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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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hört. Nur, weil ich die Tür aufgemacht habe …« Das Mädchen hielt inne und neigte den Kopf leicht zur Seite. »Du bist doch keine Diebin?«
    »Nein.«
    »Gut. Falls doch, habe ich eine Glocke, mit der ich klingeln kann, und auch eine Trillerpfeife; aber hier gibt es sowieso nicht viel zu stehlen. Wir haben nicht mal welche von den Violinen der Signora hier, sie hat gerade die vorletzte verkauft …« Dem Mädchen schien etwas anderes eingefallen zu sein. »Aber vielleicht … bist du ja eine ihrer Bewunderinnen, von früher noch?« Sie betrachtete Lily von oben bis unten. »Eigentlich bist du zu jung, um dich an sie zu erinnern, aber ich habe mich schon mal getäuscht. Wenn du morgen früh noch einmal kommst, gibt sie dir vielleicht ein Autogramm … Ich …« Wieder hielt sie inne und schüttelte wehmütig den Kopf. »Entschuldige bitte … Ich habe nicht oft Gelegenheit, mich mit jemandem zu unterhalten. Hier gibt es keine anderen Diener mehr. Bist du abgehauen?«
    Es dauerte einen Moment, bis Lily klar wurde, dass eine Frage gestellt worden war. Sie wollte schon nicken, überlegte es sich dann aber anders.
    »Nur, wenn ich nicht bald in den Schütze-Bezirk zurückfinde«, sagte sie.
    Das andere Mädchen runzelte die Stirn. »Ich sollte dich anzeigen, weißt du«, flüsterte sie vorsichtig. »Du bist hier schließlich eingebrochen. Und du hast dir ein kostenloses Konzert erschlichen. In den vornehmen Häusern des Löwe-Bezirks gibt es mehr als einen, der alles dafür geben würde, die Signora spielen zu hören.« Das Mädchen musterte sie wieder von oben bis unten. »Würdest du dich wehren, wenn ich nach Hilfe rufen würde?«
    Lily dachte verwirrt nach. Das Mädchen sah nicht unfreundlich aus, aber es hatte hier das Heft in der Hand. Lily nickte. »Mir bliebe nichts anderes übrig«, sagte sie. »Es wäre meine einzige Chance.«
    Das Mädchen dachte über die Worte nach und nickte dann ebenfalls. »Das würde mir die Signora niemals verzeihen. Sie hasst es, gestört zu werden.« Dann verzog sich ihr Gesicht zu Lilys Verwunderung wieder zu einem Grinsen. »Nun, dann muss ich dir wohl den Weg zurück zeigen. Wir gehen über den großen Marktplatz.«
    Lily wartete, während sich das Mädchen ein dunkles, schweres Kleid überzog, das an ihm viel zu groß wirkte. Das muss eine Falle oder so was sein, dachte Lily. Wahrscheinlich bringt sie mich zu den Eintreibern. Mehr als einmal überlegte sie, ob sie auf der Stelle davonlaufen und versuchen sollte, den Weg alleine zu finden. Aber dann öffnete das Mädchen die Tür, lächelte sie an, und Lily sah ihn, den gleichen Gesichtsausdruck, den Theophilus in seinen besten Momenten hatte: diesen vertrauensvollen, freundlichen Ausdruck. Immer noch verwundert darüber, dass ihr jemand, und gar eine andere Dienerin, einfach so zu helfen bereit war, glitt Lily leise aus der Haustür. Das Mädchen folgte ihr, schloss die Tür und lachte.
    »Das hast du ja gut gemacht, dir ausgerechnet die Nacht in dieser Woche auszusuchen, in der es nicht regnet«, sagte sie, als sie losmarschierten. »Ich bin nicht wie die Signora, mir ist nicht jedes Wetter recht. Ich glaube wirklich, dass sie die Kälte nicht spürt. Wenn es nass gewesen wäre, hätte sie mich daran erinnert, das Haus abzuschließen, dann wärst du hier draußen auf der Straße ertrunken. Hier unten in den Tiefen des Jungfrau-Bezirks wird es manchmal zu einem richtigen Fluss. Ich selbst komme aus dem Stier-Bezirk, dort oben haben wir’s wesentlich trockener, was allerdings im Sommer nicht so angenehm ist. Ich heiße übrigens Ben, das ist eine Abkürzung für Benedikta. Und du?«
    »Hmm …« Lily merkte, dass sie mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache war. Etwas in dieser Musik lenkte sie noch immer ab. »Ah … Lily, das ist eine Abkürzung … äh … für …« Eigenartig. Eben noch war sich Lily ganz sicher gewesen, dass sie etwas sagen würde. Aber soweit sie wusste, war ihr Name nicht länger als eben Lily. »Es ist keine Abkürzung für irgendwas. Einfach nur Lily.« Da sie sah, dass Benedikta etwas erwidern wollte, redete sie gleich weiter: »Diese Musik …«
    »Einfach wunderbar, findest du nicht auch?« Benedikta seufzte und ging mit leichten Schritten durch die unebenen Straßen. »Man würde nicht denken, dass sie sie noch nie vor Publikum gespielt hat. Warum behält man so etwas für sich?«
    Lily runzelte die Stirn. »Hast du nicht gesagt, dass sie Bewunderer hat …?«
    »Selbstverständlich. Sie ist

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