Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1
zu betrachten, wurde ich Zeuge eines unfassbaren, entsetzlichen Vorgangs. Jenseits der Stadtmauern war wie durch Schwarze Magie oder das Werk böser Geister eine weitere Stadt aufgetaucht – und ihre Türme rückten unter der rötlich schimmernden Kuppel der entflammten Wolke rasch vorwärts!
Ein weiterer Blick überzeugte mich davon, dass es dieselben Türme waren, die ich zuvor von Weitem auf der Ebene wahrgenommen hatte. Während ich durch den Wald gewandert war, mussten sie mittels einer unbekannten Antriebsquelle eine Strecke von vielen Meilen zurückgelegt haben und waren der Stadt der Singenden Flamme immer näher gerückt. Als ich genauer hinschaute, um festzustellen, wie sie sich fortbewegten, sah ich, dass sie nicht etwa Räder hatten, sondern kurze, stämmige Beine – Metallsäulen vergleichbar, allerdings mit Gelenken versehen, mit deren Hilfe die Kolosse unbeholfen ausschritten. Jeder der Türme verfügte über sechs oder noch mehr solcher Beine, und nahe der Spitze befanden sich Reihen großer, wie Augen anmutender Öffnungen, aus denen die zuvor erwähnten rot-violetten Flammenstöße fauchten.
Im Umkreis von über fünf Kilometern war der farbenprächtige Wald niedergebrannt. Die Spur der Verwüstung verlief bis zu den Mauern zwischen den wandernden Türmen und der Stadt erstreckte sich nichts als eine verkohlte, qualmende Ödnis. Noch während ich schaute, schossen die Flammen erneut hervor, um die wie eine Felswand aufragenden Mauern anzugehen, und die zuoberst gelegenen Wehrgänge zerschmolzen unter ihnen gleich Lava. Es war ein gewaltiger, an Schrecken nicht zu überbietender Anblick.
Doch schon im nächsten Moment verdeckten die Gebäude, zwischen die wir nun tauchten, mir die Sicht. Wie zwei ihrem Horst zustrebende Adler rasten die beiden riesigen Schmetterlingswesen, die mich trugen, weiter voran. Den gesamten Flug über war ich kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn willentlich etwas zu unternehmen. Ich lebte nur noch in der schwindelerregenden, atemberaubenden Freiheit des Durch-die-Lüfte-Gleitens, wie im Traum schwebte ich über dem Irrgarten kolossaler Steinbauten und Wunderwerke. Ich bekam nicht allzu viel mit von dem staunenswerten Labyrinth, dieser architektonischen Bildersprache, und war erst hinterher, als ich in Ruhe daran zurückdachte, in der Lage, meine zahllosen Eindrücke zu ordnen und ihren Sinn zu erfassen.
Alles wirkte so gewaltig und fremdartig, dass ich nur noch staunen konnte. Nur dunkel war ich mir des verheerenden Unheils bewusst, vor dem wir flohen, und der Tatsache, dass hinter uns die Stadt in Schutt und Asche gelegt wurde. Zwar begriff ich, dass mir unbekannte, einander feindlich gesinnte Kräfte sich hier aus einem Anlass, der mein Vorstellungsvermögen überstieg, mit nichtirdischen Waffen und Maschinen bekriegten; mir erschien es dennoch wie ein Aufruhr der Elemente und ich empfand dasselbe ungewisse, unpersönliche Entsetzen wie bei einer kosmischen Katastrophe.
Tiefer und tiefer flogen wir in die Stadt hinab. Weitläufige Flachdächer und terrassenartig angelegte Balkonreihen glitten unter uns hinweg. In den finsteren Schluchten dazwischen zogen sich die Gehsteige wie Flüsse dahin. Rings um uns, selbst über uns ragten überall spitze Turmdächer und rechteckige Monolithen empor. Auf einigen der Dächer sah man die dunkelhäutigen, atlantidischen Bewohner der Stadt. Gemessen, majestätisch schritten sie einher oder verharrten, die Gesichter der flammenden Wolke zugewandt, in rätselhaft resignierter, verzweifelter Haltung. Sie waren allesamt waffenlos, nirgends sah ich irgendwelche Gerätschaften, die ihnen zur Verteidigung dienen konnten.
So schnell wir auch flogen, die stetig höher steigende Wolke war schneller. Finster wölbte sie sich, immer wieder aufleuchtend, wie eine Kuppel über die Stadt, und ihre Ausläufer zogen sich weit über den Himmel. Bald würden sie sich bis zum gegenüberliegenden Horizont erstrecken. Das stete Aufblitzen warf seinen Schein in regelmäßigen Abständen über die Bauwerke, ehe sie wieder in Düsternis versanken, und mit jeder Faser spürte ich schmerzhaft das Pulsieren des Bebens, das den Donner begleitete.
Dunkel, wie durch einen Schleier, wurde mir bewusst, dass die beiden geflügelten Kreaturen, die mich trugen, Pilger waren, die zum Tempel der Flamme strebten. Mehr und mehr wurde ich eines Einflusses gewahr, der wohl von der Sternenmusik stammen musste, die aus dem Innern des
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