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Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Teiche, die im grünen Licht der
Leuchtalgen
unheimlich schimmerten. Auch der Boden dieser großen Höhle
war mit einem Gewirr von Felsbrocken und Trümmern übersät,
sodass sie den Gang verlassen und ungesehen in Deckung
huschen konnten.
Sarn deutete auf den am nächsten liegenden See. Eine Anzahl
Männer saß oder stand an seinem Ufer und sah einigen
weiteren Gestalten zu, die im Wasser schwammen. Etliche der
Männer am Ufer häuften große, nass glänzende Brocken in
geflochtene Körbe, die wieder andere zum Ausgang trugen. Mike
erinnerte sich an das, was Singh gerade erzählt hatte: Offensichtlich holten die Männer im Wasser die Erzknollen vom
Grunde des Sees hinauf, damit sie von den anderen fortgeschafft
werden konnten. Eine äußerst mühselige – und bestimmt
gefährliche – Art, Erz zu gewinnen. Eisen musste hier unten
kostbarer als Gold sein.
Mike sah sich nach den Wachen um, von denen Astaroth
gesprochen hatte, konnte aber nur eine einsame
Gestalt
erkennen, die direkt neben dem Eingang auf einen Speer gestützt
dastand und alle Mühe zu haben schien, nicht im Stehen
einzuschlafen. Andererseits lagen in der weitläufigen Höhle
mehr als genug Felsbrocken herum, um eine ganze Armee
dazwischen zu verbergen.
Mike wandte sich mit einem fragenden Blick an Astaroth. Wo
sind sie? Zwischen den Felsen versteckt?
In seinem Kopf ertönte ein lautloses Lachen. Keineswegs. Sie
sind direkt vor deiner Nase. Sieh genau hin.
Mike tat, was der Kater verlangte, konnte aber zuerst nichts
Auffälliges entdecken. Einige Männer trugen Körbe voller
Erzknollen oder luden sie gerade voll, die weitaus meisten aber
standen einfach nur herum und warteten, dass sie an die Reihe
kamen.
Dann aber fiel ihm doch etwas auf. Die wenigen Männer, die
die Körbe trugen, waren ausgemergelt und erschöpft und
wirkten zum Umfallen müde oder auch krank, die anderen
jedoch machten einen durchaus gesunden, kräftigen Eindruck.
Und es waren eigentlich auch viel zu viele, wenn man
bedachte, dass in dem runden See gerade mal zwei oder drei
Gestalten schwammen. An keinem der anderen Wasserlöcher in
der Höhle wurde gearbeitet.
Mike machte Singh mit einem Blick auf seine Entdeckung
aufmerksam und der Inder nickte grimmig. »Argos’ Krieger«,
flüsterte er. »Sie wissen, dass wir kommen.«
»Aber nicht, dass wir schon da sind«, fügte Sarn ebenso leise
hinzu. »Wir haben eine gute Chance. Haltet euch bereit.«
Mike sagte nichts dazu, schon weil Sarn erneut heftig
gestikulierte still zu sein. Aber er fühlte sich in jeder Sekunde
weniger wohl. Sarn und seine Männer waren in der Überzahl,
und sie hatten den Vorteil der Überraschung auf ihrer Seite, aber
ein Kampf würde wieder Tote und Verwundete bedeuten.
Da tauchte eine Gestalt aus dem See auf, ließ einen kopfgroßen
Erzbrocken auf das Ufer fallen und zog sich mit einer
erschöpften Bewegung aufs Trockene hoch. Als sie den Blick
hob, erkannte Mike, dass es sich um niemand anderen als Ben
handelte.
Um ein Haar hätte er laut aufgeschrien.
Ben bot einen erbarmungswürdigen Anblick. Er war immer
kräftig gewesen, aber jetzt war er fast zum Skelett abgemagert.
Seine Wangen waren eingefallen und die Augen lagen tief in den
Höhlen und blickten leer. Seine Hände waren abgeschürft und
auch sein Körper war mit zahllosen Schrammen und Kratzern
übersät.
Trotzdem gönnte ihm der Mann am Ufer nur wenige
Atemzüge, ehe er Ben mit einem derben Fußtritt wieder ins
Wasser schleuderte. Noch während er unter heftigem Plantschen
und Wellenschlägen unterging, tauchten zwei weitere, mit
Erzknollen beladene Gestalten aus dem Wasser auf. Mike war
nicht einmal mehr überrascht, als er erkannte, dass es sich um
Chris und Juan handelte. Aber er war zutiefst entsetzt. Beide
boten einen ebenso ausgezehrten Anblick wie Ben. Was hatten
Argos’ Krieger vor? Wollten sie, dass die drei Jungen sich zu
Tode arbeiteten?
Sarn schien zu spüren, wie es in Mike aussah, denn er machte
eine besänftigende Geste. Seine Krieger waren bereits dabei, sich
zwischen den Felsen zu verteilen, um in eine vorteilhafte
Angriffsposition zu kommen. Mike war nicht wohl bei dem
Gedanken, dass hier gleich ein erbitterter Kampf auf Leben und
Tod losbrechen würde. Aber sie mussten Chris und die beiden
anderen rausholen. So wie seine drei Freunde aussahen, war er
nicht einmal sicher, dass sie die nächste Stunde überleben
würden.
Es kam nicht zu dem Angriff; wenigstens nicht sofort. Sarns
Männer schlichen

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