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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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Stirn und versuchte sich zu erinnern. »Ich glaube, ich habe damals bei dem Buchbinder einige gesehen, in den Auftragsbüchern«, sagte sie. »Das ist so etwas wie eine Stiftungsurkunde, eine Art Auflistung der Anrechte und Ziele, wenn man etwas ins Leben ruft, wie eine Gilde oder« – Lily zuckte bei dem Gedanken zusammen – »oder vielleicht einen Geheimbund. Aber das Papier eben sah nicht so aus wie die, die ich damals gesehen habe …«
    Jetzt kam auch Laud finster dreinblickend zu ihnen herüber. »Es muss wichtig gewesen sein«, überlegte er und fugte dann gereizt hinzu: »Warum müssen sie es einem auch immer so schwer machen? Ist es denn zu viel verlangt, etwas Einfaches aufzusetzen, das man sofort versteht?«
    »Einfachheit ist heutzutage selten geworden, nicht wahr, Mr Laudate?«
    Die Stimme kam vom Eingang her.
    Alle drei fuhren herum. Dort, einen Fuß noch auf der Treppe, stand eine Gestalt, die in einen nur allzu vertrauten, mitternachtsblauen Mantel gehüllt war.
    »Sergeant!«, entfuhr es Lily. »Wir haben nur …«
    »Ich glaube, die Bezeichnung dafür lautet Einbruch und unbefugtes Betreten«, fuhr Sergeant Pauldron ungerührt fort. Seine Augen fingen das Licht der Laterne ein und schimmerten, als er die drei Eindringlinge betrachtete. »Eine sehr ungewöhnliche Art zu trauern, Miss Benedikta und Miss Lilith. Man könnte glatt annehmen, dass Sie mehr über diesen unglückseligen Vorfall wissen, als sie zugeben.«
    »Aber nein, Sir«, sagte Lily und ließ hastig die Reste des Statuts in ihre Schürzentasche fallen. »Wir dachten, vielleicht …« Ihre Gedanken überschlugen sich und suchten nach einer Erklärung, die nicht darauf hinauslief, dass sie heimlich den Bericht des bewusstlosen Eintreibers gelesen hatten. »Wir wollten uns selbst einen Eindruck verschaffen … Und einige der Schuldner haben uns erzählt, dass sie dieses Gebäude irgendwie merkwürdig fänden …«
    Lilys Stimme erstarb unter Pauldrons Blick. Er war vollkommen ruhig, aber seine unterdrückte Energie war förmlich zu spüren. Er machte einen Schritt auf sie zu.
    »Dabei dachte ich, Sie hätten eingesehen, dass dieser Fall abgeschlossen ist, Miss Lilith.«
    Benedikta bestürmte den Sergeanten und hängte sich flehentlich an seinen Arm. »Aber das kann nicht wahr sein! Pete würde das niemals tun, nicht in tausend Jahren …«
    Pauldron legte behutsam eine Hand auf Benediktas Schulter. »Du musst noch lernen, Kind, dass jeder seine Geheimnisse hat.«
    Lily runzelte die Stirn. Etwas beunruhigte sie … Etwas Wichtiges. Etwas, das ihr sagte, dass hier etwas nicht stimmte. Wenn sie doch nur …
    »Sergeant«, sagte sie langsam und bedächtig, »wo ist Doktor Theophilus? Er hat oben Wache gehalten …«
    Sie sah, wie sich Pauldrons Finger auf Benediktas Schulter kaum merklich anspannten. Lily suchte seine andere Hand, aber die war nicht zu sehen.
    »Ben«, sagte Lily, »ich glaube, du kommst besser hier rüber.«
    »Ich … glaube nicht, dass ich das kann«, sagte Ben mit unnatürlich hoher und gepresster Stimme.
    »Das ist möglicherweise kein guter Vorschlag«, stimmte ihr Pauldron zu. »Aber du darfst dich ein kleines Stück zur Seite drehen.«
    Langsam und steif wandte sich Benedikta um. Aber es waren nicht ihr blasses Gesicht und ihre zitternden Hände, die Lilys Aufmerksamkeit auf sich zogen. Es war das lange Messer mit der schmalen Klinge, das der Sergeant gegen ihren Bauch drückte, gerade fest genug, dass die Spitze den Stoff ihres Schals durchtrennte. Das Messer glänzte im Licht der Laterne, genauso kalt und hart wie seine Augen.
    Laud setzte sich in Bewegung, und Pauldron wandte ihm mit einer raschen Kopfbewegung seine Aufmerksamkeit zu.
    »Ganz ruhig, Junge, das geht dich nichts an. Wenn du Glück hast, geht diese Schwester nicht denselben Weg wie die andere.«
    Eine schreckliche Stille breitete sich aus. Lauds Blick schien an das Messer gefesselt zu sein, aber Lily schaute fest in Pauldrons eigenartig teilnahmsloses Gesicht.
    »Das Messer ist sauber«, sagte Lily mit ruhiger Stimme. Pauldron nickte kaum merklich. »Um den Doktor hat sich ein Schlagstock gekümmert. Das ist leiser. Er dürfte zunächst nur bewusstlos sein.«
    Lily schluckte. Plötzlich war ihr Hals ganz trocken, und das Herz hämmerte so laut in ihren Ohren, dass sie sich selbst kaum sprechen hörte. Trotzdem redete sie weiter.
    »Warum Pete?«
    »Wie kommst du darauf, dass ich deine Fragen beantworte?«, fragte Pauldron und verzog den Mund zu einem

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