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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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haben derartige Hürden noch stets meinen Scharfsinn herausgefordert und mich niemals abgeschreckt.
    Erstens stellte sich das Problem, in den Tempel hineinzugelangen, ohne entdeckt und von den mit Sicheln bewaffneten Mondpriestern überwältigt zu werden, die das Haus ihrer Göttin mit strafender und unbestechlicher Eifersucht bewachten. Zum Glück hatte Vixeela während der Zeit ihres Tempeldienstes Kenntnis von einem unterirdischen Zugang erhalten, der zwar lange schon außer Gebrauch, aber immer noch passierbar war, wie sie glaubte. Dieser Zugang erfolgte durch einen Tunnel, der Verlängerung einer natürlichen Höhle, die sich irgendwo in den Wäldern hinter Uzuldarum befand. In früheren Zeiten war dieser unterirdische Gang gewohnheitsmäßig von den Besuchern der Jungfrauen benutzt worden. Doch inzwischen traten diese Besucher ungeniert durch die Hauptpforten des Tempels oder durch kaum weniger öffentliche Seitentüren ein – woraus man ersehen mag, dass die Frömmigkeit zugenommen oder die Sittsamkeit abgenommen hatte. Vixeela selbst hatte die Höhle nie zu Gesicht bekommen, doch kannte sie deren ungefähre Lage. Der innere Zugang des Tempels war nur von einer Steinplatte verschlossen, die hinter dem Standbild der Mondgöttin im Boden des Hauptschiffes lag und die sich von unten wie von oben leicht anheben ließ.
    Zweitens galt es, die rechte Zeit abzupassen, wenn die Gürtel der Frauen aufgeschlossen und abgelegt wurden. Hier erwies Vixeela sich abermals als unentbehrlich, da sie wusste, in welchen Nächten die Leih-Schlüssel am begehrtesten waren. Das waren vor allem die sogenannten Opferungsnächte – und die wichtigste davon war die Vollmondnacht. In einer solchen Nacht wurden alle Frauen rege in Anspruch genommen.
    Da jedoch das Gotteshaus bei solchen Gelegenheiten von Menschen – den Priestern, den Jungfrauen und ihren Freiern – wimmelte, blieb eine vermeintlich unbezwingbare Hürde bestehen. Wie sollten wir in Gegenwart so vieler Personen die Gürtel an uns bringen und aus dem Tempel schmuggeln? Dies gab mir, ich muss es gestehen, eine harte Nuss zu knacken.
    Genau genommen mussten wir eine Möglichkeit finden, den Tempel zu evakuieren oder seine Insassen für den Zeitraum, den wir zur Durchführung unseres Beutezugs benötigten, zu betäuben oder anderweitig auszuschalten.
    Ich dachte an ein ganz bestimmtes Schlafmittel, leicht und schnell verdampfbar, das ich bereits mehrfach benutzt hatte, um die Bewohner eines Hauses in Schlummer zu versetzen. Leider war die Reichweite dieses Mittels beschränkt, sodass es nicht sämtliche Räume und Nischen eines so großen Bauwerks, wie der Tempel es war, durchdringen würde. Außerdem musste man eine halbe Stunde bei geöffneten Türen oder Fenstern warten, bis die Dämpfe sich verflüchtigt hatten – andernfalls würden die Diebe ebenso außer Gefecht gesetzt wie ihre Opfer.
    Auch gab es den Blütenstaub einer seltenen Urwaldlilie, der, wenn man ihn in das Gesicht eines Menschen schleuderte, eine vorübergehende Lähmung hervorrief. Doch auch diese Möglichkeit verwarf ich: Es waren zu viele Personen, mit denen wir es zu tun haben würden, und es wäre auch kaum machbar, den Blütenstaub in ausreichender Menge zu beschaffen.
    Zuguter Letzt fasste ich den Entschluss, den Magier und Alchemisten Veezi Phenquor um Rat zu fragen, der mir mittels seiner Tiegel und Schmelzöfen schon oft zu Diensten gewesen war, indem er gestohlene Gold- und Silberwaren in die Form von Barren oder sonstiger, unmöglich wiedererkennbarer Gegenstände gegossen hatte. Wenn ich auch an seinen magischen Fähigkeiten Zweifel hegte, betrachtete ich doch Veezi Phenquor als bewährten Heilmittel- und Giftkundigen. Da er stets über einen Vorrat sonderbarer und todbringender Arzneien gebot, war es sehr wohl möglich, dass er etwas bereitstellen konnte, das uns weiterhalf.
    Wir trafen Veezi Phenquor dabei an, wie er eines seiner übel riechenden Gebräue aus einem noch brodelnden und dampfenden Kessel in Flakons aus festem Steingut umfüllte. Ein solcher Gestank ließ mich auf ein besonders wirksames Gemisch schließen – die Ausdünstungen eines Iltis‘ waren harmlos dagegen. Veezi Phenquors Tun nahm ihn so stark gefangen, dass er unsere Gegenwart nicht bemerkte, ehe der gesamte Inhalt des Kessels sich in den Fläschchen befand und diese mit einer schwärzlichen Gummimasse gewissenhaft zugepfropft und versiegelt worden waren.
    »Dies«, verkündete er mit salbungsvoller

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