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Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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überquerten eine Art Marktplatz, der den Eindruck noch
untermauerte, den Mike von dieser Stadt auf dem Meeresgrund
hatte: Die wenigen Buden waren ärmlich und
heruntergekommen und die feilgebotenen Waren luden nicht
zum Kauf ein: verschlissene Stoffe, rostiges Metall und
größtenteils fremdartiges Gemüse und Obst, das nicht
besonders appetitlich aussah.
Nachdem sie den Marktplatz überquert hatten, bogen sie in
eine weitere, noch schmalere Gasse ein. Zwei oder drei Männer
mit gesenkten Häuptern und unansehnlichen grauen Mänteln
kamen ihnen entgegen und in mehreren Türen lehnten
Gestalten, die ihnen mit gelangweilten Blicken nachsahen.
Irgendetwas stimmte nicht. Mike hatte plötzlich ein intensives
Gefühl von Gefahr. Er blieb stehen und sah sich alarmiert um.
Er schien nicht der Einzige zu sein, dessen Sinne Alarm
schlugen. Auch die drei Krieger hatten angehalten und die
Hände auf ihre Schwerter gesenkt. Der Hauptmann sah sich
aufmerksam um. Aber es war zu spät.
Die drei Männer, die ihnen entgegenkamen, machten
keine
Anstalten, ihnen in der schmalen Gasse Platz zu
machen,
sondern schlugen im Gegenteil plötzlich ihre Mäntel zurück.
Darunter kamen zerschrammte Rüstungen, blitzende Schwerter
und Dolche zum Vorschein. Auch hinter ihnen polterten
plötzlich schwere Schritte auf der Gasse und im selben
Augenblick flogen zu beiden Seiten ein Dutzend Fenster auf
und Männer mit Armbrüsten und Bogen erschienen darin.
»Ein Hinterhalt!«, keuchte der Hauptmann. Er zog
sein
Schwert.
»Ganz recht«, sagte Sarn ruhig. »Und ich an deiner Stelle
würde die Waffe wieder einstecken. Oder möchtest du unbedingt
sterben?« Er lachte. »Ich kann dir allerdings versprechen, dass
es sehr schnell und schmerzlos sein wird.«
Der Hauptmann presste die Lippen aufeinander. Sein Blick
irrte nervös über die Gestalten, die die Straße vor ihnen
versperrten. Offensichtlich wog er seine Chancen ab.
»Versuch es erst gar nicht«, sagte Mike. »Sie werden
euch
nichts tun, wenn ihr uns gehen lasst.«
»Wer sagt das?«, fragte Sarn.
»Ich!« Mike sah ihn herausfordernd an. Ein bisschen komisch
kam er sich schon dabei vor, sich plötzlich für die Männer
einzusetzen, die ihm vermutlich noch vor zehn Minuten
kaltblütig die Kehle durchgeschnitten hätten. Trotzdem fuhr er
fort: »Niemand hat etwas von ihrem Tod. Wenn das da deine
Freunde sind, dann haben sie ihr Ziel erreicht, wenn wir frei
sind. Es ist nicht nötig, hier ein Gemetzel anzurichten.«
Nicht nur Sarn sah ihn überrascht an. Vor allen sein früherer
Kommandant sah regelrecht fassungslos drein und auch die
meisten Widerstandskämpfer – denn um nichts anderes konnte
es sich bei den Männern handeln, die so plötzlich aus dem
Nichts aufgetaucht waren – wirkten verwirrt. Aber schließlich
sagte Sarn: »Ihr habt den Jungen gehört. Entwaffnet sie – und
bindet sie gut. Wir brauchen Zeit, um zu verschwinden.«
Während er sprach, hatte einer der Männer bereits
seine
Handfesseln gelöst. Drei weitere waren dabei, die Krieger zu
entwaffnen und ihre Hände auf dem Rücken zu fesseln. Die
Krieger leisteten keinen Widerstand, aber der Hauptmann sah
Mike unverwandt und noch immer fassungslos an.
Nachdem die Männer gebunden worden waren, führte man sie
in eines der Häuser. Sarn zeigte auf ein Haus auf der anderen
Straßenseite: »Dort hinein. Und schnell. Sie werden sehr bald
merken, dass wir verschwunden sind, und dann schickt Argos
wahrscheinlich seine gesamte Armee hierher.«
Mike setzte sich in Bewegung. Die Tür, auf die er zuging,
wurde von innen geöffnet und eine Hand griff heraus und zerrte
Mike in das Haus. Sarn und zwei der anderen so plötzlich
aufgetauchten Männer folgten ihm, aber noch bevor sich seine
Augen an das trübe Licht gewöhnen konnten, wurde die Tür
wieder zugeschlagen und er fand sich in nunmehr vollkommener
Dunkelheit wieder.
»Was ist das hier?«, fragte Mike.
»Still!«, zischte Sarns Stimme aus der Dunkelheit. Offenbar an
einen anderen gewandt, fuhr der abtrünnige Krieger fort:
»Schnell jetzt! Jemand hat bestimmt die Palastwache alarmiert!
Sie werden jeden Moment hier sein!«
Mike konnte hören, wie Möbel gerückt wurden, dann knarrte
etwas und plötzlich erfüllte roter Fackelschein den Raum. Es
reichte nicht aus, um viele Einzelheiten zu erkennen, aber
immerhin konnte Mike sehen, dass sich im Boden eine Klappe
geöffnet hatte, unter der hölzerne Stufen steil in die Tiefe
führten. Der Fackelschein kam von dort

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