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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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dir.«
    Ich lasse es zu.
    Eigentlich sollte ich ihm seinen Mantel zurückgeben, aber ich wünsche mir so sehr, etwas bei mir zu haben, das ihm gehört. Also ziehe ich ihn wieder an. Er tritt nach draußen und schließt die Tür hinter uns. Wir hasten einen Korridor entlang und verlassen den Debauchery Club durch den Hinterausgang. Ein eigentümlicher Geruch hängt über der engen Gasse. Ein Umhang liegt mitten auf dem Asphalt. Offenbar hat ihn jemand … mein Fuß stößt gegen etwas Festes. Ich schaue hinunter und schnappe nach Luft. Meine Schuhe sind vorn offen. Vor mir liegt eine Leiche. Will hebt mich über den toten Körper hinweg.
    »Die Leute sterben ringsum.« Ich höre die Angst in seiner Stimme.
    Es gefällt mir, dass er nicht so tut, als lasse ihn der Gedanke an den Tod völlig kalt.
    Wir überqueren die Straße und betreten die alte Ziegelei, in der der Club namens Morgue untergebracht ist. »Dieser Club gehört nicht dem Prinzen«, sagt er. »Die oberen Räume werden heute Nacht wohl geschlossen bleiben, weil er es angeordnet hat, aber unten ist immer etwas los.«
    Er führt mich eine enge Treppe hinunter und durch eine rot gestrichene Holztür.
    Wir betreten einen düsteren, rauchgeschwängerten Raum voller Leute. Ich stehe dicht hinter Will, als er sich vorbeugt und etwas zu dem Barkeeper sagt. Er kippt ein Glas mit einer klaren Flüssigkeit hinunter und schiebt es über den Tresen. Der Barkeeper schenkt nach, ohne Will anzusehen. Das ist das erste Mal, dass ich Will Alkohol trinken sehe.
    Mein Herzschlag beschleunigt sich, als mich jemand anstupst und mir Tabletten anbietet. Ich lehne ab. Ich brauche einen klaren Kopf, auch wenn sich bereits ein leises Hämmern hinter meinen Schläfen bemerkbar macht.
    »Das ist also der Konkurrenzverein des Debauchery Club«, sage ich, als Versuch, seine Aufmerksamkeit vom Boden seines Glases auf mich zu lenken.
    Es ist brechend voll. Nackte Arme, Schultern und Dekolletés erinnern mich an die Leiche draußen in der Gasse. Ich verbiete mir den Gedanken an das Mädchen in der offenen Tür von vorhin. Die Leute hier sind am Leben. Sie verströmen den Geruch nach Schweiß und nach Angst vor dem Sterben.
    Der Barkeeper schiebt noch ein paar Gläser über den Tresen. Ich nehme schnell eines und nippe daran. Der Alkohol brennt in meiner Kehle. Ich kann nicht fassen, dass Will so viel trinkt und noch dazu in so kurzer Zeit.
    Mein Blick fällt auf ein Pärchen in einer Ecke. Das Mädchen hat sich rittlings auf einen Jungen gesetzt und bewegt sich rhythmisch auf ihm, doch mir fällt auf, dass sie ihre Masken tragen. Mittlerweile scheint Küssen intimer zu sein als jeder andere Körperkontakt.
    Will lässt den Blick durch den Raum schweifen. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, und ich will hier weg.
    Ein junger Mann löst sich aus den Rauchschwaden und kommt auf uns zu. Die orange Glut der Zigaretten der anderen Gäste spiegelt sich in seinen Brillengläsern.
    »Und? Erfolg gehabt?«, fragt Will ihn.
    »Ja. Aber du bist mir etwas schuldig. Trinkst du etwa?«
    Ich erkenne Kent wieder, den jungen Wissenschaftler, den ich von der geheimnisvollen Begegnung mit meinem Vater in der Buchhandlung kenne und der mich nach dem Giftanschlag des Prinzen gerettet hat. Ich bin nicht sicher, ob ich begeistert darüber sein soll, ihn hier mit Will zu sehen.
    Will wirft ein paar Geldscheine auf den Tresen und legt seine Hand auf meinen Arm. Mein Blick fällt erneut auf das Pärchen in der Ecke. Das Mädchen hat den Kopf in den Nacken gelegt. Ich beneide sie um ihre Fähigkeit, sich so gehen zu lassen, alles rings um sich zu vergessen. Sie bekommt nichts von den Menschen um sie herum mit, von diesem grauenhaft überfüllten Raum. Ich mache mich innerlich darauf gefasst, ihr gleich in die Augen zu sehen und eine Verbindung zu spüren wie mit diesem Mädchen an diesem Abend im Regen. Doch ihr Blick schweift über mich hinweg. Es fühlt sich an wie eine schallende Ohrfeige.
    Will legt mir beide Hände auf die Schultern. Seine Bewegungen sind nicht ganz so sicher und zielstrebig wie sonst.
    »Wir gehen hoch aufs Dach«, flüstert er. »Komm.« Plötzlich scheint er es genauso eilig zu haben wie ich, hier herauszukommen.
    Wir gehen zu dritt fünf Treppen hinauf. Will hat den Arm um mich gelegt. Seine Hand macht etwas mit den Härchen in meinem Nacken, die April hochgesteckt hat, das meine Knie ganz weich werden lässt. Ich habe Mühe weiterzugehen.
    Wenig später stehen wir auf dem Dach. Will geht vor

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