Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)
erlauben, mich da draußen zu verkriechen!«
Ich wollte widersprechen, ließ es aber bleiben. Iss dein Frühstück. Hör bloß keinen Jazz, der ist des Teufels. Stell dich nie an eine Straßenecke, an der jemand versucht hat, dich zu erschießen.
»Hast du noch die .38er?«, fragte Andray.
Terrell sah ihn an, als hielte er ihn für verrückt. Andray nickte. Terrell warf ihm einen Musst-du-selber-wissen-Blick zu und nickte schließlich.
»Ich kann sie holen«, sagte er.
»Gut«, sagte Andray und stieß die Tür auf. »Los, steig ein. Wir müssen Miss Claire helfen.«
Andray rutschte in die Mitte, und Terrell stieg ein und zog die Tür zu. Terrell wollte wieder anfangen, sich für neulich zu bedanken. Ich schnitt ihm das Wort ab. Andray und Terrell fingen an zu kichern. Wenn sie miteinander redeten, war ihr Akzent so stark und der Dialekt so fremd, dass ich nichts verstand als mothafucka und nigga.
»Was ist mit dir?«, sagte ich zu Terrell. »Kanntest du Vic Willing?«
Terrell war damit beschäftigt, eine Zigarettenschachtel aus seiner weiten Jeans zu fingern und sich eine Zigarette anzuzünden.
»Verdammte Scheiße«, lachte Andray, »Terrell war das ganze Wochenende bei mir, von Freitagabend bis wir nach Texas gefahren sind. Lassen Sie den bloß in Ruhe, Lady. Der kennt keinen Anwalt. Der Junge hat kaum mal einen Cop aus der Nähe gesehen.«
Beide Jungen lachten, dabei war es gar nicht witzig.
»Wo warst du an dem Wochenende?«, fragte ich Terrell. »Während des Sturms?«
Terrell lächelte weiterhin, aber es wirkte aufgesetzt. Er hielt die Zigarette fest und fuhr sich mit der freien Hand in die Dreadlocks, hob sie an, hielt sie für einen Moment in der Luft und ließ sie schließlich auf seinen Rücken zurückfallen.
»Wir sind zum Superdome gelaufen«, sagte er auf, »und dann zum Convention Center. Dann haben wir die anderen getroffen, Peanut, Lali und so.«
Terrell beobachtete Andray, als wolle er sichergehen, dass er das Richtige erzählte. Andray starrte geradeaus und ignorierte ihn.
Andray hatte recht. Terrell war kein gewiefter Krimineller. Er war ein lustiger, aufgeweckter Junge, der, wäre er woanders auf die Welt gekommen, wohl nichts Schlimmeres verbrochen hätte, als mit einem gefälschten Schülerausweis Bier zu kaufen. Mir fiel kein anderer Umstand ein, als in New Orleans geboren zu sein, der Terrell dazu gebracht hätte, jemals eine Waffe in die Hand zu nehmen.
»Und dann sind wir nach Houston gefahren«, fuhr Terrell fort. »Zum Astrodome, aber die wollten uns nicht reinlassen.«
»Und dann?«, fragte ich. »Was habt ihr gemacht, als man euch den Zutritt verwehrte?«
Terrell erstarrte. Zweifellos versuchte er, sich an die Geschichte zu erinnern, die Andray ihm vorgebetet hatte, um ein Alibi zu haben. Dann brach er in Gelächter aus.
»Hey, Lady«, sagte er, »ich helfe Ihnen gern. Aber ich will das vergessen. Ich will da nicht mehr dran denken.«
Ich gab es auf. Diese Jungen zum Reden zu bringen war nicht weniger schwierig, als Katzen mit dem Lasso zu fangen. Terrell wies mir den Weg zu einem halb verfallenen, leerstehenden Haus in der Nachbarschaft. Im Vorgarten steckte das Schild einer Baufirma, halb unter Geröll und Müll vergraben. Vermutlich war das Haus zur Hälfte renoviert gewesen, als der Sturm alle Mühen zunichtegemacht hatte.
Hier renoviert Frank von
Bauen im Neunten Bezirk
Rufen Sie Frank an!! Frank kann helfen!!
Über die Schrift hatten sich transparente, gelbbraune Wasserflecken gelegt.
Ich parkte vor dem Haus, und Terrell rannte hinein, während Andray und ich im Auto sitzen blieben. Ein paar Minuten später kam Terrell wieder heraus, und wir fuhren zu einem anderen leerstehenden Haus. Terrell zog die Waffe aus der Hose und legte sie aufs Armaturenbrett.
»Darf ich?«, fragte ich. Die Jungen nickten. Ich nahm die Waffe, betrachtete sie und hantierte damit herum. Sie war geladen. Sie sah gut aus.
»Wie viel willst du dafür?«, fragte ich.
Terrell sah erst Andray an und dann mich und zuletzt die Waffe. »Nichts«, sagte er. »Sie haben mir das Leben gerettet. Ich will an Ihnen nichts verdienen.«
»Dann lass mich dir wenigstens geben, was du dafür bezahlt hast«, sagte ich. Normalerweise kaufte ich keine Hehlerware von Kindern, aber wenn es schon sein musste, wollte ich mich nicht auch noch bereichern.
Wir stritten über den Preis und einigten uns auf hundert. Ich steckte die Waffe ein und gab Terrell fünf Zwanziger. Terrell griff in die endlos tiefen
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