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Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)

Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirko Kovac
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ungarische Bezeichnung Nagybecskerek, und wenn ihn jemand rügte, weil er es vermied den Stadtnamen zu benutzen, der sich einem Helden verdankte, antwortete er immer auf die gleiche Weise – »wir haben es uns schnell angewöhnt, mehr Helden als Städte zu haben«. Nur unglückliche Völker seien ständig bereit, die Namen ihrer Marktplätze und Städte zu ändern. Mir sagte er öfter, dass ihm im Herzen jeder Ungar, Rumäne oder Russe näher als irgendein neuer Landsmann sei, mit dem er nichts teilen könne. »Das sind alles Analphabeten, sie sind dumm wie Brot, wir aber sind schon Herrschaften in dritter Generation, bis jetzt ist es uns erfolgreich gelungen, uns den Flegeln und Parasiten zu widersetzen, aber jetzt, da die Türken alles an sich gerissen haben, hat der Teufel jeden Ansatz von Herrschaft weggepustet.«
    Bei diesem merkwürdigen Paar, bei meiner Tante und meinem Onkel, habe ich also bis zum Beginn des folgenden Schuljahrs als Knecht gearbeitet, mit gutem Erfolg, einer drei, hatte ich es beendet, aber die Ferien musste ich auf dem Gut verbringen, um das abzuarbeiten, was ich das Jahr über gegessen hatte, es gab auch Schulden, die ich wegen meiner Bücher machen musste, auch für mein Schulmäppchen und für Schuhe. Von allen Arbeiten war mir das Gänsehüten am liebsten, ich hatte sogar ein Luftgewehr, das ich mir über die Schulter warf. Es sah einem richtigen sehr ähnlich, und es war keineswegs nur Spielzeug oder Zeitvertreib für Hirten, das war meine Waffe gegen die Zigeuner, die sich auf Diebstähle von Gänsen spezialisiert hatten; einmal habe ich einem kleinen Zigeuner Angst gemacht, indem ich den Gewehrlauf auf ihn richtete, er ist sofort abgehauen. Während ich die Gänse gehütet habe, ist nie eine verloren gegangen, nicht eine Gans ist abgehauen, geklaut worden oder umgekommen. Die Gänseküken führte ich nie nach draußen, wenn noch Tau zu sehen war, ich wechselte häufig ihr Streu aus, füllte es, wenn nötig, mit Heu an jenen Stellen auf, an denen die Gänse zur Tränke gingen und fraßen. Ich achtete immer darauf, dass die Tränke nicht verdreckte, denn die kleinen Küken kamen manchmal wegen Schimmel um. Meine Tante verlieh mir den Titel als bester Gänsehüter, hatte auch irgendwo aufgeschnappt, dass ich gut schreiben konnte, und schenkte mir zum Abschied eine prächtige große Gänsefeder; lange Zeit hob ich sie in einem Buch auf.
    Diese Feder war für mich eine wertvolle Erinnerung, nicht etwa an meine Tante oder an meinen Onkel, sondern an die Gänse selbst, denn ich hatte das kleine Volk sehr liebgewonnen. Die Gänsefeder wurde für mich so etwas wie ein Glücksbringer, vielleicht war ich doch etwas abergläubisch und dachte, dass ich besser schreiben würde, wenn sie in einem Glas oder auf einem Buch auf meinem Schreibtisch zu sehen war.

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    Meine Schulausbildung setzte ich in Belgrad fort und nahm alle möglichen Gelegenheitsarbeiten an; früh fing ich an, für Zeitungen zu schreiben, besprach Bücher und Kunstausstellungen, die von den ernsthaften Kritikern ignoriert wurden. Von mir erhielten sie jedoch Beachtung, weil ich einfach Geld verdienen musste, um über die Runden zu kommen. Ich hatte Glück und einige Zeitungsredakteure waren mir gewogen, ich bekam kleine Aufträge, bekam sogar ein kleines Feuilleton überantwortet, das man lobte, und daraus entstanden andere Anfragen, man gab mir zu verstehen, dass Tagesjournalismus und Sachbuch meine Gebiete werden könnten. Aber ich ging damals noch zur Schule, und als ich während meiner Matura am Zweiten Jungengymnasium den ersten Preis bei einem Wettbewerb gewann, den die Zeitung »Volksarmee« für siebzehn Belgrader Gymnasien ausgeschrieben hatte, war ich mit einem Mal berühmt, man fotografierte mich für eine Filmzeitung, von überall her bekam ich Angebote, die Leute sahen auf einmal einen Schriftsteller in mir. Und der Chefredakteur der »Volksarmee«, ein General namens Ivanović, sagte bei der Überreichung der Preisurkunde, dass in mir »ein großes Talent« schlummere. Ich war überzeugt davon, dass ich meiner Gänsefeder diesen Erfolg zu verdanken hatte, mit der ich die preisgekrönte Arbeit unterschrieben und den Umschlag mit dem Wettbewerbstext adressiert hatte. Und immer wenn ich etwas veröffentlichte und Preise erhielt, urteilte man wohlwollend über mich; später, als ich meine Feder verloren hatte, war ich schon anerkannt und brauchte ihre magische Rückendeckung nicht mehr und irgendwann gab ich meine

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