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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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namens Supirior Pools (sic!) weitervermittelt, fragliche Firma. Er war etwa zehn Mal zur Arbeit erschienen und dann nicht mehr hingegangen.
    »Und dennoch finden sich deine Fingerabdrücke überall in der Wohnung«, sagte ich.
    »Manchmal bin ich rein«, sagte Andray. Er schien empört darüber, ich könnte anderes im Sinn haben. »Sie wissen schon, um aufs Klo zu gehen oder was zu trinken. Der war in Ordnung. Hat mir was zu trinken gegeben und zu essen, solche Sachen.«
    »Was hast du getrunken?«, fragte ich.
    »Wasser«, kam es wie aus der Pistole geschossen.
    »Was hast du gegessen?«
    »Sandwich.«
    »Welche Sorte?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Hm«, sagte ich, »worüber habt ihr euch unterhalten?«
    Wieder zuckte er die Achseln. »Alles Mögliche.«
    »Entschuldige«, sagte ich und beugte mich vor. »Ich hätte mich deutlicher ausdrücken sollen. Worüber hast du geredet, als er dir Wasser und geheimnisvolle Sandwiches serviert hat?«
    Wieder zuckte Andray die Achseln. »So Zeug halt.«
    »Entschuldige«, sagte ich und lehnte mich zurück, »mein Fehler. Ich glaube, ich habe mich unklar ausgedrückt. Weißt du, ich glaube nicht, dass du gut mit Vic Willing befreundet warst. Ich glaube, dass du Vic Willing höchstwahrscheinlich ermordet hast, mindestens aber hast du seine Wohnung geplündert. Also gebe ich dir hier Gelegenheit, die extrem unwahrscheinliche Möglichkeit zu erklären, dass du und Vic Willing tatsächlich so etwas wie eine persönliche Beziehung gepflegt habt, indem du mich über die Grundlagen dieser Beziehung aufklärst und mir sagst, worüber du geredet hast, wenn du mit Vic Willing geredet hast. «
    Andray sah mich an.
    »Vögel«, verteidigte er sich. Die Furchen in seinem Gesicht wurden tiefer, und er runzelte die Stirn. »Wir haben über Vögel geredet.«
    »Vögel?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte Andray. »Er hat sie gefüttert. Die haben ihm den ganzen Balkon eingesaut. Überall Körner und Vogelscheiße und so ein Dreck. Er hat was draufgelegt, damit ich seinen Balkon putze, wenn ich mit dem Pool fertig war. Ich hielt Vögel immer für eine Art, na ja, Ratten. Dreckig. Nutzlos. Aber wissen Sie, wenn man einmal anfängt, sie zu beobachten, sind sie … ich weiß auch nicht. Die sind cool. Die sind einfach …« Er zuckte die Achseln.
    »Vögel?«, schlug ich vor.
    »Ja«, sagte Andray. »Einfach Vögel. Er hat sie mir gezeigt, wissen Sie, die verschiedenen Arten und so.«
    »Vic?«, fragte ich skeptisch. »Vic hat dir die Vogelarten erklärt?«
    »Schauen Sie«, sagte Andray wütend und griff in die Hosentasche seiner Jeans. »Das hat er mir gegeben. Ein Buch. Über die verschiedenen Arten.«
    Er zeigte mir ein kleines Taschenbuch. Ein Schauder lief mir über den Rücken, als ich die vertraute Amsel auf dem Umschlag sah.
    Détection von Jacques Silette. Auf dem Einband der britischen Ausgabe war eine fliegende Amsel abgebildet.

    »Das Rätsel lässt sich nicht lösen, indem man Fingerabdrücke oder Verdächtige oder Tatwaffen sammelt«, schrieb Silette. »Derlei ist nur gut, um bei dem Detektiv Erinnerungen zu wecken. Der Detektiv und der Auftraggeber, das Opfer und der Täter – ihnen allen ist die Lösung längst bekannt. Sie müssen sie sich nur in Erinnerung rufen und wiedererkennen, wenn sie sich zeigt.«

14
    A m nächsten Morgen frühstückte ich im Clover Grill. Bei Eiern und Maisgrütze überflog ich Andrays Akte ein weiteres Mal. Nachdem er mir seine Ausgabe von Détection gezeigt hatte, hatte er dichtgemacht, und ich war gegangen.
    Ich wusste nicht, woher er das Buch hatte. Ich bezweifelte, dass Vic Willing es ihm geschenkt hatte, um ihn über Vogelarten aufzuklären, da es in dem Buch nicht wirklich um Vögel ging.
    Aber wie war er daran gekommen? Und warum trug er es mit sich herum? Als ich ihn gefragt hatte, war er zu seiner Einsilbigkeit zurückgekehrt. Weiß nicht. Keine Ahnung. Kein Grund.
    Détection, schrieb ich in meinen Block. Andray. Warum?
    Ich wandte mich wieder seinem Strafregister zu. Aus einer Pflegefamilie hatte man ihn genommen, weil der Pflegevater ihn vermutlich sexuell missbraucht, aus einer anderen, weil die Pflegemutter ihn vermutlich vernachlässigt hatte. Danach war er reif für die Gangs gewesen, die in New Orleans das Sagen hatten.
    In anderen Städten warteten Hilfsprogramme und Heilsarmeen und Sozialarbeiter nur darauf, einen so formbaren Klumpen Mensch wie Andray in die Finger zu bekommen. Sie hätten ihm beigebracht, seinem Chef und seiner

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