Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
unten.
Ohne dass es einer weiteren Aufforderung bedurft
hätte,
folgte er Sarn und den beiden anderen Männern in die Tiefe.
Kaum hatten sie die Treppe betreten, da fiel die Klappe über
ihnen zu und sie fanden sich erneut in einem schier endlosen,
unterirdischen Labyrinth wieder. Gang folgte auf Gang, sie
liefen über Treppen, Geröllhalden oder auch von der Hand der
Natur geformte Rampen und Mike war sicher, dass er
schon
nach wenigen Schritten hoffnungslos die Orientierung verloren
hätte. Sarn jedoch bewegte sich mit nahezu traumwandlerischer
Sicherheit vorwärts.
Schließlich wurde es auch vor ihnen hell und nach einigen
weiteren Augenblicken betraten sie eine große, von einem guten
Dutzend Fackeln erhellte Höhle, in der sich zahlreiche Männer
und Frauen aufhielten. Herumgedrehte Fässer und Kisten
dienten als Tische und Stühle und der Duft von gebratenem
Fleisch erfüllte die Luft. Etliche der Anwesenden sahen hoch,
als Mike und seine Begleiter die Höhle betraten, und an ihren
Mienen wurde Mike klar, dass ihre Ankunft offenbar
ungeduldig erwartet worden war. Sarn trieb ihn jedoch
unbarmherzig weiter und deutete auf einen Durchgang am
jenseitigen Ende der Höhle.
»Unser Anführer will dich sehen«, sagte er. »Mit allen anderen
kannst du dich später bekannt machen.«
Etwas an der Art, in der Sarn das sagte, gefiel Mike nicht. Und
plötzlich fühlte er sich nicht mehr besonders wohl in seiner
Haut. Er hatte erlebt, wie hart und rücksichtslos diese Menschen
sein konnten, wenn es sein musste. Was, wenn er ihrem
geheimnisvollen Anführer gegenübertrat und dieser zu dem
Schluss kam, dass er nicht der war, den er erwartet hatte?
Mit klopfendem Herzen trat er in die angrenzende Höhle. Sie
war viel kleiner als die erste, und da sich mindestens ein
Dutzend Männer darin aufhielt, wirkte sie noch winziger. Es
gab kein Mobiliar, sondern nur einen großen Tisch, auf dem
sich Karten und eng beschriebene Pergamente stapelten. Vier
oder fünf
Männer standen über die Karten gebeugt da, sahen
bei ihrem Eintreten aber alle auf. Einer von ihnen sagte etwas,
aber Mike hörte die Worte gar nicht.
Er starrte vollkommen fassungslos in das Gesicht des
dunkelhaarigen Mannes, den er sofort und ohne den
geringsten
Zweifel als den Führer des Widerstandes erkannte.
»Singh!«, keuchte er.
Und die Erinnerung brach wie eine Flutwelle über ihn herein...
    Mike sah aus den Augenwinkeln, wie Tarras überrascht
aufblickte und ein erschrockener Ausdruck auf seinem Gesicht
erschien. Vargan zeigte keinerlei Reaktion, während Argos
regelrecht entsetzt dreinsah.
    »Lemura?« Trautman schüttelte verwirrt den Kopf. »Das
habe ich noch nie gehört. Was soll das sein?« Serena antwortete
nicht, sondern wandte sich direkt an Tarras. »Es ist so, nicht
wahr?«
    Tarras nickte widerstrebend. »Du bist klüger, als ich dachte.
Ja. Es ist Lemura. Aber jetzt haben wir genug geredet. Ich muss
mich konzentrieren, um das Schiff in die Schleuse zufahren. Also
halt den Mund.«
    Der Ausdruck auf Serenas Gesicht war pures Entsetzen. Mike
verstand das nicht. Auch er hatte dieses Wort noch nie gehört,
weder von Trautman noch von Serena, die ihm weiß Gott genug
von ihrer versunkenen Heimat erzählt hatte.
    Er drehte sich wieder zu Serena herum und machte eine fast
herrische Geste, als alle anderen sie auf einmal mit Fragen zu
bestürmen begannen. »Lasst sie in Ruhe«, sagte er. »Sie wird uns
schon erzählen, was sie weiß, wenn sie es möchte.«
    Serena schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Sie haben ein
Recht es zu erfahren.«
»Was zu erfahren?«, fragte Ben.
»Das da draußen
–« Serena deutete mit einer erschöpft
wirkenden Kopfbewegung zum Fenster. »– ist Lemura. Ich habe
davon gehört, aber ich ... ich dachte, es wäre eine Legende. Nur
ein Märchen, um kleine Kinder zu erschrecken.«
»Offensichtlich nicht«, sagte Ben.
Mike warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, den Ben mit einem
herausfordernden Grinsen quittierte, und Serena fuhr nach
einem kurzen Moment und in verändertem Tonfallfort:
»Ich hätte es wissen müssen. Wieso ist es mir nicht gleich
aufgefallen? Alles ist so klar. So deutlich!«
»Was?«
»Die Wächter«, murmelte Serena. »Die Haie und ... ihre Herren.
Ich habe davon gehört, aber ich ... ich habe mich einfach nicht
daran erinnert!«
»Warum auch?«, sagte Mike, in dem vergeblichen Bemühen,
sie zu trösten. »Es war schließlich nur ein Märchen.«
»Aber alles war so deutlich!«,

Weitere Kostenlose Bücher