Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
Vom Netzwerk:
ungeahnten Gestaden zu gelangen. Mir fehlen die Worte, mein Verzücken auszudrücken. Ich fühlte mich frei, unendlich frei, während dieses Empor-Gehoben-Werdens. Wir schienen über den Scheitelpunkt des höchsten Sterns hinaus zu schweben. Doch dann, mit einem Mal, war es vorüber. Als hätten wir den höchsten Punkt der Flamme erreicht, kamen wir zum Stillstand.
    Ich war völlig berauscht, meine Augen geblendet von der Pracht des Feuers. Die Welt, die ich nun erblickte, war eine überwältigende Arabeske aus ungewohnten Formen und einem anderen als dem uns vertrauten Farbspektrum. Mir schwirrte der Kopf, vor meinen Augen drehte sich alles wie ein Irrgarten voller gigantischer Juwelen, dazwischen einzelne, sich überschneidende Lichtlanzen und einander vermengende schimmernde Flecken. Erst nach und nach war ich in der Lage, wieder Ordnung in meine durcheinander geratene Wahrnehmung zu bringen und Einzelheiten auszumachen.
    Rings um mich verliefen endlose Alleen aus in allen Regenbogenfarben schillernden Opalen und Zirkonen, wölbten sich Bögen und Säulen aus ultravioletten Edelsteinen, aus durchsichtigen Saphiren, aus Rubinen und Amethysten von überirdischer Schönheit, und alle schimmerten sie in vielfarbiger Pracht. Wie es aussah, wandelte ich auf kostbaren Steinen und über mir breitete sich ein juwelenbesetzter Himmel aus. Jetzt, da ich das Gleichgewicht wiedergewonnen und meine Augen sich an die fremdartigen Sichtverhältnisse gewöhnt hatten, begann ich die Landschaft allmählich so wahrzunehmen, wie sie wirklich war. Die beiden Schmetterlingswesen noch immer an meiner Seite, stand ich auf einer blumenübersäten Wiese inmitten paradiesischer Bäume, deren Früchte, Laubwerk, Blüten und Stämme jeder Vorstellung dreidimensionalen Lebens Hohn sprachen.
    Die Formen und Konturen, die Anmut ihrer herabhängenden Zweige und der ineinander verwobenen Palmwedel lässt sich nicht nach irdischen Maßstäben wiedergeben. Halb durchsichtig in dem strahlenden Glanz, schienen sie aus einer rein ätherischen Substanz zu bestehen, was erklärte, dass ich zunächst geglaubt hatte, lauter Edelsteine vor mir zu haben.
    Ich atmete die nach Nektar duftende Luft ein. Der Boden unter meinen Füßen war nachgiebig und unsagbar weich, so als bestünde er aus einer höher entwickelten Art von Materie als bei uns auf der Erde. Körperlich fühlte ich mich so wohl und beschwingt wie noch nie und spürte keine Spur von Angst oder Erschöpfung, wie man nach den unglaublichen, beispiellosen Ereignissen, die mir widerfahren waren, eigentlich hätte annehmen können. Geistig fühlte ich mich völlig klar und nicht im Geringsten verwirrt. Abgesehen von der Fähigkeit, unbekannte Farben und nichteuklidische Formen zu erkennen, bemerkte ich allmählich eine merkwürdige Veränderung und Ausweitung meines Tastsinnes, sodass ich den Eindruck hatte, ich sei in der Lage, weit entfernte Objekte zu berühren.
    Der strahlende Himmel war von vielfarbigen Sonnen erfüllt, wie sie wohl auf eine Welt in einem multiplen Sonnensystem hinabscheinen mögen. Doch noch während ich hinsah, wurde ihr Glanz sanfter, gedämpfter, und das Leuchten der Bäume und Gräser allmählich schwächer, fast so als senkte die Dämmerung sich herab. Das Ganze war so mysteriös und rätselhaft, dass mich gar nichts mehr überraschen konnte, wahrscheinlich hätte ich alles akzeptiert. Falls mich noch etwas in Erstaunen versetzen konnte und mich an meinem Verstand zweifeln ließ, dann das menschliche Gesicht – das Antlitz meines vermissten Freundes, Giles Angarth, das nun zwischen den verblassenden Juwelen des Waldes vor mir auftauchte, gefolgt vom Gesicht eines weiteren Mannes, den ich von Fotografien her als Felix Ebbonly erkannte.
    Sie traten unter den farbenprächtigen Zweigen hervor und blieben vor mir stehen. Beide waren sie in glänzende Stoffe, feiner als orientalische Seide, gekleidet. Diese Kleider waren von fremdartigem Zuschnitt, wie man sie auf der Erde keinesfalls findet. Die beiden wirkten zugleich fröhlich und in sich gekehrt, auf ihren Gesichtern lag dieselbe Klarheit, die auch die ätherischen Früchte und Blüten ringsum auszeichnete.
    »Wir haben bereits nach Ihnen Ausschau gehalten«, sagte Angarth. »Mir kam der Gedanke, dass Sie, nachdem Sie mein Tagebuch gelesen hatten, versucht sein könnten, mein Experiment nachzuvollziehen, und sei es auch nur, um festzustellen, ob mein Bericht der Wahrheit entspricht oder nicht. Dies hier ist Felix Ebbonly,

Weitere Kostenlose Bücher