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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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Heiligtums drang. Die Luft war erfüllt von sanften, beruhigenden Schwingungen, die den durch Mark und Bein gehenden Missklang des für mich lautlosen Donners aufzusaugen und zunichte zu machen schienen. Ich hatte den Eindruck, eine mystische Zufluchtsstätte zu betreten, einen Ort paradiesischer, himmlischer Sicherheit, sodass meine aufgewühlten Empfindungen sich beruhigten und doch zugleich aufgeregt schwangen.
    Ganz allmählich neigten sich die prachtvollen Schwingen der Riesenschmetterlinge und lenkten uns abwärts. In einiger Entfernung vor uns sah ich einen gigantischen Palast. Mir war sofort klar, dass es sich um den Feuertempel handelte. Wir sanken tiefer, tiefer hinab auf den eindrucksvollen Platz, der den Tempel umgab, dann wurde ich durch den hoch aufragenden, weit offenen Eingang und die riesige Halle mit ihren tausend Säulen getragen. Rätselhaftes Halbdunkel umfing uns, die Luft war von seltsamen Düften geschwängert. Wir schienen ein Reich zu betreten, das älter war als die Welt und gewaltigere Ausmaße hatte als der Raum zwischen den Sternen. Es war, als folgten wir einer von Pfeilern getragenen Kaverne ins Innere eines fremden Sterns.
    Anscheinend waren wir die einzigen Pilger. Der Tempel schien von seinen Hütern verlassen, denn in der gesamten weitläufigen Halle trafen wir niemanden an. Einzig die zahllosen Säulen standen in der Düsternis. Nach einer Weile wurde das dämmrige Licht zusehends heller und jetzt tauchten wir in einen sich immer weiter ausdehnenden Schein ein, bis wir schließlich in die weitläufige innere Kammer gelangten, in der springbrunnengleich die grüne Flamme loderte.
    Ich entsinne mich nur noch an einen von flackernden Schatten erfüllten Raum, an ein sich im Azur der Unendlichkeit verlierendes Deckengewölbe, an gewaltige, aus schwindelnder Höhe herabblickende Statuen. Vor allem aber erinnere ich mich an die gleißende Feuerlanze, die aus einer Mulde im gepflasterten Boden, gleich dem greifbar gewordenen Verzücken der Götter, in die Höhe wuchs. All dies nahm ich nur einen Lidschlag lang wahr, ehe ich begriff, dass die beiden Wesen, die mich trugen, ohne innezuhalten oder auch nur die geringste Spur eines Zögerns, mit ausgebreiteten Schwingen geradewegs auf die Flamme zuflogen.
    Ich war so verstört, meine Empfindungen so in Aufruhr, dass ich gar nicht dazu kam, Angst zu haben. Was ich bisher erlebt hatte, verschlug mir die Sprache. Mehr noch, ich war wie im Drogenrausch, dem Bann der Flamme erlegen, obwohl ich ihren todbringenden Gesang nicht zu hören vermochte. Ich sträubte mich, glaube ich, noch ein wenig gegen die mich umschlingenden Fangarme, vielleicht war es aber auch bloß ein unwillkürliches Muskelzucken. Jedenfalls achteten die Schmetterlingswesen nicht weiter darauf; es war offensichtlich, dass sie außer auf die anschwellende Flamme und ihrer verführerischen Musik nichts mehr wahrnahmen.
    Ich erinnere mich daran, dass ich, anders als eigentlich zu erwarten, keine Hitze spürte, als wir uns der lodernden Flammensäule näherten. Stattdessen empfand ich in jeder Faser meines Körpers eine unsägliche Erregung, so als sei ich von Wogen himmlischer Energie und schöpferischer Ekstase durchdrungen. Dann tauchten wir in das Feuer ein …
    Wie zuvor Angarth ging auch ich davon aus, dass jeder, der sich in die Flamme stürzte, zwar überglücklich sein, aber auf der Stelle sterben würde. Ich rechnete damit, in Flammen aufzugehen, augenblicklich zu verbrennen und dann – nichts mehr. Doch was tatsächlich geschah, hätte ich mir selbst in meinen kühnsten Träumen nicht vorzustellen gewagt. Sprache allein reicht nicht aus, um zu schildern, was ich empfand.
    Die Flamme umfing uns wie ein grüner Vorhang und versperrte die Sicht auf die gewaltige Kammer. Dann hatte ich den Eindruck, von einer urtümlichen Kraft gepackt und wie in einem aufwärts rauschenden Wasserfall inmitten eines gleißenden Lichtes in schwindelnde Höhen getragen zu werden, bis zum Firmament und darüber hinaus. Das Gefühl war unbeschreiblich. Mir war, als seien meine Gefährten und ich zu einer göttlichen Vereinigung mit der Flamme gelangt, als habe jedes Atom unserer Körper eine transzendente Erweiterung erfahren und sei nun beschwingt von einer ätherischen Leichtigkeit.
    Es war, als existierten wir nicht mehr, als seien wir ein einziges, unteilbares, gottgleiches Wesen geworden, das die Fesseln der Materie sprengte und sich weit über die Grenzen von Zeit und Raum erhob, um zu

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