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Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nur
eine Sekunde lang wirklich vorgehabt, du Dummkopf?«, fragte er.
Ȇberleg doch mal selbst. Erinnerst du dich nicht, was er gesagt
hat? Sie haben endlich die Möglichkeit, aus ihrem Gefängnis zu
fliehen. Und wir haben ihnen den Schlüssel geliefert. Was
glaubst du, was dieser Schlüssel ist? Die NAUTILUS!«
Keiner der anderen antwortete darauf. Nach einer Weile drehte
sich Trautman langsam herum und verließ den Salon und nach
einem kurzen Zögern folgten ihm auch die anderen.
Mike und Serena waren die Letzten, die den Salon verließen,
Hand in Hand und Schutz suchend aneinander geklammert, mit
klopfenden Herzen und einem ungewissen Schicksal entgegen.
Mike fragte sich, was sie erwarten mochte.
Oben, unter dem immer gleich bleibenden, leuchtend
grünen
Himmel Lemuras, musste die Schlafenszeit gekommen und
wieder gegangen sein. Mike war so müde, dass sein Kopf
dröhnte und seine Augen brannten, aber sie redeten noch immer;
und Singh und die anderen machten keine Anstalten, ihm eine
Pause zu gönnen.
Natürlich hätte er sowieso keinen Schlaf gefunden.
Singhs
Anblick hatte die Barriere, die vor seinen Erinnerungen
gewesen war, schlagartig und endgültig niedergerissen. Er
wusste jetzt eindeutig wieder, wer er war und wie er und alle
anderen hierher gekommen waren.
Mehr aber auch nicht.
Als hätten seine Gedanken eine Drehtür durchschritten,
waren all seine Erinnerungen an sein Leben in Lemura vollkommen ausgelöscht. Er erinnerte sich an den Moment, in
dem er die NAUTILUS verlassen hatte, und dann wieder an
den Augenblick, in dem er Astaroth wieder gesehen hatte.
Alles, was sich dazwischen abgespielt hatte, war wie
ausgelöscht.
»Deine Erinnerungen werden zurückkehren«, beruhigte ihn
Singh, als er eine entsprechende Frage stellte. »Es wird nur eine
Weile dauern.«
»Woher willst du das wissen?«, fragte Mike.
»Weil es bei mir genauso war«, antwortete der Inder. Er
versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht ganz. Seine
Lippen verzogen sich, doch es war kein wirkliches Lächeln.
Mike hatte Singh noch nie so
ernst und besorgt erlebt wie
jetzt. Und seine nächsten Worte unterstrichen dieses Gefühl
noch.
»Ich hoffe nur, uns bleibt noch so lange Zeit«, sagte der Sikh
leise. »Argos wird die NAUTILUS zerstören, wenn er so
weitermacht.«
Mike erschrak. »Wieso?«
»Das ist eine lange Geschichte«, seufzte Singh. Er warf Mike
einen raschen, aber vielsagenden Blick zu. Offensichtlich gab
es Dinge, die nicht für die Ohren der anderen bestimmt waren.
Trotzdem fuhr er fort: »Ich fürchte nur, dass wir es kaum noch
verhindern können.«
»Dann greifen wir ihn an!«, sagte Sarn. »Wir haben genug
Verbündete! Die Bevölkerung steht auf unserer Seite! Es braucht
nur ein Signal und –«
»– wir zetteln eine Revolution an?«, unterbrach ihn Singh in
scharfem Ton. Obwohl er so müde sein musste wie sie alle,
blitzten seine Augen plötzlich vor Zorn. »Richten wir ein Blutbad
an! Lassen wir Hunderte sterben, vielleicht Tausende! Ist es
das, was du willst?«
Sarn hielt seinem Blick einige Sekunden lang stand. Aber er
widersprach nicht und schließlich drehte er den Kopf mit einem
hastigen Ruck zur Seite und starrte die Wand an.
»Es ist spät geworden«, sagte Singh. »Wir sind alle müde
und gereizt. Lasst uns ein paar Stunden schlafen und das
Gespräch danach fortsetzen.«
Sarn zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Seine Augen
blitzten immer noch trotzig, aber er widersprach nicht, sondern
funkelte Singh nur weiter an.
»Singh hat völlig Recht«, sagte Mike hastig. »Ich bin müde.
Lasst uns später weiterreden ... habt ihr irgendwo ein Bett für
mich?«
»Selbstverständlich«, sagte Singh. »Sarn – bring ihn in mein
Quartier. Und dann such dir selbst einen Schlafplatz. Du hast
Großartiges geleistet. Jetzt ruh dich wenigstens ein bisschen
aus. Die Welt können wir auch morgen noch retten!«
Der sanfte Spott in seiner Stimme war mit Sicherheit
versöhnlich gemeint, aber Mike sah an Sarns Miene, dass der
Krieger ihn nicht so verstand. Fast hastig sprang er hoch und
wandte sich direkt an Sarn.
»Singh hat Recht. Ich breche gleich zusammen.«
Sarn starrte ihn einen Moment lang zornig an, aber
dann
nickte er und drehte sich mit einem Ruck herum. Mike
tauschte noch einen raschen Blick mit Singh, dann folgte er
Sarn.
Der Krieger geleitete ihn in eine weitere, spartanisch
eingerichtete Höhle, die von einer heftig rußenden
Fackel
erhellt war. Wortlos deutete er auf das Bett und

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