Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1
in unsere Häuser ein und verschlang unsere Leiber einen nach dem anderen, während wir unter dem Bann, den er gewoben hatte, schliefen. Er hat unsere Seelen verschlungen, wie er unsere Körper verschlang, und nun sind wir ein Teil Rlim Shaikorths, doch unser Dasein gleicht dem von Gefangenen in einem finsteren und widerlichen Kerker. Und während der Wurm wach ist, besitzen wir kein Bewusstsein, sondern gehen vollkommen auf im überirdischen Wesen Rlim Shaikorths.
So vernehme, o Evagh, die Wahrheit, welche wir aus unserer Verschmelzung mit dem Wurm erfahren haben. Er hat uns vor dem weißen Tod nur aus einem einzigen Grund gerettet, denn von allen Menschen können nur wir, die wir Zauberer höchster Kunstfertigkeit und Meisterschaft sind, das tödliche Eis und den atemlosen Abgrund überleben, und daher sind wir die beste Nahrung für Rlim Shaikorth und seinesgleichen.
Groß und schrecklich ist der Wurm, und den Ort, von dem er kommt und zu dem er zurückkehrt, kann kein Mensch sich im Traume vorstellen. Und der Wurm ist allwissend, nur weiß er nicht, dass jene, die er verschlungen hat, dann wachen, wenn er schläft. Doch der Wurm, der älter ist als alle Welten, ist nicht unsterblich, und es gibt eine Zeit, da man ihn verletzen kann. Derjenige, der diese Zeit und die Art seiner Verwundbarkeit kennt und tapfer genug ist, kann ihn ohne Mühe niederstrecken. Und die Zeit dafür ist die Zeit seines Schlummers. Daher beschwören wir dich jetzt beim Glauben der Alten, das Schwert, welches du unter deinem Mantel trägst, zu ziehen und in die Seite Rlim Shaikorths zu treiben, denn auf diese Art kann man ihn töten.
Einzig auf diese Weise, o Evagh, kann die Verbreitung des fahlen Todes ein Ende finden, und einzig so können wir, deine magischen Brüder, aus unserer blinden Knechtschaft und Einkerkerung befreit werden, und mit uns viele andere, die der Wurm in früheren Zeiten und fernen Welten betrogen und verschlungen hat. Und einzig so kannst du dem bleichen und widerlichen Maul des Wurms und dem Schicksal entrinnen, als Geist unter Geistern in der unheilvollen Schwärze seines Bauches zu verweilen. Doch wisse dies: Der Rlim Shaikorth niederstreckt, muss dabei selbst zugrunde gehen.«
Evagh, der gänzlich erstaunt war, stellte Dooni Fragen, auf die dieser bereitwillig antwortete. Und oft meldete sich auch die Stimme von Ux Loddhan, und manchmal hörte er unverständliches Murmeln oder Schreien von den anderen Schemen. Viel lernte Evagh über die Herkunft und das Wesen des Wurmes, und er erfuhr das Geheimnis von Yikilth und die Weise, wie Yikilth die Buchten der Arktis verlassen hatte, um die Meere der Welt zu bereisen. Je mehr er hörte, desto mehr wuchs seine Abscheu, obgleich dunkle Magie und Teufelsbeschwörung schon lange sein Fleisch und seine Seele verhärtet hatten und er den gewöhnlichen Schrecken gegenüber abgestumpft war. Doch das, was er nun erfuhr, kann hier nicht wiedergegeben werden.
Schließlich breitete sich in der Kuppel Stille aus, da der Wurm fest schlief, und Evagh hatte keine Fragen mehr an Doonis Geist. Und jene, die gemeinsam mit Dooni gefangen waren, schienen im Schweigen des Todes zu verharren und ihn zu beobachten.
Da zögerte Evagh, der ein harter und entschlossener Mann war, nicht länger, sondern zog sein kurzes Bronzeschwert aus der Elfenbeinscheide, die er stets an seinem Gürtel trug. Er näherte sich dem Podest und stieß die Klinge in die angeschwollene Masse Rlim Shaikorths. Die Klinge glitt mühelos hinein, als habe er eine gewaltige Blase zerstochen, und der Stoß endete nicht einmal am breiten Knauf. Evaghs rechte Hand verschwand völlig in der Wunde.
Er bemerkte kein Zucken oder Beben des Wurmes, doch aus der Wunde strömte plötzlich eine schwarze Flüssigkeit, so schnell, dass sie Evagh das Schwert aus den Händen riss. Die Flüssigkeit war weitaus heißer als Blut und gab merkwürdige Dämpfe von sich, als sie sich über Evaghs Arme ergoss und sein Gewand besudelte. Rasch war das Eis zu seinen Füßen überflutet, doch noch immer strömte die Flüssigkeit wie aus einem unerschöpflichen Quell der Fäulnis und breitete sich überall in Pfützen und Rinnsalen aus, die ineinanderflossen.
Evagh wollte fliehen, doch die immer höher steigende schwarze Flut reichte schon über seine Fußknöchel, als er die Treppe erreichte, die sich in einen reißenden Wasserfall wie in einer steilen Höhle verwandelt hatte. Heißer und heißer wurde die Flüssigkeit, kochte und warf Blasen,
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