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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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meine Geschicklichkeit den an sie gestellten Ansprüchen genügte – und wiederum wurde der abscheuliche schädelartige Auswuchs des Übeltäters abgetrennt. Doch wäre die Klinge auch nur um ein weniges nach dieser oder jener Seite fehlgegangen, dann hätte die daraus folgende Amputation aus fachlicher Sicht nicht mehr als Enthauptung gegolten.
    Die Sorgfalt und die Mühe, mit denen ich und meine Helfer die dritte Beerdigung ins Werk setzten, waren wahrhaft würdig, mit Erfolg belohnt zu werden. Wir legten den Rumpf in einen stabilen Sarkophag aus Bronze und den Kopf in einen zweiten, kleineren Sarkophag aus demselben Material. Anschließend wurden die Deckel mit geschmolzenem Metall aufgelötet und die beiden Behältnisse in entgegengesetzte Stadtteile von Commoriom gebracht. Den Sarkophag mit dem Rumpf darin versenkten wir in großer Tiefe unter einer gewaltigen Steinmasse. Doch den, der den Kopf enthielt, ließ ich unbeerdigt, damit ich und ein Trupp bewaffneter Wachsoldaten ihn die ganze Nacht über im Auge behalten konnten. Zudem postierte ich zahlreiche Wachen an der Stelle, wo der Rumpf begraben lag.
    Dann brach die Nacht an. Und gemeinsam mit sieben verlässlichen, mit je einem Dreizack bewaffneten Wachen begab ich mich zu der Stelle, wo wir den kleineren der beiden Sarkophage zurückgelassen hatten. Er stand im Hof einer verlassenen Vorort-Villa, weitab von den bevölkerten Stadtteilen. Meine eigene Bewaffnung bestand in einem kurzen Schwert und einer mächtigen Stoßaxt. Mit uns führten wir einen großzügigen Vorrat an Fackeln, der uns eine ausreichende Beleuchtung während der schaurigen Nachtwache sichern sollte. Wir entzündeten mehrere der Fackeln zugleich und steckten sie in die Fugen zwischen den großen Steinplatten des Hofes, wo sie einen hell flammenden Kreis um den Sarkophag bildeten.
    Desgleichen hatten wir jede Menge karmesinroten Foum -Wein in ledernen Beuteln dabei, außerdem Würfel aus dem Elfenbein von Mammut-Stoßzähnen, mit denen wir die schwarzen Nachtstunden zu vertreiben gedachten. Und mit gelegentlichen, jedoch wachsamen Blicken auf das Objekt des Argwohns sprachen wir maßvoll dem Wein zu und würfelten um geringe Geldbeträge von höchstens fünf Pazoor , wie es der Gepflogenheit guter Spieler entspricht, solange sie ihren Gegner noch abschätzen.
    Die Dunkelheit nahm schnell zu. In dem saphirblauen Rechteck über unseren Köpfen, dem das Licht der Fackeln eine samtschwarze Färbung verlieh, erblickten wir Polaris und die roten Planeten, die zum letzten Mal auf Commoriom in seiner Pracht und Größe herniedersahen. Doch wir ließen uns nicht träumen, dass Unheil bevorstand, sondern scherzten wacker und stießen in dreister Verhöhnung auf das monströse Haupt an, das jetzt so sicher eingesargt und so weit von seinem abscheulichen Rumpf getrennt war. Der Wein ging von Hand zu Hand. Bald stieg sein rosiger Geist uns zu Kopfe. Wir würfelten um kühnere Einsätze und endlich artete das Spiel in ein wüstes Gelage aus.
    Ich weiß nicht, wie viele Sterne über uns im dunstigen Firmament erloschen waren oder wie oft ich Gebrauch von den unentwegt kreisenden Weinschläuchen gemacht hatte. Gut erinnere ich mich hingegen, dass ich nicht weniger als neunzig Pazoor von den Dreizack-Trägern gewonnen hatte, die alle herzhaft und lärmend fluchten, während sie vergeblich versuchten, meine Glückssträhne zu beenden. Ich selbst hatte ebenso wie meine Gefährten den Gegenstand unserer Nachtwache vollkommen vergessen.
    Der Sarkophag, der den Kopf enthielt, war ursprünglich angefertigt worden, um ein kleines Kind aufzunehmen. Seine jetzige Verwendung, hätte man einwenden können, bedeutete eine sündhafte, frevlerische Entwertung kostbarer Bronze; doch zur fraglichen Zeit war nichts anderes von passender Größe und geeigneter Stärke verfügbar gewesen. In unserer wachsenden Spielwut hatten wir, wie ich bereits andeutete, alle aufgehört, ein Auge auf das Behältnis zu haben.
    Ich schaudere bei dem Gedanken, wie lange schon etwas ungehört und ungesehen vor sich gegangen war, ehe das ungewohnte, ja beängstigende Verhalten des Sarkophages unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Plötzlich erscholl ein lautes, metallisches Dröhnen, wie von einem Gongschlag oder dem Schwerthieb auf ein Schild, und brachte uns zu Bewusstsein, dass die Dinge nicht so lagen wie sie eigentlich sollten. Und als wir uns wie ein Mann in die Richtung wandten, aus der das Geräusch kam, sahen wir, dass der Sarkophag

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