Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1
nächtlichen Leiden nur auf die Djongua -Bohnen zurückzuführen, woraus ich folgerte, dass ich dieser gehaltvollen Speise allzu eifrig zugesprochen hatte. Zum Glück begriff ich die dunkle, unheilvolle Symbolik meiner Träume nicht, die sich schon allzu bald von ganz allein erklären sollte.
Nun muss ich die Dinge zu Papier bringen, die furchtbar sind für die Erde und ihre Bewohner – Dinge, die alles menschliche oder irdische Sein weit hinter sich lassen, die den Verstand untergraben, die der Dimensionen spotten und die Biologie auf den Kopf stellen. Es ist eine schreckliche Geschichte – und noch heute, mehr als ein halbes Jahrhundert später, lässt eine alte Angst meine Hand erzittern, während ich schreibe.
Doch von dergleichen Dingen ahnte ich noch nichts, als ich mich an jenem Morgen auf den Weg zum Hinrichtungsplatz begab, wo drei ziemlich gewöhnliche Verbrecher, deren Schädelmerkmale mir ebenso entfallen sind wie ihre Vergehen, darauf warteten, unter meinem tüchtigen Arm ihr wohlverdientes Ende zu finden. Aber ich war noch nicht weit gekommen, als der Lärm eines unerhörten Aufruhrs an mein Ohr drang, der sich rasch von Gasse zu Gasse, von Straße zu Straße durch ganz Commoriom fortpflanzte. Ich vernahm vielfache Schreie der Wut, des Grauens, der Furcht und der Wehklage, in die anscheinend jeder einstimmte, der zu jener Stunde zufällig sein Haus verlassen hatte.
Als ich einigen Bürgern begegnete, die sich unverkennbar in einem Zustand äußerster Erregung befanden und gar nicht mehr ablassen wollten von ihrem Gezeter, fragte ich nach dem Anlass des Spektakels. Und so vernahm ich, dass Knygathin Zhaum, dessen Verbrecherlaufbahn doch eigentlich beendet sein sollte, wieder zurückgekehrt war. Und dass er dies unheilige Wunder seiner Auferstehung durch die Verübung einer ganz entsetzlichen Untat mitten auf der städtischen Hauptstraße direkt vor den Augen einiger frühmorgendlicher Passanten kundgetan hatte!
Knygathin Zhaum hatte einen ehrbaren Verkäufer von Djongua -Bohnen gepackt – und ohne sich um die Schläge, die Mauerziegel, die Pfeile, die Wurfspieße, die Pflastersteine und die Flüche zu scheren, die die zusammenlaufende Menge und die Vertreter des Gesetzes auf ihn niederprasseln ließen, hatte er sogleich damit begonnen, sein Opfer bei lebendigem Leibe zu verspeisen. Erst als er seinen grässlichen Appetit befriedigt hatte, erlaubte er den Ordnungshütern, ihn abzuführen, und ließ dabei wenig mehr an der Stätte dieses ungeheuerlichen Vorfalls zurück als die Knochen und die Kleider des Bohnenverkäufers. Da dieser Fall in der Geschichte der Rechtspflege ohne Beispiel war, wurde Knygathin Zhaum zum zweiten Mal in das Verlies unterhalb des städtischen Gefängnisses geworfen, um dort das Urteil von Loquamethros und der acht Richter zu erwarten.
Das gewaltige Unbehagen, die tief greifende Verwirrung, die mich selbst nicht weniger erfüllten als die Einwohner und das Hohe Gericht von Commoriom, kann man sich leicht vorstellen. Wie jedermann bezeugen konnte, war Knygathin Zhaum fachgerecht enthauptet und vorschriftsmäßig begraben worden; und seine Wiederauferstehung war nicht nur wider die Natur, sondern bedeutete darüber hinaus einen äußerst unverschämten und überaus geheimnisumwobenen Verstoß gegen das Gesetz. Ja, die juristischen Aspekte des Falles waren so ungewöhnlich, dass sie die sofortige Verabschiedung eines Sondergesetzes erforderten, welches die abermalige Aburteilung und Hinrichtung jeglicher Missetäter vorschrieb und ermöglichte, die sich erdreisteten, in der besagten Art aus ihren gesetzlich zugewiesenen Gräbern zurückzukehren. Davon abgesehen herrschte allgemeine Ratlosigkeit – und sogar zu diesem frühen Zeitpunkt waren die Unwissenderen und die Religiöseren unter den Stadtbewohnern bereits geneigt, die Angelegenheit als Vorzeichen eines über dem Gemeinwesen schwebenden Unheils anzusehen.
Was mich selbst betrifft, so veranlasste mich meine wissenschaftliche Grundeinstellung, die das Übernatürliche ablehnt, die Lösung des Rätsels in der außerirdischen Abstammungslinie Knygathin Zhaums zu suchen. Ich war davon überzeugt, dass die Wirkungskräfte einer außerirdischen Biologie, die Eigenschaften eines transstellaren Lebensgrundstoffes auf irgendeine Weise mit der Sache zu tun hatten.
Mit wahrem Forschergeist berief ich die Totengräber zu mir, die Knygathin Zhaum verscharrt hatten, und befahl ihnen, mich zu seinem letzten Ruheflecken auf den
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