Die Stadt der verkauften Traeume
aus Lily heraus, aber der Inspektor hob abwehrend die Hand.
»Dafür haben wir später noch genug Zeit, Miss Lilith. Zuerst sollten wir Sie und Ihre Freunde hier rausholen.«
Zum ersten Mal war Lily mit jedem Wort, das der Inspektor sagte, einverstanden.
KAPITEL 19
Die Verhandlung
… Unseren neuesten Berichten zufolge erholen sich Mr Laudate und seine Schwester gut von ihren Verletzungen. Inspektor Greaves, der noch immer keine Angaben dazu macht, wie bei seinem Sergeant eine so plötzliche Geistesstörung auftreten konnte, merkte an, er sei froh, dass Miss Benedikta die Geistesgegenwart besessen habe, die nächstbeste Streife zu verständigen. Als unser Reporter ihn dazu befragte, warum er persönlich in den Elendsvierteln auf Streife gehe, obwohl das nicht zu seinen üblichen Aufgaben gehöre, weigerte sich der Inspektor ebenfalls, einen Kommentar abzugeben …
Mark ließ die Zeitung sinken. In seinem Kopf ging es drunter und drüber. Er hatte den Artikel schon drei Mal gelesen, seit Snutworth ihm die Zeitung am Morgen gebracht hatte, und noch immer konnte er es kaum glauben.
Er schaute auf sein Frühstück, das auf einem abgestellten Tablett trocken wurde, und stellte fest, dass er keinen Hunger hatte. Seine Augen wanderten wieder zur Zeitung. Sie hatten nicht geschrieben, warum Gloria sich so leicht hatte in das Elendsviertel locken lassen. Er war in Sicherheit.
Er warf einen gereizten Blick zu Snutworth, der immer noch mit ausdrucksloser Miene neben dem Esstisch stand. Das machte ihn völlig nervös. Snutworth schien auf Marks Reaktion zu warten. Es war wie ein Test, und Mark war sich nicht sicher, wie die richtige Antwort lautete. Er wusste genau, dass das Gefühl, das ihm den Appetit verschlagen hatte, alles andere als Erleichterung war.
»Eine schreckliche Sache«, sagte er vorsichtig.
Snutworth nickte. Dann herrschte wieder Schweigen.
Mark senkte den Blick erneut auf die Zeitung, wobei er dem Blick seines Bediensteten geflissentlich auswich. »Ich bin froh, dass es Lily und ihren Freunden besser geht. Hier steht, dass Doktor Theophilus nach einigen Stunden sogar so weit wiederhergestellt war, dass er sich selbst um die anderen kümmern konnte.«
»Das sind wirklich gute Neuigkeiten.«
»Ja«, murmelte Mark. »Wahrscheinlich hat ihn der Schlag in der Dunkelheit nicht richtig erwischt.«
»Was für ein Glück.«
Bedächtig rollte Mark die Zeitung zusammen und biss in ein Stück geröstetes Brot. Snutworth wartete immer noch. Aber auf was? Mark wollte unbedingt, dass er ging, aber etwas hielt ihn davon ab, ihn wegzuschicken. Er sollte sich wirklich nicht von seinem eigenen Diener einschüchtern lassen, dachte er. Außerdem musste er ohnehin noch etwas erledigen.
»Snutworth, ich gehe aus.«
»Sehr wohl, Sir.«
»Ich komme erst in einigen Stunden wieder. Würden Sie sich bis dahin um sämtliche Angelegenheiten kümmern?«
»Selbstverständlich, Sir.«
Und immer noch diese Erwartung, dieser wachsame Blick, während Mark sich die Krümel vom Mund wischte und in seinen Mantel schlüpfte. Natürlich war es draußen immer noch zu warm dafür, aber Mark konnte schließlich nicht herumlaufen wie jeder andere.
Dann wurde ihm bewusst, worauf Snutworth wartete. Er hielt inne und wählte seine Worte mit großem Bedacht.
»Snutworth«, sagte er langsam. »Wenn irgendjemand kommt und nach dieser Sache fragt, wird es Ihnen sehr leidtun, dass wir nichts wissen, verstanden?«
Snutworth lächelte zufrieden. »Das, Sir, versteht sich von selbst.«
Als Mark die Eingangstür des Turms hinter sich schloss, war er alles andere als zufrieden. Im Gegenteil, das angespannte Gefühl in seinem Magen war eher noch schlimmer geworden. Er ließ sich einfach von seinen Füßen davontragen, ohne auf die Leute zu achten, die sich immer wieder an ihn herandrängten und von denen die meisten es wagten, den berühmten Sterndeuter mit einem ehrfürchtigen Nicken zu grüßen. Er versuchte noch immer herauszufinden, ob sein Gefühl nun eher Angst oder ein schlechtes Gewissen war.
Er hatte zwar nichts Falsches getan, aber man könnte es immerhin so drehen, dass es so aussah, und er war sich nicht sicher, ob er auf Lilys Wohlwollen zählen konnte.
Mark fröstelte. In dem Zeitungsartikel hatte auch gestanden, dass Pauldron keine Reue verspürt habe. Er sei mit Gloria wie mit einem völlig wertlosen Gegenstand umgegangen.
Wertlos.
Mark schüttelte den Kopf. Inzwischen hatte er den großen Marktplatz erreicht
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