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Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)

Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirko Kovac
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meinen schmalen Hals. Ich wusste nicht, was sie im Sinne hatte und wohin sie mich eigentlich zu bringen gedachte, aber ich fragte sie auch nicht danach. Eilig versuchte ich einfach mit ihr Schritt zu halten. Mit den Händen hielt ich mich an meiner schweren großen Schultasche fest. Diese Tasche war aus Leder und fiel eigentlich schon auseinander, ich hatte sie von meinem Großvater Tomo, der sie vor langer Zeit auf einem Flohmarkt gekauft hatte. Damals war dies eine sehr teure Arbeitstasche, die in verschiedene Fächer unterteilt war, ein Fach hatte einen Reißverschluss, der immer noch gut funktionierte. In meiner Tasche hatte ich nicht nur Bücher, sondern auch ein paar schöne Kieselsteine, Vogelschleudern und schön geformte Flusssteinchen, einen kleinen Gummiball und auch meine Waffen, mit denen ich mich zur Wehr setzen wollte, das Messerchen und den Schlagring, und in einem der anderen Fächer hatte ich meine »erotischen Karten« versteckt, sie waren eingewickelt in ein Tuch.
    Die Lehrerin brachte mich in das Zimmer des Schuldirektors und schubste mich in Richtung des Tisches, an dem der Inspektor saß, abgestützt auf seine Ellenbogen und die Nase zwischen den zusammengefalteten Handflächen. Unter dem Brillengestell blickten mich zwei durchdringende grüne Augen an, streng, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich hatte das Gefühl, er sehe gar nicht mich an, sehe zwar zu mir herüber, aber sehe mich gar nicht, sehe durch mich hindurch, auf irgendeinen unsichtbaren Punkt in die Ferne.
    »Hol alles aus der Tasche raus«, sagte die Lehrerin.
    Ohne zu zögern tat ich sofort, was sie mir sagte, und der Inspektor griff gleich nach jedem Gegenstand und inspizierte ihn von allen Seiten; ein paar Mal klappte er das Messerchen auf und wieder zu, er versuchte sogar seine dicken und kurzen Finger in den Schlagring zu schieben. Die Steinchen sah er sich an wie Perlen, er wickelte das Papier auf, in dem mein Essen war, roch an der Nahrung, und den kleinen Gummiball warf er auf den Boden, der Ball prallte vom Boden ab und oben angekommen fing er ihn wieder auf. Die Vogelschleuder spannte er und richtete sie ganz lange auf mich, behielt mich immerfort im Auge.
    »Bist du dir sicher, dass das alles ist, was du in der Tasche hast?«, fragte er.
    »Wo hast du denn das versteckt, worüber sich die ganze Schule auslässt?«, sagte rasch die Lehrerin, um mir zuvorzukommen, denn sie wusste, wie leicht ich mich in Lügen verfangen konnte. Sie kannte mich gut und versuchte bestimmt, mich zu retten, aber ich wurde plötzlich wütend auf sie, ging auf ihre Hilfe nicht ein und antwortete grob: »Das ist mir doch egal, worüber die ganze Schule redet!«
    Der Inspektor sprang in diesem Augenblick hinter dem Tisch hervor und gab mir eine heftige Ohrfeige, von der es mir noch lange im Ohr surrte. Die Lehrerin fand in der Seitentasche die Karten und übergab sie dem Inspektor; er hielt die Spielkarten mit zwei Fingern, prüfte sie und drehte dann angewidert den Kopf zur Seite.
    »Leg deine Hände auf den Tisch«, sagte die Lehrerin mit einer strengen Stimme.
    In dieser Zeit war ich von einem Unglück ins andere gerannt, jeder fühlte sich berufen, mich auszufragen, mich an den Ohren zu ziehen. In meinem Gedächtnis ist mir die Schulzeit als eine einzige Aneinanderreihung von Erniedrigungen haften geblieben. Wenn ich nicht meine Lehrerin geliebt hätte, wäre ich unter diesen Torturen zusammengebrochen. Ihr war ich folgsam, selbst dann, wenn sie streng mit mir umging, ich war bereit, dies auszuhalten, manchmal sogar mit Genuss. Jetzt legte ich die Hände auf den Tisch, wie die Lehrerin es mir angeordnet hatte. Warum behandelte man mich wie einen Dieb, der die Hände auf den Tisch legen musste? Ich hatte doch weder jemandem etwas zuleide getan noch jemanden gezwungen, sich die Bildchen anzusehen. Mein Ohr surrte noch immer, ich hatte das Gefühl taub geworden zu sein. Der Inspektor ging zwischen dem Tisch und dem Fenster hin und her, sprach wütend und in einem vernichtenden Ton, aber auf eine Weise, als sei dabei gar nicht ich sein Ansprechpartner, sondern der Äther höchstselbst. »Dir steht eine Zukunft als Zuhälter bevor. Du wirst noch auf der Straße landen oder irgendwelchen Alten in einem Bordell den Hintern waschen«, stieß er durch seine zusammengepressten Zähne in meine Richtung hervor. Aber da hörte ich ihm schon nicht mehr zu, ich legte meine Hände auf die Ohren und verdiente mir damit noch eine zusätzliche Ohrfeige. Meine

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