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Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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beharrte Serena. »Es heißt in
der Legende, dass Lemura von einer Armee von Haifischen
bewacht wird, den gefährlichsten Räubern der Meere. Und von
Wesen, die eigens geschaffen wurden, um sie zu lenken.«
»Geschaffen?«, fragte Juan zweifelnd. »Soll das heißen, dein
Volk war in der Lage, Lebewesen zu erschaffen?«
»Das spielt jetzt keine Rolle.« Trautman brachte ihn mit einer
Geste zum Verstummen. »Was ist dieses Lemura, Serena?« »Der
Stolz ihres Volkes«, sagte Tarras vom Steuerpult
her.
Offensichtlich war er doch nicht ganz so konzentriert auf seine
Arbeit, wie er behauptete hatte, denn er schien jedes Wort gehört
zu haben. »Und der ganz besondere Stolz ihres Vaters. Er hat es
erbauen lassen. Ist es nicht witzig, dass uns ausgerechnet seine
einzige Tochter den Schlüssel zu seinen Toren geliefert hat?«
»Ein Gefängnis«, sagte Serena.
»Ein Gefängnis?«, ächzte Mike. Er hatte keinen Grund, an
Serenas Worten zu zweifeln, aber die Behauptung erschien ihm
im ersten Moment trotzdem unglaublich – schon angesichts der
ungeheuerlichen Größe der Unterwasserkuppel. Die NAUTILUS
glitt immer noch darüber hinweg und es war kein Ende abzusehen.
Serena nickte. »Ja. Ein Ort, an den alle Verbrecher unseres
Volkes verbannt wurden.«
»Ach, hat er dir das erzählt, dein Herr Vater?«, fragte Tarras
böse. »Nun, nach allem, was ich über ihn gehört habe, passt das zu
ihm.«
»Und nach dem, was wir mit Ihnen erlebt haben, scheint es die
Wahrheit zu sein«, versetzte Ben giftig. Tarras grinste nur zur
Antwort und betätigte einen Schalter.
Ein Zittern lief durch den Rumpf der NAUTILUS und das
Schiff wurde langsamer und begann gleichzeitig tiefer auf die
unterseeische Kuppel herabzusinken.
»Aber ein Gefängnis von so ungeheurer Größe«, murmelte
Trautman kopfschüttelnd.
»Mein Vater war ein großherziger Mann«, antwortete Serena.
»Wir halten nichts davon, Verbrecher für den Rest ihres Lebens
in einen winzigen Raum einzusperren, in dem sie allmählich den
Verstand verlieren. Das macht niemanden besser und es macht
kein geschehenes Unheil wieder gut. Also ließ er diese Stadt
bauen. Eine ganze Stadt auf dem Meeresgrund, die groß genug
war, dass sie dort in Ruhe und Frieden ihr eigenes Leben leben
konnten.«
Tarras lachte schrill. »Ja, das hat er dir erzählt, nicht wahr?
Aber hast du es jemals selbst gesehen?«
»Nein«, sagte Serena.
»Nun«, erklärte Tarras, mit einem breiten Grinsen, »das
wirst du. Vielleicht denkst du anschließend über
die
Großzügigkeit deines Vaters etwas anders.«
»Sie reden, als ob Sie ihn gekannt hätten«, sagte Mike.
»Kaum«, erwiderte Tarras. »Dieses Vergnügen hatte ich leider
nicht. Und wenn, dann wäre es für einen von uns beiden ein sehr
kurzer Spaß gewesen, das schwöre ich dir.«
»Wenn es nicht so ist, wie Serena sagt, wie war es dann?«,
wollte Juan wissen.
»In einem Punkt hat sie die Wahrheit gesagt«, antwortete
Tarras. Er machte eine wütende Geste auf die riesige
unterseeischen Kuppel, die ganz langsam zu dem Schiff
emporzusteigen schien. »Es war ihr Vater, der dieses Monstrum
erbauen ließ. Aber nicht für gewöhnliche Verbrecher. Unsere
Vorfahren waren keine Räuber und Diebe, wie sie euch glauben
machen will.«
»Was dann?«
»Es waren Menschen, die nur ihre Freiheit wollten«, antwortete
Argos an Tarras’ Stelle. Seine Stimme war sehr leise und sehr
traurig. »Ihr einziges Verbrechen bestand darin, die Herrschaft
des Königs von is nicht anzuerkennen. Sie haben sich gegen seine
Tyrannei aufgelehnt. Er ließ diesen Aufstand blutig
niederschlagen, aber die, die überlebten, hörten nicht auf gegen
ihn zu kämpfen. Also befahl er sie in Ketten zu legen und Lemura
zu erbauen. Die meisten von ihnen starben während dieser
Arbeit, denn sie dauerte fast ein Menschenleben lang. Und die, die
sie überlebten, wurden in dem Gefängnis, das sie selbst errichtet
hatten, ausgesetzt und ihrem Schicksal überlassen. «
»Das ist nicht wahr!«, protestierte Serena. »Mein Vater war kein
Tyrann!«
»Warte nur noch einige Minuten und du wirst sehen, welches
Paradies dein Vater für uns erschaffen hat«, sagte Tarras. Auch
seine Stimme wurde bitter, aber es war ein harter Klang darin,
den Argos nicht gehabt hatte. »Es war die Hölle und das ist es
immer noch. Der König versprach ihnen, regelmäßig
Nahrungsmittel und Dinge des täglichen Bedarfs zu schicken, aber
nach einer Weile hörten die Lieferungen auf. Von

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