Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)
Großmutter.«
Das verwirrte mich so sehr, dass ich auf der Stelle verstummte, aber ich wusste auch nicht, was ich hätte sagen sollen, wagte ebenso wenig, diesem feinen Herren zu widersprechen, der mich auch weiterhin im Auge behielt.
»Würdest du sie verkaufen?«, fragte er.
»Ich soll dir meine Schuhe verkaufen?«, sagte ich und kam aus dem Staunen nicht heraus.
»Das sind doch keine Laufschuhe! Meine Großmutter hat einen kleinen Fuß, wie ein Kind. Sie träumt davon, dass ich ihr solche Schuhe besorge, hier sind sie unauffindbar. Das ist türkisches Schuhwerk, du Dummkopf! Wie kann man so ein Wallache sein!«, sagte er und entfernte sich. Aber nach ein paar Schritten blieb er stehen und sah mich noch einmal an, voller Neid, hatte ich das Gefühl, denn er hatte ein bösartiges Lächeln auf den Lippen.
Meine Schuhe waren einfach nur aus Gummi und aus Stoff, mit einer sehr schönen lackierten Schnalle. Ich hatte die ganze Zeit geglaubt, dieses Detail verschönere meine Schuhe so weit, dass sie insgesamt städtischer wirkten, deshalb hatte ich immer, sobald ich mich an einem öffentlichen Platz einfand, meine Schuhe offensiv gezeigt, in der Regel setzte ich mich gleich irgendwohin und streckte den Schuh vor, um die Schnalle zur Schau zu stellen. Und nun das! Diese Beschämung und Beleidigung, dass ich Mädchenschuhe trage! Ich war so niedergeschlagen, in diesen Schuhen wollte ich am liebsten nie wieder einen Schritt gehen, gesenkten Hauptes ging ich aber dennoch weiter, geplagt von dem Gedanken, dass mich alle anstarrten und auf meine Füße sahen, deswegen war mein Gang alles andere als sicher und ich so durcheinander, dass ich fast über meine eigenen Füße fiel.
Ich fühlte mich gedemütigt und kam in diesem kümmerlichen Zustand auf den Gundulić-Platz, dort rettete mich das Stimmengewirr, ich vergaß im Getümmel meine Schuhe, weil ich ganz eingenommen war von vielen Menschen und Stimmen, die auf dem heißen Stein abzuprallen schienen und wo die Verkäufer ihre Waren feilboten und hinter ihren Theken standen. Es begeisterte mich, sie dabei zu beobachten, wenn sie sich etwas untereinander zuriefen, denn jeder benutzte seinen Stand wie eine kleine Bühne und war ein begnadeter Schauspieler in dieser bunten Straßenszenerie. Die Geräuschkulisse betörte mich, ich liebte die Fröhlichkeit der Menschen, den melodischen Klang ihrer Sätze, alles war anders als in meinem kleinen Städtchen und das Glück so ansteckend, manchmal war ich zeitgleich mit ihnen heiter, lachte immer dann, wenn auch die Händler lachten, die sich im Witzemachen überboten. Einige Male ging ich an diesen lebendigen Verkäufern vorbei, hörte ihnen beseelt zu, bewunderte ihre Fähigkeit, mit Bewegungen und Worten eine solche Freude herzustellen, es machte mir Spaß, ihnen dabei zuzusehen, wie sie den Vorbeigehenden etwas zum Probieren anboten, und wenn eine schöne Dame vorbeiging, verbeugten sie sich vor ihr und baten sie, doch einfach nur stehen zu bleiben, selbst wenn sie nichts kaufen wollte.
Es wurde Obst und Gemüse verkauft, Olivenöl, getrocknete Feigen, Schnaps und Wein in normalen Flaschen und Korbflaschen, weißer und geräucherter dunkler Käse, ebenso wie geräuchertes Fleisch, aber es waren mindestens noch drei weitere Theken mit allerlei Kleinigkeiten gefüllt, mit ungewöhnlichen Gegenständen und Souvenirs, die meisten kannte ich überhaupt nicht, weder den Namen, noch wofür sie gut waren, aber ich entdeckte eine kleine Glaskugel, in der man die Miniatur der Kathedrale Velika Gospa sehen konnte. Ich entschied, dass dies das Geschenk für Mutter sein sollte. In der Tasche hatte ich das Wappen für die Lehrerin und nun kam die Glaskugel dazu. Ich war stolz darauf, dass ich so schöne Geschenke für sie gefunden hatte.
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Wie oft auch immer ich mich später als Erwachsener in der Altstadt aufgehalten habe, ich habe nie herauskriegen können, in welchem Restaurant ich damals als Zwölfjähriger gegessen habe. Jedes Mal war ich auf der Suche nach ihm, manchmal alleine, manchmal mit Freunden, die in dieser Stadt zur Welt gekommen waren, ich beschrieb ihnen winzige Details, nannte die Entfernung zum Meer und zu den Segelbooten, die Einrichtung aus Bambus auf der Terrasse, beschrieb die großen Hafenfenster, aber ich fand diesen Platz nie wieder, es gelang mir einfach nicht, sein Geheimnis zu lüften, und auch meine Freunde konnten mir nicht dabei helfen, sie übten sich mehr im Raten und fragten sich, ob es wohl
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