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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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Kopf.

    Auf dem Rückweg zu meinem Hotel in Downtown hielt ich an der durchgehend geöffneten Tankstelle an der Ecke von Magazine und Washington Avenue, um ein paar Wasserflaschen zu kaufen. Theoretisch war das Leitungswasser in New Orleans so sauber wie vor dem Sturm. Aber selbst, wenn das stimmte, war es nicht gerade ein Qualitätsmerkmal.
    Der Tankstellensupermarkt war der einzige Laden weit und breit, der nachts geöffnet hatte, und der Parkplatz war voll. Ich stellte den Wagen an der Washington Avenue vor dem sogenannten Feuerwehrmuseum ab. Im Verkaufsraum der Tankstelle hatte sich ein Bevölkerungsquerschnitt von New Orleans versammelt, wobei jeder Repräsentant einer bestimmten Gruppe die anderen misstrauisch beäugte: Der Punk starrte den Studenten an, der Schläger behielt den Punk wachsam im Blick. Der ägyptische Tankstellenpächter folgte der Cracklady durch die Regale, während die Cracklady auf eine Respektlosigkeit von Seiten des ägyptischen Pächters lauerte.
    Auf dem Weg hinaus lief ich Terrell in die Arme, Andrays Freund. Er lungerte zusammen mit einem anderen Jungen neben einem höhergelegten Oldsmobile mit riesigen Reifen herum. Er hatte sein Handy gezückt und wollte gerade telefonieren.
    »Hey, Miss Claire«, sagte er unsicher. Terrell sah angespannt aus, gar nicht so fröhlich wie sonst. Ich vermutete, dass er mit den coolen Kids rumhing und deswegen besonders abgebrüht aussehen wollte. Ich winkte ihm zu. Er winkte zurück und wandte sich wieder seinem Handy zu.
    Ich lief zu meinem Truck. Ich war fast da, als ich hinter mir Schritte hörte. Ich drehte mich um.
    Es war Andray. Er war nicht allein. Hinter ihm standen drei junge Männer, die ich noch nie gesehen hatte. Alle trugen die Uniform aus weiter Jeans und übergroßem Kapuzenpullover, dazu das übliche Hohnlächeln.
    Terrell sah ich nicht. Sie hatten mich gesucht, das wurde mir plötzlich klar, und Terrell war die Vorhut gewesen.
    Es wäre wirklich nützlich gewesen, hätte ich das fünf Minuten früher gemerkt.
    »Wie geht’s, Miss Claire?«, fragte Andray. Falls er sich daran erinnern konnte, dass wir uns so gut wie angefreundet hatten, ließ er sich nichts davon anmerken.
    Ich tastete in meiner Handtasche nach dem Revolver – der Revolver, den Terrell mir besorgt hatte. Eine dumme Geste. Der jüngste von Andrays Begleitern, ein Junge von etwa sechzehn Jahren, dessen Haut fast ebenso schwarz war wie seine Haare, richtete im selben Moment eine Neunmillimeter auf mich.
    »Na super«, sagte ich, »Lucky Luke.«
    Die Jungen lachten, aber der jüngste ließ die Waffe nicht sinken.
    »Scheiße«, sagte Andray, »Sie sind immer so lustig, Miss Claire. Hören Sie mal, wir müssen reden. Sie machen jetzt eine kleine Spazierfahrt mit uns, okay?«
    Ich sah Andray an. Ich suchte nach dem angelehnten Fenster, nach dem zu knackenden Türschloss, nach der Einstiegsmöglichkeit in seine Psyche.
    Nichts. Er hatte die Schotten dicht gemacht.
    »Du bist der Boss«, sagte ich.
    Andrays Freunde blieben etwas zurück, als wir zur Prytania liefen. Wir schwiegen. Andrays Turnschuhe machten kein Geräusch, und sein Atem hing in der stillen Abendluft als weiße, weiche Wolke vor seinem Gesicht. An der Straßenecke sah ich, was ich befürchtet hatte.
    Einen schwarzen Hummer. Genau wie der, von dem aus neulich auf den Jungen vor dem Restaurant geschossen worden war.
    Oder auf mich.
    Wir blieben neben dem Auto stehen.
    »Willst du mich umbringen, Andray?«, fragte ich. Ich konnte mein eigenes Herz wummern hören.
    Andray schüttelte schweigend den Kopf, als hätte ich etwas besonders Dummes gesagt.
    In dem Moment bekam ich Angst.

    Die anderen Jungen hatten uns eingeholt, und der jüngste warf seine Neunmillimeter einem der beiden anderen mittelgroßen, mittelschweren, nicht weiter bemerkenswerten jungen Männer zu. Der fing die Waffe am Griff auf. Es war wie im Zirkus. Der Jüngere öffnete den Hummer mit einem Schlüssel, und wir alle stiegen ein. Ich saß vorn zwischen Andray und dem Fahrer, die beiden wenig bemerkenswerten Jungen auf der Rückbank.
    »Hast du keine Fernbedienung?«, fragte ich.
    »Ich habe das blöde Teil verloren!«, rief der Fahrer. »Gleich am ersten Tag habe ich das verdammte Teil verloren. Und haben Sie eine Ahnung, was die Dinger beim Händler kosten?«
    »Kann ich mir vorstellen«, sagte ich. »Ich würde es mal bei ebay probieren.«
    »Ja«, sagte er und warf beim Losfahren einen Blick über die Schulter. »Ich muss mich drum

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