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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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Effekts wegen, und ehrlich gesagt war ich inzwischen recht angetrunken. Vermutlich roch ich zudem nach dem Crack aus der Pfeife, die auf dem Congo Square herumgereicht worden war.
    Der Tag verlief weniger gut, als ich gehofft hatte.

34
    D as Schwierigste am Waffenkauf in Louisiana ist die riesengroße Auswahl. Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte. Mindestens einmal täglich hörte ich Schüsse. Die Hälfte aller Männer in der Stadt trug weit geschnittene Klamotten, unter denen ein halbes Arsenal Platz gefunden hätte. Unten am Flussufer knirschten die Patronenhülsen unter meinen Sohlen wie Crackampullen oder trockenes Laub. In der Vorstadt westlich des Zentrums reihten sich die Pfandleiher aneinander und warben mit SONDERANGEBOT: NEUNMILLIMETER NUR 99 $ und SCHUSSWAFFENAUSVERKAUF und UZIS HEUTE BILLIGER.
    Doch ich hielt die Leihhäuser für zu riskant. Es wäre von Nachteil, eine registrierte Waffe zu besitzen, außerdem war ich mir nicht sicher, was in meinem polizeilichen Führungszeugnis stand. Ich hatte Dokumente für zwei weitere Identitäten dabei, wollte sie aber nicht vorschnell aufbrauchen.
    Also kurvte ich durch Central City. Wie immer lungerten an jeder dritten oder vierten Ecke junge Männer herum. Es war wie an den Highway-Ausfahrten, an denen sich unzählige Fast-Food-Läden und Tankstellen aneinanderreihten. Alle Angebote sahen gleich gut oder gleich schlecht aus. Die Transaktion war unkompliziert, dennoch konnte jede Menge schiefgehen. Möglicherweise würde man mich ausrauben. Die Polizei könnte dazukommen. Vielleicht wollten die Jugendlichen mit mir keine Geschäfte machen.
    Ich nahm zwei Würfel aus einem Fach in meiner Handtasche. Einer war aus Lapislazuli, einer aus Jade. Sie hatten Constance gehört. Ich hielt die Würfel in der Hand, um sie anzuwärmen. Dann warf ich sie auf den Beifahrersitz.
    Ich hatte eine Sieben gewürfelt. An der nächsten Ecke bog ich nach links und dann nach rechts auf die Seventh Street ab. Zwei Häuserblocks weiter entdeckte ich eine Gruppe von Jugendlichen, die größer war als die anderen Ansammlungen. Acht oder zehn junge Männer standen lachend auf den Stufen eines Holzhauses. Sie lachten über etwas, das der Junge ganz oben auf der Treppe gesagt hatte. Der Junge stand oben und verzog keine Miene, obwohl er alle anderen zum Lachen gebracht hatte.
    Als ich näher kam, sah ich, dass der Junge oben auf der Treppe Andray Fairview war.
    Ich hielt an. Zwei der Jungen auf dem Gehsteig steckten die Hände in den Hosenbund und starrten mich an. Ich ließ die Seitenscheibe herunter und lehnte mich hinaus.
    »Hey, Andray«, rief ich. »Kennst du mich noch?«
    Während die anderen amüsiert zuschauten, kam er herunter und lehnte sich an mein Auto.
    »Was gibt’s, Miss Claire?«, fragte er. Sein Blick sah nicht viel anders aus als im OPP: leer, deprimiert, so ganz ohne Qi. Er hatte wieder mal alle Schotten dicht gemacht und keine Absicht, mich einzulassen. Ich nahm es ihm nicht übel.
    »Komm«, sagte ich, »steig ein. Du kannst mir einen Gefallen tun, dann hast du was bei mir gut.«
    Er kletterte, ohne zu protestieren, auf den Beifahrersitz und schlug die Tür zu.
    »Was gibt’s?«, fragte er noch einmal und starrte geradeaus.
    Ich spielte kurz mit dem Gedanken, ihm einen Ich-bin-auf-deiner-Seite-Vortrag zu halten, aber dann fiel mir ein, dass das nicht stimmte. Ich mochte Andray irgendwie, aber auf seiner Seite war ich nicht. Ich konnte nicht ausschließen, dass er Vic Willing getötet hatte.
    »Hör mal«, sagte ich, »ich brauche eine Waffe.«
    Andray drehte sich zu mir um, sein Gesicht ein einziges Fragezeichen.
    »Ja«, sagte ich, »es ist schockierend. Eine so nette Lady wie ich.«
    Er lachte. »Ich habe keine mehr«, sagte er, »aber wenn Sie eine kaufen wollen, zeige ich Ihnen, wo.«
    »Danke«, sagte ich. »Im Ernst, zur Selbstverteidigung.«
    »Klar«, sagte Andray. Er lüpfte sein T-Shirt und zeigte mir seinen schmalen Waschbrettbauch, auf den eine ordentlich im Bund der Boxershorts verstaute Neunmillimeterpistole eintätowiert war. »Von wegen man soll immer die andere Wange hinhalten und so … das ist ganz schön mühsam.«
    »Du sagst es«, stimmte ich zu. »Schon mal ans Umziehen gedacht? Anderswo erschießen sich die Leute weit seltener.«
    Wir lachten. Ich weiß nicht, warum. Am Vortag waren in New Orleans mehr Amerikaner umgekommen als im Irak. Und wenn man die erschossenen Kids aus allen amerikanischen Städten zusammenrechnete, wären es

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