Fresser und Gefressenen kam allmählich zur Ruhe.
    Jetzt oder nie war unsere Chance gekommen – und ich bin überzeugt, wir hätten geschlossen einen Angriff unternommen, so sinn- und aussichtslos er sicherlich gewesen wäre. Doch das Ungeheuer war solchen Geplänkels schlichtweg überdrüssig geworden und gedachte sich nicht länger von menschlichem Ungeziefer behelligen zu lassen. Als wir unsere Waffen in Anschlag brachten und uns zum Kampf rüsteten, wich das Ding zurück, ohne seine leer gesaugten, schlaffen Opfer freizugeben, und erklomm den Richtblock aus Eighon -Holz. Dort begann es vor aller Augen, am ganzen Körper, mit jedem Teil und jedem Glied, anzuschwellen, als würde es sich selbst mit übermenschlicher Feindseligkeit oder Bosheit aufblasen.
    Das Tempo, mit dem sein Leibesumfang zunahm, und die Ausmaße, die das Ding gewann, während es allseits über den Richtblock hinausquoll und ihn unter Wogen pulsierender Falten den Blicken entzog, hätte genügt, die Helden der ältesten Sagen um den Schneid zu bringen. Dabei ging der Rumpf, wie ich hinzufügen sollte, mehr in die Breite denn in die Höhe. Als die Abnormität Ausmaße erreicht hatte, die bei irdischen Lebensformen unbekannt sind, als sie sich drohend in unsere Richtung vorwölbte und dabei langsam ihre endlos wachsenden, an Riesenschlangen gemahnenden Arme nach uns ausstreckte – da konnte man meine tapferen und gefürchteten Kameraden schwerlich dafür tadeln, dass sie die Flucht antraten. Noch weniger mache ich der Stadtbevölkerung Vorwürfe, die Commoriom nun in sturzflutartigen Scharen verließ, begleitet von gellendem Geschrei und schrillem Wehklagen. Beschleunigt wurde diese Flucht zweifelsfrei von den Lauten, die das Monster ausstieß und die wir jetzt zum ersten Mal überhaupt vernahmen. Diese Laute waren am ehesten einem Zischen vergleichbar. Doch ihre Lautstärke war zermalmend, ihr Klang machte krank und war eine Folter für’s Gehör. Das Schlimmste jedoch war: Sie drangen nicht nur aus dem Mund unterhalb des Brustkorbs hervor, sondern aus jedem der übrigen Mäuler oder Saugrachen, die dieses Gebilde des Grauens hervorgebracht hatte.
    Selbst ich, Athammaus, wich vor diesem Gezisch zurück und hielt mich deutlich außer Reichweite der schlangengleichen, züngelnden Finger. Doch erfüllt es mich mit Stolz, sagen zu können, dass ich noch eine Zeit lang am Rande des entvölkerten Platzes verweilte, wenn ich auch meinen entfliehenden Mitbürgern mehr als nur einen einzigen bedauernden Blick hinterherschickte.
    Das Etwas, das Knygathin Zhaum gewesen war, schien zufrieden mit seinem Triumph, und so brütete es träge und gebirgsgleich über dem eroberten Richtblock aus Eighon -Holz. Sein tausendfaches Gezisch ebbte zu einem matten, leisen Zischeln ab, wie es ein Nest voller schläfriger Pythonschlangen von sich geben mag. Es unternahm keinen bemerkbaren Versuch, mich anzugreifen oder sich mir auch nur zu nähern. Und schließlich, als ich zu der Erkenntnis gelangte, dass die berufliche Herausforderung, die es mir stellte, zu groß war, und mich außerdem die Ahnung beschlich, dass Commoriom inzwischen ohne König, ohne Gerichtsbarkeit, ohne Ordnungsmacht und ohne Einwohner war, da verließ ich am Ende die zum Untergang verdammte Stadt und schloss mich den anderen an.

Das wunderliche Schicksal des Avoosl Wuthoqquan
    I
    »Eine Gabe, eine milde Gabe, o wohltätiger und großherziger Schutzherr der Armen!«, flehte der Bettler.
    Avoosl Wuthoqquan, der reichste und habgierigste Geldverleiher Commorioms und damit ganz

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